Allgemeines/ Einführung

 

Die von den Alte Ägyptern erschaffene mythische und geheimnisvolle Welt, war in der Menschheitsgeschichte einzigartig. Man muss sich als moderner Mensch verinnerlichen, das die Götter und Göttinnen jedem altägyptischen Bürger, ob Pharao oder einfacher Mann, stets allgegenwärtig waren. Herodot schrieb einmal, "die Ägypter seine höchst gottesfürchtig, mehr als alle anderen Völker". Diese Aussage verwundert beim Anblick von Hunderten von Göttern und Göttinnen, Tempeln und einer Mythologie, die in ihrer Reichhaltigkeit und Komplexität unerreicht war, nicht. In der Tat sind uns heute fast 1500 Gottheiten bekannt, die die Alten Ägypter in irgendeiner Art verehrten. Diese unzähligen Gottheiten hatten die unterschiedlichsten Gestalten, auf welche ich weiter unten in diesem Kapitel noch näher eingehen werde.
Die Zeugnisse unseres heutigen Wissens über diese antike Kultur erwarben wir aus den umfangreichen architektonischen, textlichen und künstlerischen Quellen, die uns das alte Volk vom Nil hinterlassen hat. Zu diesen Quellen zählen natürlich die vielen Tempel, Gräber der Herrscher und Adligen, Schreine und Kultbilder und sogar die einfachen Häuser an Stätten, wie zum Beispiel im Arbeiterdorf Deir el-Medineh im Tal der Könige. Auch die Inschriften an den Wänden der Pyramiden liefern uns Hinweise auf eine fruchtbare Religion der Alten Ägypter.
Heute weiss man, das die Götter Ägyptens über volle drei Fünftel der schriftlich überlieferten Menschheitsgeschichte verehrt wurden. Was für eine Wahnsinss-Zeitspanne....


die tägliche Geburt des Sonnengottes aus der abschließenden Darstellung des Höhlenbuches
die Sonnengottheit wird in verschiedenen Erscheinungsformen ihrer Natur gezeigt -
als Sonnenscheibe, Skarabäus, Kind und widderköpfiger Vogel;
19. Dynastie aus dem Grab der Königin Tausret; Tal der Könige

Das ägyptische Wort für Gott war "netscher", dessen ursprüngliche Bedeutung heute unbekannt ist. Allerdings haben Untersuchungen gezeigt, das sich dieses Wort nicht nur auf den Begriff Gott im heutigen Sinne beschränkt, sondern enen noch viel größeren Bedeutungsumfang hatte. Es gab als Gottheiten verehrte Menschen (wie Amun-Hotep, Sohn des Hapu), es gab Tiergottheiten und netscher umfasste auch das, was wir heute als Geister oder Dämonen bezeichnen würden. Das Anzeigewort (Determinativ) für den Begriff Gott in der altägyptischen Schreibung konnte sogar aus jedem ungewöhnlichen und exotischen Lebewesen etwas göttliches werden lassen. Ja, sogar die Hieroglyphen selbst wurden manchmal als "Götter" betrachtet. Im Alten Reich stieß man häufig auf dieses Determinativ , welches zu dieser Zeit die Form einer sitzenden göttlichen Figur hatte, die sowohl männlich als auch weiblich sein konnte. Sehr viel älter ist aber in diesem Zusammenhang ein auf einer Standarte sitzender Falke, was darauf zu führen ist, das Falkengötter schon sehr früh verehrt wurden. Das jedoch gebräuchlichste Zeichen für Gott war eine Fahne an der Spitze eines Mastes. Dieses Symbol stand schon in prädynastischen Zeiten gegenüber von Tempeln und Schreinen, als Zeichen göttlicher Gegenwart. Ab der ptolemäischen Zeit konnte auch der Stern als Begriff für das Wort "Gott" stehen. Die doppelte Anzahl bzw. den Plural von Göttern zeigte man an, indem man diese Zeichen entsprechend doppelt oder dreifach schrieb.


Determinative für den Begriff "Gott"

Abgesehen von ihren Hauptgöttern, glaubten die Alten Ägypter an eine Vielzahl von Geistern und Dämonen, wie ich auch schon des öfteren hier auf diesen Seiten (speziell im Thema Religion) erwähnt habe. Man glaubte einfach an eine Vielzahl von übernatürlichen Wesen. Schon in frühesten schriftlichen Zeugnissen wurden furchterregend aussehende Geschöpfe erwähnt. Besonders gefürchtet waren die Geister der Verstorbenen, die sog. "Achu". Am meisten jedoch bekamen es die Ägypter mit der Angst zu tun, wenn von den "Bau" - den Erscheinungsformen oder der Seele eines Gottes - die Rede war. Der Gott, der mit Bau verbunden war, konnte diese nämlich losschicken, um Täter zu bestrafen oder für anderweitige Zwecke.

Die altägyptischen Götter werden in logische Gruppen nach der Art ihres Aussehens eingeteilt, also menschliche, tiergestaltige, halb Mensch-halb Tier gestaltige und dann noch solche, die aus anderen zusammengesetzten Formen bestanden. Kosmische Götter, so etwa wie die aus der Neunheit von Heliopolis (Atum, Schu, Geb etc.) wurden meistens menschlich dargestellt. So auch die ganz alten Götter, wie etwa der Fruchtbarkeitsgott Min.
Ebenfalls von Menschengestalt waren die Götter, die mit bestimmten Orten, Flüssen oder Bergen verbunden waren, so wie Hapi zum Beispiel. Tiergestaltige Götter wurden wärehnd der gesamten ägyptischen Epoche durchgängig und überall verehrt. Hier wurden männliche Gottheiten oft als Stier, Widder, Falke oder Löwe dargestellt, die weiblichen Gottheiten erhielten das Aussehen von Kühen, Geiern, Kobras oder Löwinnen. Als dritte Gruppe gab es noch, wie auch schon genannt, die hybriden Göttern. Entweder besaßen sie den Körper eines Menschen und den Kopf eines Tieres oder eben andersherum. Obwohl eher die zuerst genannte Art am häufigsten anzutreffen war, gibt es dennoch Beispiele für Götter mit Tierleib und Menschenkopf. Das berühmteste hiervon ist wohl der Sphinx, der schon auf die 4. Dynastie zurückgeht.
Sphinx von Amen-em-Het II., 12. Dynastie
Die aus anderen Formen zusammengesetzten Gottheiten, also die polymorphen Götter, verknüpften in ihrer Gestalt mehrere Gottheiten und Merkmale miteinander. So konnte es Pavian-Falken oder Nilpferd-Schlangen geben, bis hin zu vielköpfigen und mehrarmigen Gottheiten. Als bekanntes Beispiel sei hier die Verschlingerin Ammit genannt, die sozusagen aus einem Krokodil, einem Nilpferd und einem Löwen zusammengesetzt ist.

 

Man kann nicht sagen, das einer Gottheit ein einziges spezifisches Aussehen gegeben wurde. So konnte der Gott der Schreiber, Thot, als Pavian auftreten, aber genau so auch als ibisköpfiger Mensch. Oder Amun konnte als Widder symbolisiert werden, aber ebenso auch als Gans. (Spitzname "Der große Schnatterer" ;o) ) Es ist aber selten der Fall, das ein Gott in alle drei Gruppen fiel, also das er sowohl menschlich, tierisch und auch noch hybrid dargestellt wurde.

So wurde Re zwar als Falke oder als Mensch mit Falkenkopf dargestellt, aber eigentlich nie in rein menschlicher Gestalt. Aber Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel ;o) So wie bei der Göttin Hathor - Sie konnte als Kuh abgebildet werden, ebenso als Mensch und als Frau mit einem Gesicht, welches sowohl menschliche als auch die Züge eines Rindes aufweist.
Bei all den unzähligen und vielfältigen Erscheinungsformen der Götter muss man aber auch anmerken, das es tatsählich so war, das man nicht wirklich daran glaubte, ihre Götter würden auch wirklich so aussehen, wie sie auf Darstellungen abgebildet wurden. Die Gestalt, die die Menschen ihren Göttern verliehen,

Die Ammit oder auch "Verschlingerin des Herzens" genannt; Papyrus aus griechisch-römischer Zeit

diente er dazu, die kultische und persönliche Interaktion mit Gottheiten zu ermöglichen. Eher war es so, das die Götter oft als "verborgen", "geheimnisvoll" oder sogar "unbekannt" beschrieben wurden. Das Aussehen der Götter sollte vielmehr all das versinnbildlichen und symbolisieren, was diejenige Gottheit ausmachte und welche Funktionen sie inne hatte.
widderköpfiger Skarabäus und vierköpfiger Widder verkörpern hier "Windgottheiten"; Ptoleäische Zeit, aus dem Tempel von Deir el-Medineh

Die Charaktere der einzelnen Götter konnte sehr unterschiedlich sein. Es gab unter ihnen solche, die unter den Menschen als hilfreich und fürsorglich angesehen wurden, so wie Horus, Isis oder Thot. Aber natürlich gab es dann auch wieder solche, von denen man glaubte, sie seien der Menschheit feindlich gesonnen. Desweiteren konnte es auch sein, das sich eine ursprünglich freundliche Gottheit in ene bösartige und feindliche "verwandelt". Als Beispiel ist hier Hathor zu nennen, die ja eigentlich eine Göttin der Liebe, der Musik und der Feier war. In der Mythologie konnte sie aber auch die Rolle einer rasenden Zerstörerin der Menschheit übernehmen.
Die alten Ägypter glaubten fest daran, das ihre Götter so wie die Menschen essen und trinken konnten, sie konnten arbeiten, denken, kämpfen, sprechen und sogar vor Verzweiflung aufschreien. Auch schlecht interagieren und Wut, Scham und Humor zeigen war ihnen, wie auch den Menschen zu eigen. Die Göter waren den Menschen also gar nicht sooo unähnlich ;o)