Göttergruppen

 

 

Dyaden

Dyaden bezeichnen Götter, welche als Paare angeordnet wurden. Diese Anordnung zeigt wiederum eine Form der Dualität, welche die gesamte ägyptische Kultur durchdringt und die in allen kosmischen, geographischen und zeitlichen Aspekten des ägyptischen Universums anzutreffen ist. Beispiele hier von sind zum Beispiel Himmel und Erde - Wüste und Fruchtland - Tag und Nacht - Existenz und Nichtexistenz - Stillstand und Veränderung. Um ausgewogene, geschlechtlich zueinander passende Paare bilden zu können, wurden einfach zu schon bestehenden Göttern und Göttinnen Gegenstücke "erschaffen", wie es nachfolgende Beispiele zeigen:

männliche Gottheit

führt zu

weibliche Gottheit
Sokar
Sokaret
Inpu (Anubis)
Input
Tefen
Tefnut
Sescha
Seschat

Meistens sind solche Dyaden gebildet worden, die ein weibliches und ein männliches "Stück" beinhalteten. Aber es gab auch ein paar Ausnahmen. So gab es Zweiergruppen, die aus gleichgeschlechtlichen Geschwistern bestanden, wie etwa Isis und Nephthys oder Osiris und Seth. Ebenso konnten Gottheiten miteinander verknüpft werden, wenn sich ihre "Aufgabenbereiche" ähnelten, so etwa Thot und Chons oder Re und Atum und viele andere Gottheiten, die auf eben diese Art und Weise miteinander gruppiert wurden.

 

Triaden
Die wohl bekannteste Triade, die es in der ägyptischen Mythologie gibt, ist zweifelsfrei die Familie Osiris - Isis - Horus. Triaden wurden also oft aus drei Mitgliedern einer Familie zusammengestellt. Das waren Mutter, Vater und Kind, welches fast immer ein junger männlicher Gott war. Es konnten auch solche Triaden gebildet werden, wobei ursprünglich nur als Paar verehrte Gottheiten zur Triade wurden. So zum Beispiel ist es bei dem Götterpaar Ptah und Sachmet gewesen,
Tut-Ankh-Amun zwischen Mut (links) und Amun (rechts)
göttliche Paare wurden oft mit dem ägyptischen König als ihren "Sohn" dargestellt, wodurch sie eine familiengestützte Triade bildeten
die beide in Memphis verehrt wurden, lange bevor der Gott Nefertem als ihrer beider Sohn in die Triade aufgenommen wurde. Die Zahl Drei war bei den Alten Ägyptern eine wichtige Zahl, denn sie symbolisierte die Pluralität, also die Mehrzahl der Dinge. So kann in der Hieroglyphenschrift die Mehrzal eines Dinges mit drei Strichen oder Punkten hinter/ unter dem Zeichen des jeweiligen Gegenstandes dargestellt werden.
Einge Triaden hatten allerdings auch Mitglieder, die in keinem familiären Verhältnis zueinander standen. So begegnen wir zum Beispiel dem Dreiergespann Amun-Re-Ptah, welche als Gruppe erstmals während der Regierung Tut-Ankh-Amuns verstärkt auftraten und auch noch häufig während der Ramessidenzeit.

 

Tetraden

Tetraden bezeichnet die Vierergruppen. Die Zahl war in der ägyptischen Symbolik ebenfalls eine wichtige Zahl und bedeutete meist alles geographische oder räumliche wie die vier Himmelsrichtungen zum Beispiel. Eine andere Bedeutung, wie sie in den Gräbern des Neuen Reichs oftmals dargestellt ist, sind die vier Rassen, in die die Ägypter die Menschen unterteilten. Das waren Ägypter (Norden), Nubier (Süden), Libyer (Westen) und die Asiaten (Osten). Weiter erkennbar ist sie auch in der Vorstellung, das der Himmel auf vier Stützen steht, welche als Gottheiten personifiziert worden sind. Eine Tetrade bilden auch die Horussöhne, die als Kanopengottheiten bekannt sein dürften. Auch diese bringt man manchmal mit den vier Himmelsrichtungen in Zusammenhang. Ein anderes interessantes Beispiel einer Vierergruppe findet sich in der Ramessidenzeit, als der Gott Seth derart verehrt und erhöht wurde, das er manchmal in einem Atemzug mit der Triade Amun-Ptah-Re genannt wurde und diese Gruppe auf einmal zu einer Tetrade wurde. So wurden während dieser Zeit die Divisionen der Armee nach diesen vier Gottheiten unterteilt und dementsprechend auch benannt.



die Horussöhne auf dem Sarg des Psuennes

 

Pentaden
Es sind zwar keine gängigen 5er-Gruppen von Gottheiten bekannt, aber es gibt in der ägyptischen Mythologie durchaus andere Beispiele. So in etwa die Epagomenen, die 5 Tage, die an das Ende des ägyptischen Kalenders gehängt wurden, und so die Gesamtzahl von 360 Tagen im Jahr auf 365 Tage erhöht wurde. Diese Tage wurden auch als Geburtstage der Götter Isis, Osiris, Seth, Nephthys und Horus gefeiert. Ein anderes Beispiel, aus der Mythologie von Hermopolis, besagt, das dort der Gott Thot auch als "Großer der Fünf" bezeichnet wurde.

 

Hebdomaden
Die Zahl sieben findet man sehr häufig in der ägyptischen Symbolik. So sah man in ihr die Summe von drei und vier und somit verkörperte die Sieben die kombinierte Bedeutung von Pluralität und Totalität. Was nun die Gottheiten betrifft, so trifft man die sieben häufig in Bezug auf Gottheiten an. So besaß etwa Re, der Sonnengott, sieben Bau-Seelen. Von anderen Gottheiten hieß es, sie seien "siebenfach" oder von siebenerlei Gestalt. Auch darf es nicht verwundern, das sich die Anzahl der Richter beim Totengericht auf 42 beschränkt, ist doch die Zahl 42 ein Vielfaches von sieben. Auch die Gemeinschaft der Götter von Abydos bestand aus sieben Gottheiten.
Die wohl bekannteste Siebener-Gruppe sind die sieben Kühe, die man in Spruch 148 des Totenbuches antrifft. Diese Rinder werden oft mit den "Sieben Hathoren" gleichgesetzt, sind aber abgesehen von ihrer eigenen Gruppierung und der Tatsache, das sie als Schicksalsgöttinnen fungierten, nicht eindeutig zugeordnet. Tatsächlich hatte Hathor viele verschiedene Erscheinungsformen, die aber der Einfachheit halber zu einer Siebenergruppe zusammengeschlossen wurden.
Achtheit der Sieben Göttlichen Kühe, voneinander abgegrenzt und namentlich genannt mit ihrem Stier; Vignette zu spruch 148, Totenbuch des Mai-her-peri, 18. Dynastie

 

Achtheiten (Ogdoaden)

Für die Alten Ägypter setzte sich die Zahl aus der Summe von vier + vier zusammen. So ist die Zahl Acht die doppelte Vier (symbolische Totalität) und man stößt in den göttlichen Gruppen vermehrt auf eben diese Zahl. So soll der Luftgott Schu 8 Huh-Gottheiten erschaffen haben, die der Göttin Nut in ihrer Gestalt als Himmelskuh helfen sollten, ihre Beine zu stützen. Die Bedeutung einer solchen Achtergruppe konnte durchaus größer sein, als die einzelnen Gottheiten, aus denen diese Gruppe bestand. Meistens bestanden diese Gruppen entweder aus 4 Paaren zu je zwei Gottheiten, oder aber aus zwei Vierergruppen, wobei ersteres häufiger der Fall war. Die berühmteste und bedeutsamste Achtergruppe war jene von Hermopolis. Diese bestand aus ebensolchen vier Paaren, welche vier froschköpfige Gottheiten mit ihren Gemahlinnen als Gegenstücke darstellten. Bei den weiblichen Gottheiten handelte es sich um schlangenköpfige Gottheiten. Die Achtheit bestand aus folgenden Gottheiten:

Gott Göttin Identiät
Nun Naunet Urgewässer
Huh Hauhet Endlosigkeit
Kuk Kauket Finsternis
Amun Amaunet Unsichtbarkeit/ Wind



hier sieht man die acht Huh-Gottheiten, zusammen mit dem Gott Schu, die die Himmelskuh stützen
jeweils zwei Gottheiten stützen ein Bein bzw. jede Säule des Himmels
auf dem äußeren Schrein des Tut-Ankh-Amun

Das Hauptkultzentrum dieser Achtheit war das ägyptische Chmun, welches "Stadt der Acht" bedeutet. Später wurde es schließlich unter dem griechischen Namen Hermopolis bekannt. Die Vorstellung der hermopolitanischen Achtheit wurde schließlich in ganz Ägypten übernommen und Medinet Habu in Theben-West galt als der Geburtsort dieser acht Gottheiten. In griechisch-römischer Zeit wurde dieser Ort aller 10 Jahre von den Königen besucht, um ihren Ahnen zu huldigen.

 

Neunheiten (Enneaden)
Schon in den Pyramidentexten finden sich die unterschiedlichsten Arten von Neunheiten. So nennt man hier die große Neunheit, die Kleine Neunheit, die Doppelte Neunheit, mehrfache Neunheiten und sogar die Sieben Neunheiten. Die Zahl als Dreifaches der Zahl Drei, also als Dreifaches der Pluraliät,
Neun Gänse, die wahrscheinlich die Mitglieder der von Amun geführten thebanischen Neunheit symbolisieren; Weihegabe aus der 19. Dynastie
scheint allgemein als Begriff bzw. Vorstellung für eine große Anzahl verschiedenster Sachen gestanden zu haben. Es sei aber auch angemerkt, das die Neunehiten nicht unbedingt aus exakt neun Gottheiten bestanden haben mussten, da der ägyptische Ausdruck für "neun" das Wort "pesjedjet" war und auch eine allgmeine Bedeutung haben konnte. Am häufigsten in der ägyptischen Götterwelt tritt die Neun im Zusammenhang mit der Neunheit aus Heliopolis auf. Diese Gruppe bestand aus Atum, dem sog. Vater der Neunheit, seinen zwei Kindern Schu und Tefnut, seinen ebenfalls zwei Enkeln Geb und Nut und schließlich seinen Urenkeln Isis, Osiris, Nephthys und Seth. In einer anderen Variante wurde auch Horus der Ältere in die Neunheit miteingeschlossen und galt hier als Zweitgeborener nach Osiris.

 

Dodekaden
Diese Zahl bezeichnet als ein Vielfaches von drei bzw. vier, möglicherweise auch die kombinierte Bedeutung dieser kleineren Zahlen. Desweiteren besaß die Zwölf eine grundlegende Bedeutung im Zusammenhang mit den jeweils 12 Tag- und Nachtstunden. Ein Beispiel dieser dennoch wenig auftretenden 12er-Gruppen sind die vier Gruppen aus je drei Göttern mit den Köpfen von Ibissen, Schakalen, Falken und Phönixen. Diese Gruppe symbolisiert die königlichen Ahnen der Städte Hermopolis, Nechen, Pe und Heliopolis. Diese Gottheiten sind auch in den Vignetten (Zeichnungen) zum Totenbuch in den Sprüchen 107 und 111-116 anzutreffen, obwohl sie da nicht immer als 12 Gottheiten gezeigt wurden..

 

Gottheiten der Grüfte

Dem Glauben der alten Ägypter zufolge exisitierten in den niederen Regionen eine Reihe von Höhlen und Grüften, in welchen verschiedene Gottheiten hausten, deren Funktion es im Allgemeinen war, das Böse zu bestrafen. Diese Gottheiten werden in einem Papyrus aus der Zeit Amun-Hoteps II. genannt, im sog. "Spruch der zwölf Grüfte", aber sie treten auch an den Wänden der südlichen Kammer des Osireions in Abydos auf. Diese Höhlen sind Orte, an denen die verschiedensten Verbrechen bestraft wurden und auch Hinrichtungen durch Enthaupten der Feinde des Re stattfanden. Aber die dort ansässigen Gottheiten halfen auch den gerechtfertigten Toten. In den ersten sieben Grüften befinden sich abwechselnd Gruppen von drei menschengestaltigen und drei mumiengestaltigen Gottheiten. Es sind hier jeweils immer zwei männliche und eine weibliche Gottheit in einer Gruppe zusammengefasst. Die achte Gruft enthält sieben einzelne Götter und Gruppen, die neunte beherbergt sogar zwanzig solcher Göttergruppen. Die anderen Grüfte enthalten Gottheiten in unterschiedlicher Zahl. Die Gottheiten der zehnten Gruften stehen repräsentativ für die Arten der Einzel- und Gruppengottheiten, auf die man in diesem Spruch stößt:

Die dem Sonnenschein angehören - schenken Licht
Die ergreifen - sichern zu, das der Verstorbene mit Jubel begrüßt wird
Die neun Götter, die jene in der Gruft bewachen, schenken den Atem des Lebens
Die neun Götter, deren Waffen verborgen sind - sichern zu, der der Verstorbene ein würdiger Geist sei
Die verborgene Göttin - sichert zu, das die Seele des Verstorbenen stark sei und sein Leichnam unversehrt
Die Seelen der Götter, die zu Gliedmaßen des Osiris wurden - sichern zu, das der Verstorbene Frieden habe
Die Re anbeten - sichern dem Verstorbenen zu, er werde vor keinem Tor der Unterwelt abgewiesen
Deren Gesichter kriegerisch sind - sichern zu, das der Verstorbene am Ort der Hitze kühl sei


Szene aus dem 5. Abschnitt des Höhlenbuches aus dem Grab Ramses VI., 20. Dynastie

In der nachfolgenden Tabelle sind die Gottheiten der Grüfte aufgelistet - welche Gestalten sie haben konnten und wie dort die Feine des Re bestraft wurden. (Hier sind nur sechs Grüfte aufgezählt, aber in anderen Fassungen der Höhlenmythen ist auch von zwölf Grüften die Rede)

Gruft
Gottheiten Feinde des Re
1
Schlangenwächter des Totenreichs Osiris geköpft gefesselt
2
Flammenschnaubende Schlange, Osiris
Gottheiten in Sarkophagen
gefesselt, enthauptet, umgestürzt
3
Aker, welsköpfige Götter, Gestalten des Osiris umgestürzt, Frauen
4
Die große Schlange, die auf ihrem Bauch ist, Gestalten des Osiris umgestürzt, gefesselt, ohne Bau
5
Nut, Osiris, Tatenen in Kesseln bestraft
6
Anubis, Horus,
Osiris
enthauptete Männer, gefesselte Frauen, Bau und Schatten bestraft

 

Dämonen
Eigentlich kennt der altägyptische Wortschatz gar keinen richtigen Begriff für das heutige Wort "Dämon". Bei diesen Wesen, die wir heute als Dämonen bezeichnen, handelte es sich vielmehr um untergeordnete Gottheiten der Hauptgötter, welche auf Verlangen genau festgelegte Arbeiten durchführten. Diese Wesen wurden mit Höhlen, Gruben, Grüften und auch mit Gewässern in Verbindung gebracht, welche allesamt Orte waren, die als Eingänge in die Unterwelt galten. Und tatsächlich waren die meisten Dämonen Bewohner des Jenseits. Man unterscheidet diese Halbgötter in unterschiedliche Kategorien. Es gab solche, die als furchterregende Werkzeuge der Bestrafung für die Verdammten dargestellt wurden, aber auch solche, die eher als Wächter-Gottheiten galten, und zum Beispiel die Tore der Unterwelt behüteten. Dann gab es wiederum solche, die den Verstorbenen auf seiner Reise durch das Jenseits schützen sollten, aber in dieser Beschützerrolle ebenfalls aggressives Verhalten an den Tag legen konnten, sollte dies angebracht sein.
Gewöhnlich waren diese Wesen menschengestaltig, aber es gab auch tiergestaltige und halbmenschliche Dämonen (mit menschlichem Körper und dem Kopf eines Tieres) unter ihnen. Aber es gab diese Halbgottheiten nicht nur in der Welt der Toten, sie konnten auch mit den Lebenden verbunden sein. So gab es aggressive Dämonen, die man für verschiedene Krankheiten verantwortlich machte
Vor den Toren der Unterwelt sitzende messerschwingende Dämonen, aus dem Grab des Sennedjem, Deir el-Medineh
und deshalb mit der Göttin Sachmet in Verbindung gebracht wurden. Dann konnte man wieder gütigere herbeirufen, die Schutz vor ebensolchen Plagegeistern gewähren sollten. Interessant ist, das lt. ägyptischen Texten ein dämonisches Wesen von seiner untergeordneten Rolle befreit werden konnte und zu einem "größeren Gott" "befördert" werden konnte.

 

Gottheiten der Tore

In der ägyptischen Religion trifft man in ihren Mythen auf viele Tore, Pforten oder Pylone, die der Sonnengott auf seiner Nachtfahrt passieren musste. Aber auch der verstorbene König im Gefolge des Sonnengottes musste diese Pforten durchqueren und die verschiedendsten Schranken überwinden, um das Jenseits erreichen zu können. 1000 solcher Unterweltstore werden in der Totenliteratur beschrieben, die von kleineren Göttern bewacht wurden, die nur diejenigen vorbeilassen würden, die ihren geheimen Namen kannten. Durch diese Erkenntnis hat der Verstorbene Macht über die Wächter. In den Gräbern im Tal der Könige wurden während des Neuen Reiches 12 solcher Tore in die eingemeißelten Totentexte aufgenommen. Jedes Tor wurde als Göttin aufgeführt und war von einer feuerspeienden Schlange bewacht worden. So wurde zum Beispiel das 5. Tor als "Die von Dauer" bezeichnet, seine Schlange wird "Flammenäugig" genannt und die dort wohnende Gottheit heißt "ehrlichen Herzens". Allerdings gibt es in den Totenpapyri, die für Adlige gefertigt waren sehr starke Abweichungen, was die Anzahl dieser Tore betrifft. So gibt es in einigen sieben Tore, bei denen jedes einzelne Tor seinen eigenen Gott, einen Türhüter und einen Ausrufer hat. In anderen Texten werden sogar 21 Tore erwähnt, die als "Geheime Pforten des Wohnsitzes von Osiris im Schilfrohrfeld" bekannt sind. In der nachfolgenden Übersicht sind die 12 Tore aufgezählt, wie sie auch im Tal der Könige dargestellt wurden:

 

Tor
repräsentative Gottheiten Charakteristika des Bereiches
1
die Götter im Eingang, die vier Ermatteten die 4 Himmelsrichtungen
2
Apophis, zwei Neunheiten Feuersee
3
Göttinnen der Stunden, Osiris, Horus See des Lebens, See der Uräen
4
Götter von Raum und Zeit, Osiris Thron des Osiris
5
Osiris, Apophis, 12 Einahlt gebietende Götter kreisrunder Feuersee
6
Osiris, die gesegneten und bestraften Toten Pfähle des Geb
7
Herren der Versorgung im Westen Vorratsfelder
8
feuerschnaubende Schlange, Horussöhne, Ba-Seelen Gewässer der Ertrunkenen
9
Gottheiten mit Zaubernetzen, Apophis Bereich, der zum "Auftauchen" führt
10
Apophis, Antlitz des Re, Göttinnen der Stunden hemmender Bereich des Apophis
11
Götter welche das grelle Licht tragen, Sonnenaufgangs-Paviane Bereich unmittelbar vor Tagesanbruch
12
Isis, Nephthys, Nut, die wiedergeborene Sonne die Urgewässer

 

Gottheiten der Tagesstunden und der Nachtstunden

Jeder Tages- und Nachtstunde wurde eine bestimmte Gottheit zugeordnet. Bei den Tagesstunden konnten dies sowohl männliche als weibliche Götter sein, bei den Nachtstunden beschränkte es sich allerdings nur auf weibliche Gottheiten, wie man in der nachfolgenden Tabelle erkennen kann. Alle Gottheiten der Tagesstunden standen in irgendeinem Zusammenhang mit der Sonne, was nicht verwundert, da diese am Tag schließlich auch scheint. So war die erste Göttin Maat, die Tochter des Re, die nachfolgenden Götter bzw. Göttinnen waren Nachkommen des Sonnengotes, seine Diener oder seine Helfer.

Std.
Gottheit-Tag Gottheit-Nacht
1
Maat Spalterin der Köpfe der Feinde des Re
2
Hu (Ausspruch) Die Weise, Hüterin ihres Herrn
3
Sia (Erkennen) Seelenzerschneiderin
4
Asbet Große der Macht
5
Igaret Die in ihrem Boot
6
Seth Tüchtige Führerin
7
Horus Abwehrerin der Schlange (Apophis)
8
Chons Herrin der Nacht
9
Isis Anbetende
10
Heka (Zauber Enthaupterin von Aufrührern
11
Der Gott, der das Schlepptau der Sonnenbarke hält Der Stern, Abwehrerin von Aufrührern
12
Der Gott, der in der Dämmerung Schutz gewährt Betrachterin der Schönheit des Re

Darstellung aus dem Pfortenbuch, die die 12 Gottheiten der Nacht zeigen,
wie sie sich um eine Schlange gruppieren, welche die Endlosigkeit der Zeit symbolisiert

Die Göttinnen der Nachtstunden waren in ihrer Natur fürsorglich und helfend und stärkten alle auf irgendeine Weise den Sonnengott, bis zur letzten Stunde, wenn die zwölfte Göttin am Ende der Nacht die heilige Wiedergeburt der Sonne miterlebte. Die Göttinnen wurden recht selten dargestellt, doch findet man sie gelegentlich auf einigen Darstellungen der Totentexte des Neuen Reiches. Dort sind sie dargestellt als menschengestaltige Wesen, so wie zum Beispiel im Grab Ramses I. im Tal der Könige. Dort stehen sie in zwei Reiehn zu je sechs Göttinnen zu beiden Seiten einer "zusammengestauchten" Unterwelt (siehe Bild), in deren Zentrum sich eine riesige Schlange tummelt

 

Gottheiten des Totengerichts

Schon in den Pyramidentexten des Alten Reiches tauchen Verweise auf ein jenseitiges Urteil durch ein Göttertribunal auf. Eindeutig sind solche Hinweise allerdings erst ab dem Mittleren Reich, wo man sie in Form von Sargtexten findet. Dieses Urteil, gesprochen von 42 Gottheiten, galt als DAS entscheidende Ereignis, vor dem Eintritt des Verstorbenen in das jenseitige Leben. Diese Urteilssprechung findet in der "Halle der beiden Wahrheiten" statt. Die dort beisitzenden 42 Götter wurden nach ihren individuellen Namen und normalerweise entweder nach einem geographischen Bereich oder irgendeinem anderen bestimmten Merkmal aufgeführt. Man glaubte wahrscheinlich, das jede dieser Gottheiten alle möglichen Arten des Bösen symbolisierte. Häufig wurde der Spruch 125 des Totenbuch (negative Konfession) mit einer Vignette illustriert, die die Gottheiten hockend oder stehend zeigt und können Messer oder Maat-Federn als Symbole ihrer richterlichen Gewalt in den Händen halten. Näheres dazu findet ihr im Kapitel Das Jenseits.

Name gerichtetes
Verbrechen
Name gerichtetetes
Verbrechen
Weitausschreitender
"wsx-nmtt"
Unwahrheit Umstürzender
"Xmy"
Begehen von Missetaten
Der die Flamme umarmt
"Hpt-sDt"
Raub

Der mit gewaltiger Stimme
"Sd-Xrw"

Hitzigkeit
Du mit dem Schnabel Habgier Kind
"nXn"
taub für die Wahrheit
Schattenverschlinger
"'m-swt"
Diebstahl Mit verkündender Stimme
"sr-Xrw"
Unruhestiftung
Schreckgesicht Mord Basti hinters Licht führen
Löwenpaar Vernichtung von Nahrung Hintersichschauer Geschlechtsverkehr mit einem Knaben
Dessen Augen Messer sind
"jrtj=fj-m-ds"
Unehrlichkeit Heißfuß
"t3-rd"
Nachlässigkeit
Brennender
"nbj"
Diebstahl von Opfergaben Verhüllter
"knmtj"
Streiten
Knochenzerbrecher
"sD-qsw"
Lügen Der sein Opfer holt
"jnj-htp=f"
Gewalttätigkeit
Flammenreicher
"w3D-nsr"
Diebstahl von Nahrung Vielgesichtiger
"nb-Hrw"
Ungeduld
Grubenbewohner Verdrießlichkeit Ankläger
"srXy"
Beschädigung eines Götterbildnisses
Weißzahn
"HD-jbHw"
Aggression Herr des Doppelhorns
"nb-'bwj"
Redseligkeit
Blutfresser
"wnm-snf"
Töten eines heiligen Stieres Nefertem
"nfr-tm"
Missetaten, Anschauen des Bösen
Eingeweidefresser
"wnm-bskw"
Meineid Der nichts übrig läßt
"tm-sp"
Zauberei gegen den König
Herr der Wahrheit Brotdiebstahl Der nach seinem Willen tut
"jrj-m-jb=f"
im Wasser waten
Abgewendeter
"tnmy"
Lauschen Ihi lautes Herumtönen
Glänzender Geplapper Der den Leuten befiehlt
"wD-rXyt"
Verunglimpfung Gottes
Üble Schlange Streiten Neheb-Nefret
"nHb-nfr.t"
Aufgeblasenheit
Wamemti-Schlange
"w3mmtj"
Ehebruch Neheb-Kau
"nHb-k3w"
sich über andere erheben
Der schaut, was er bringt
"m33-jnw=f"
Unzucht Hochgereckte Schlange unehrlicher Reichtum
Höchster der Ältesten
"Hrj-j3w"
Schrecken erregen Dessen Arm herbeiholt Gotteslästerung

 

Gau-Gottheiten
Wie Ihr auch im Kapitel Der Staat/ Gaue nachlesen könnt, war Ägypten traditionell in Verwaltungsbezirke aufgeteilt. Von den Ägyptern wurden diese "sepaut" genannt, von den Griechen später dann "nomoi". Jeder einzelne Gau besaß ein besonderes Zeichen, welches auf einem Mast bzw. einer Standarte gezeigt wurde, so das man jeden Gau an seinem Symbol erkennen konnte. So ein Symbol konnte eine Gottheit sein oder ein anderes unterscheidendes Element. An den Wänden der Tempel sind die Gau-Gottheiten als weibliche oder androgyne (Mischung zwischen Weiblein und Männlein) Figuren dargestellt. Diese Figuren trugen im allgemeinen auch das Zeichen ihres Gaues auf dem Kopf.
Auf den Darstellungen sieht man sie bei Prozessionen Opfergaben in den Tempel tragen, um die Geschenke zum Unterhalt und Wohlergehen der Häuser des Gottes zu zeigen. An den südlichen Tempelmauern wurden die 22 Gaue Oberägyptens gezeigt, an den nördlichen Tempelmauern die 20 Gaue Unterägyptens.
Fruchtbarkeitsfiguren, die Gaue, Städte und Güter verkörpern - und manchmal mit dem König gleichgesetzt wurden, mit Opfergaben in den Händen; 19. Dyn., Abydos - Tempel Ramses II.

 

Die Seelen von Nechen und Pe
Pe und Nechen sind Städte des Alten Ägypten. Pe oder auch Buto lag in Unterägypten, Nechen oder auch Hierakonpolis lag in Oberägypten. Die Bau-Seelen dieser beiden Städte nannte man so, wie diese Teilüberschrift lautet. Sie symbolisierten die Ahnherren der beiden Regionen und galten als mächtige Geister bzw. Gottheiten. In den Pyramidentexten betrauern die beiden Seelen den Tod von Osiris und drängen anschließend auf die Rache des Horus an Seth, den Mörder des Osiris, also des Königs. Außerdem glaubte man daran, das die Seelen von Nechen und Pe dem verstorbenen König eine vergoldete Leiter bereitstellten, damit dieser in den Himmel klettern kann. Dargestellt wurden die Seelen von Pe als falkenköpfige Gottheiten, die von Nechen hingegen als schakalköpfig. Im Grab Ramses I. sieht man sie knieend an der Seite des Königs,
wie sie die Verjüngung des königlichen Ba oder die Seele des Königs feiern. In manchen Tempelszenen können die Seelen von Nechen und Pe den Barkenschrein des jeweiligen Gottes tragen oder sie tragen den inthronisierten Gott gar selbst, mittels unter seinem Stuhl hindurchgeschobenen Stangen, wie man zum Beispiel im Horus-Tempel in Edfu sehen kann.
diese Darstellung aus seinem Grab, zeigt Ramses I. zwischen einer falkenköpfigen Seele von Pe und einer schakalköpfigen Seele von Nechen, Grab Ramses I., Theben West

 

Sternengottheiten.
In den astronomischen Texten und Abbildungen findet man viele Götter und Göttinnen des Nachthimmels. Sie sollten Planeten aber auch Astralkörper symbolisieren, von denen die "Unvergänglichen" - die nördlichen Zirkumpolarsterne - die wichtigsten unter ihnen waren. Sie waren für die Alten Ägypter deshalb wichtiger als die überwiegende Mehrzahl der Sterne, da sie jede Nacht zu sehen waren. Die Unvergänglichen symbolisierten die Vorstellung vom ewigen Weiterleben und es scheint, das das Ziel der früheren Könige war, im jenseitigen Leben zu ihnen zu gehören. Pyramidentexte berichten, das es neben der Sonnentheologie auch einen frühen Sternenkult gab. Beide Glaubensvorstellungen kamen sich daher auch etwas in die Quere, da es auf der einen Seite hieß, der König würde nach seinem Ableben zum Morgenstern, während man auf der anderen Seite behauptete, er überquere im Schiff des Sonnengottes den Himmel. Später, als der Osiris-Kult immer mehr an Bedeutung gewann, versuchte man auch hier, die Sternengottheiten in den Osiris-Kult miteinzubeziehen, indem die Sterne als "Anhänger des Osiris" bezeichnet wurden.
Schon ab dem Mittleren Reich kannten die Alten Ägypter mindestens fünf Planeten unseres Sonnensystems, welche sie als "Sterne, die keine Ruhe kennen" bezeichneten. Auch sie wurden in ihren Darstellungen als Götter abgebildet, die mit ihren Barken über den Himmel fuhren. Bei den Planeten handelte es sich um Merkur - "Sebegu", um Venus - "Der überquert" oder "Gott des Morgens", Mars - "Horus des Horizonts" oder Horus der Rote", Jupiter - "Horus, der die Beiden Länder begrenzt" oder "Der strahlende Stern" und schließlich Saturn - "Horus, Stier des Himmels".
Im Laufe der Zeit erfassten die Alten Ägypter die helleren Sterne kartographisch, wobei eine heutige Identifizierung der heute bekannten Sternbilder äußerst schwierig ist. Erkennbar sind die Sternbilder Orion, Großer Bär und vielleicht Löwe und Drache.
Sternengottheit auf einer Barke stehend, aus dem Grab des Pedamenope, Theben
Bis zur Zeit des Mittleren Reiches teilte man den Nachthimmel in 36 Dekane, welche man sich als Sternengötter vorstellte, die aufgingen und im Laufe von 10 Tagen über den Himmel zogen. Der wichtigste dieser Sterne war der Sirius, dessen Aufgang etwa mit der Nilschwemme zusammenfiel. Zur Zeit des Neuen Reichs ist in einigen Gräbern im Tal der Könige der Sternenhimmel an der Decke der Grabkammern dargestellt. Dort sind viele Sternengottheiten abgebildet und auch namentlich benannt. Auch die vier Horussöhne - eigentlich die Beschützer der Kanopen - sind hier als Sternengötter abgebildet.