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Mythologie: Eine der ältesten
aus Ägypten bekannten Gottheiten ist die Göttin Neith, die
nachweislich schon in prädynastischer Zeit zu den wichtigsten Gottheiten
zählte und deren Verehrung bis zum Ende der Pharaonenzeit andauerte.
Natürlich entwickelte sich in dieser langen Zeit ihre Mythologie
weiter und ihr Charakter ist daher äußerst komplex. Leider
sind zwar auch viele der frühen Mythen über die Göttin
verloren gegangen, aber dennoch können wir ihre mächtigen
und wichtigen Rolle nachvollziehen, welche das Diesseits und Jenseits
umfaßten. Kriegsgöttin: Zwar wurde Neith in sehr früher Zeit mit Waffen assoziiert, wahrscheinlich in Zusammenhang mit der Jagd oder der Kriegsführung, aber die Rolle, die ihr häufig als Kriegsgöttin zugeschrieben wird, ist sicherlich etwas übertrieben worden. Als „Herrin des Bogens“ und Herrscherin der Pfeile“ erscheint sie auch häufig mit ihren frühesten Wahrzeichen: die gekreuzten Pfeile und Bogen. Ihre frühen rituellen Namen, wie etwa „Neith kämpft“ oder „Neith ist siegreich“ unterstreichen die kriegerischen Charakterzüge dieser Göttin und außerdem konnte sie seit dem Alten Reich noch als eine der Erscheinungsformen des „Auge des Re“ auftreten.
Schöpfergöttin: Zusätzlich wurde Neith auch in ihrer kosmogischen Rolle mit dem Urgewässer Nun, welches der Schöpfung vorausging, und dem Schöpfungsprozeß gleichgesetzt und als „Große Kuh“ oder „Große Flut“ bezeichnet. Der Hinweis auf dem Sarkophag des Pharao Merenptah aus der 19. Dynastie stellt das früheste Zeugnis über diesen Aspekt der Göttin dar und sagt aus, daß Neith die ganz am Anfang gegenwärtige schöpferiche Kraft sei. Sicherlich ist diese Rolle aber noch viel älter und es existieren auch Texte, die aussagen, daß Neith sowohl Re wie auch seinen Erzfeind Apophis erschaffen habe – wodurch sie sogar zur ursprünglichen Weltschöpferin wird. Zudem galt Neith auch noch als Schöpferin der Menschen und im „Streit zwischen Horus und Seth“ wird die Göttin ausdrücklich als „Die älteste, Mutter der Götter, die das erste Antlitz erleuchtete“ bezeichnet.
Muttergöttin: Natürlich besteht eine Verbindung zwischen Schöpfung und Geburt und daher wird Neith auch in ihrer Rolle als Schöpfergöttin als typische Mutterfigur angesehen. Während des Neuen Reiches galt sie als Mutter von Menschen und Göttern und in einem Text aus der 6. Dynastie wird erklärt, daß sie es gewesen wäre, die die Geburt erfunden hätte. Schon zur Zeit des Alten Reiches galt Neith als Mutter des Krokodilgottes Sobek und somit auch als „Amme der Krokodile“. Sie scheint keinen männlichen Gegenpart gehabt zu haben und daher nimmt man auch an, Neith wäre eine neutrale und beinahe geschlechtslose Gottheit gewesen – allerdings spricht hier die Bezeichnung als Muttergöttin dagegen.
Göttin von Unterägypten: Es besteht wohl kein Zweifel daran, daß Neith eine der wichtigsten und vielleicht sogar die wichtigste Göttin von Unterägypten war. Darauf weisen auch ihre häufigen Darstellungen mit der Roten Krone von Unterägypten hin und sie deuten auch an, daß die Göttin die nördliche Deltaregion repräsentierte und auch Schutzgöttin der Krone dieses Gebietes war. „Haus der Biene“, nannte man den Tempel der Neith in Sais – wohl weil die Biene zu einem wichtigen Symbol der Herrscher wurde und in die mit Unterägypten verbundene königliche Titulatur eingebunden wurde.
Totengöttin: Neith war auch seit dem Alten Reich mit den ägyptischen Bestattungsriten verbunden. Laut den Pyramidentexten wachte sie zusammen mit Isis, Nephthys und Selket über den verstorbenen Osiris und schließlich wurden jeder der vier Göttinnen eine Seite des Sarges zugewiesen, wo sie auch die Tätigkeit der vier Horussöhne überwachten. Dabei übernahm Neith für gewöhnlich die Rolle der Beschützerin des Duamutef (Wächter des Magens) und wurde an der östlichen Seite des Sarges abgebildet. In den Sargtexten setzte man den Verstorbenen in der Unterwelt mit Neith gleich und sah sie sogar als eine der Totenrichter an. Im Amduat ist sie auch dem König und dem Sonnengott bei ihrer Reise durch die Unterwelt behilflich und weil Neith auch die Göttin der Weberei war, wurde sie als Bringerin der Mumienbinden und –hüllen mit den Bestattungsritualen in Verbindung gebracht.
Später konnte Neith auch in Tiergestalt erscheinen – beispielsweise als knieende Kuh mit einer Sonnenscheibe zwischen den Hörnern oder in schlangenförmiger Gestalt als Beschützerin des Königs oder des Sonnengottes. Als Muttergöttin sieht man die Göttin auch oft, wie sie ihren Sohn Sobek stillt, wovon auch einige Amulette gefunden wurden, die Neith zeigen, wie an ihr ein kleines Krokodil säugt.
Kult: Viele Zeugnisse belegen, daß Neith bereits seit der Frühzeit verehrt wurde. Untermauert wird dies noch dadurch, daß die früheste Darstellung eines heiligen Schreins in Ägypten mit der Göttin verbunden ist. Ihr Kult schwächte sich aber mit Beginn des Mittleren Reiches deutlich ab und erst in der 19. Dynastie erlangte sie wieder etwas von der einstigen Bedeutung und es wurden ihr in mehreren Texten sagenhafte Kräfte zugeschrieben. Besonders in der 26. Dynastie war sie wieder besonders beliebt, da die damaligen Könige von ihrem Hauptkultort in Sais aus über Ägypten herrschten. Ihr großes Fest wurde alljährlich am dreizehnten Tag des dritten Monats der Sommerzeit gefeiert. Während der gesamten ägyptischen Geschichte wurde der Kult von „Neith der Großen“ gefeiert. |