Geographie

 

Die geographischen Gegebenheiten des Alten Ägyptens waren aussergewöhnlich und stellten selbst unter den verschiedenen Kultur- und Naturoasen des Altertums einen Sonderfall dar.
Ägypten liegt im Nordosten von Afrika. Die Grenzen des historischen Ägypten lassen sich heute schwer nachweisen, jedoch kann man sagen, das sich die südliche Landesgrenze am Ersten Katarakt bei Assuan befand. der Hauptbestandteil des Landes, also das Niltal, das Delta und das Faijum wurden ergänzt durch Regionen, auf die die Ägypter, z. Bsp. bei der Ausbeutung von Minen, ihre Rechte geltend machten. Im manchen Texten aus dem Neuen Reich ist auch davon die Rede, das Teile Nubiens, welches sich im Süden Ägyptens anschloss, in das Reich einverleibt wurden. Abgesehen vom Niltal wurden zu allen Zeiten die Kette der Oasen westlich des Nils - von Siwa im Norden bis el-Charga im Süden - besiedelt und verwaltet. Diese Kette verläuft etwa parallel zum Nil in ca. 200 km Entfernung.

Der Nil

Ohne den Nil wäre eine Lndwirtschaft in Ägypten - mit Ausname eines Landstriches an der Mittelmeerküste - unmöglich gewesen. Der Nil ist mit seinen 6500 km der längste Fluss der Erde. Gespeist wird er vom im äthiopischen Hochland entspringenden Blauen Nil und vom weissen Nil, der sich in eine verwirrende Vielzahl kleiner Arme im Südsudan auflöst und bis zum Victoria-see in Zentralafrika reicht. Einmal im Jahr zwischen Juli und Oktober bedeckte die jährliche Überschwemmung nahezu das gesamte Flusstal und das Delta. Für Ackerbau und Viehzucht der Ägypter war dieses Naturereignis eine Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Gelingen. Herbeigeführt wird die jährliche Überschwemmung durch in Äthiopien niedergehende Monsunregen, die den Blauen Nil mit riesigen Wassermengen speisen. Dies geschah, wie schon geschrieben, in den Monaten Juli-Oktober, in welchen auch die Regenzeit in den Savannen des Zentralsudan einsetzte. Von April - Juni hatte der Nil seinen niedrigsten Stand erreicht, im Juli stieg sein Pegel an bis dann schließlich im August normalerweise die Flut begann, die etwa bis Ende September den größten Teil des Nils bedeckte. Während dieser Zeit der Überschwemmung wurden Salze aus dem Boden gewaschen und eine Schlammschicht abgelagert, die den Bauern einen ausgezeichneten fruchtbaren Boden bescherte.Begann nun der Nil im Oktober - November wieder zu sinken, begannen die Bauern das Saatgut in die Erde zu säen. Landwirtschaft konnte somit am gesamten Nil und im Delta betrieben werden, welche zusammen ca. eine Fläche von 34.000 km² maßen.

 

Das Delta

Das Nildelta stellte bei der Urbarmachung eine größere Herausforderung dar, als das beim Niltal der Fall, was vor allem mit dem Vorhandensein der Sümpfe zusammenhängt. Die Kultivierung dieses Gebietes war zu allen Zeiten eine bedeutsame Aufgabe und schon in der 4. Dynastie erscheint das Delta in der Liste der Güter, die in memphitischen Gräbern aufgezeigt sind, an prominenter Stelle, schließlich war es etwa doppel so groß an Fläche wie das Tal. Im Delta eigneten sich vor allem die Sandrücken zwischen den einzelnen Nilarmen und anderen Wasserkanälen für eine Besiedlung und für Weideflächen. Die Sümpfe des Deltas waren damals ein ausgezeichnetes Gebiet für den Vogel- und den Fischfang. Ebenso wuchs dort der begehrte Papyrus.

 

Das Faijum
Das Faijum ist eine Seeoase westlich des Niltals und war in antiker Zeit das drittgrößte bewohnte Gebiet Ägyptens. Es erhält ständigen Wasserzufluss durch den Bahr-Jussuf, einen Nilarm, der westlich vom Nil abzweigt und schließlich im Birket-qarun - dem Moeris-See - mündet. Schon in vorgeschichtlicher Zeit besaß der See eine große Anziehungskraft auf frühe Siedler, dies ist ebenso für das Alte Reich bezeugt. Das Land wurde schon früh urbar gemacht, indem man versuchte, den Wasserspiegel des Sees zu senken, um mehr Anbauland zu gewinnen. So ließen hier die Könige der 12. Dynastie umfangreiche Arbeiten durchführen, die den See beträchtlich verkleinert haben. Die Blütezeit erlebte das Faijum während der Herrschaft der Ptolemäer, die dieses Gebiet in einen blühenden Garten verwandelten. Im Gebiet des Faijum waren übrigens 2 Ernten im Jahr möglich, was es für den Ackerbau besonders attraktiv machte, da im Niltal nur einmal im Jahr geerntet wurde.

 

Die westliche Wüste

In der westlichen Wüste befanden sich die vier Hauptoasen Ägyptens: Baharija, Farafra, el-Dachla und el-Charga (von Nord nach Süd) Aus diesen Oasen kamen einige wertvolle Anbauprodukte wie etwa Wein und die besten Datteln. Zum anderen waren diese Oasen wichtige Verbindungsstellen des Handels über den Landweg. In der Spätzeit wurde auch noch die weiter westlich liegende Oase Siwa unter ägyptische Kontrolle gebracht. Andere kleinere Oasen westlich des Nils sind: Kurkur, Dunqul und Salima, die auf den sehr langen Karawanenrouten als Haltestationen dienten.
Quellen aus dem Mittleren und dem Neuen Reich berichten, das damals Menschen versuchten, vor der Gerichtsbarkeit oder vor Verfolgung nach el-Charga und el-Dachla flohen, während man in der 21. Dynastie verurteilte Menschen dorthin verbannte.


In der Antike nannte man die Wüste westlich des Nils Libyen. In der Küstenregion zwischen Alexandria bis hin zu Cyrenaika lebte damals der Großteil der libyschen Bevölkerung und das dortige Land war damals weniger ungastlich als heute. Ramses II. hat damals eine Reihe von Festungen entlang der Küste bis nach Sanijet Umm el-Racham (ca. 340 km westlich von Alexandria) errichten lassen. Auch aus der Ptolemäer-Zeit wurden Relikte gefunden, die aufzeigen, das während dieser Epoche ca. 1000 km westlich von Alexandria gebaut wurde. In den frühen Perioden unterschieden sich Libyer kulturell kaum von den Ägyptern, evtl. sprachen sie auch eine ähnliche Sprache, aber in historischer Zeit waren die Kontakte zwischen Ägypten und Libyen eher feindlicher Natur.

 

Die östliche Wüste

Die östliche Wüste war damals ein Gebiet, welches reich an Bodenschätzen war, von denen die nördlichsten im Sinai lagen. Schon seit der 3. Dynastie wurde dort Türkis abgebaut. Die wichtigsten dortigen Siedlungen liegen im Wadi Maghara und in Serabit el-Chadim im westlichen Sinai. Im Sinai wurde ausserdem Kupfer abgebaut. So wurden nahe Timna Kupferminen ausgegraben, die in der 18. - 20. Dynastie betrieben wurden. Wahrscheinlich ließen die Ägypter die einheimische Bevölkerung in den Minen arbeiten, da es keine Aufzeichnungen darüber gibt, das die Ägypter selbst in den Minen "Hand anlegten".
Desweiteren gab es in der östlichen Wüste Halbedelsteinvorkommen und die Steinsorten, die die Ägypter zum Errichten ihrer Monumente benötigten. Einige dieser Steinbrüche lagen nicht weit vom Nil, so der Gebel el-Ahmar mit seinen Quarzitvorkommen und dann Hatnub, wo Alabaster gebrochen wurde. Aber es mussten auch weitere Strecken zum Nil in Kauf genommen werden, so etwa der Weg zum Wadi Hammamat mit seinen Grauwacke-Vorkommen oder zu den meist südlich des Breitengrades von Koptos befindlichen Goldbergwerken. Um diese Wegstrecken zurückzulegen, wurden große Expeditionen durchgeführt, die auf 3 bedeutenden Routen zum Roten Meer verliefen. Das waren zum einen der Weg durch das Wadi Gasus nach Safaga, durch das Wadi Hammamat nach Qosseir und durch das Wadi Abbad nach Berenike. Eine andere Route wurde nur zu Zeiten von Ramses II. benutzt und zwar die 80 km lange Strecke südlich vom heutigen Kairo bis zum Golf von Suez. Die nördlichsten Routen sind zu allen Zeiten der ägyptischen Geschichte benutzt worden, die südlichsten erst zu Beginn des Neuen Reiches.

 

LEGENDE (die Schriftfarbe enspricht der Farbe der Vierecke, die für die Bodenschätze stehen:

Gold (Gold)
Kalkstein
Blei- und Bleiglanz
Alabaster
Zinn
Kupfer
Grauwacke (Grauwacke)
Granit
Diorit
Sandstein

 
Nubien
Die politische Grenze am Ersten Katarakt wurde wahrscheinlich in der späten Vorgeschichte oder zu Beginn der Frühzeit anstelle der älteren natürlichen Grenze am Gebel el-Silsila errichtet. An dieser Grenze lagen die damals wichtigsten Sandsteinbrüche Ägyptens. Südlich von Gebel el-Silsila lag der 1. ägyptische Gau mit seinen bedeutendsten Städten Assuan und Kom Ombo. Zwischen dem 1. und 2. Katarakt lag Unternubien, dessen Einverleibung in das Reich stets das Bestreben der Ägypter war. Urkunden und Inschriften bezeugen, das dies schon in der 1. und 2. Dynastie der Fall war. In der 4. und 5. Dynastie gab es hier noch keine nennenswerte sesshafte Bevölkerung. Nachdem die Herrschaft über dieses Gebiet in der 6. Dynastie den Einheimischen zurückgegeben wurde, wurde die Kontrolle über Unternubien in der 11. Dynastie und erneut in der 17. Dynastie wieder hergestellt. In der 18. Dynastie wurde das Gebiet im Süden noch weiter ausgedehnt, und zwar bis Kurkur, südlich des Endpunktes der von Korosko in Unternubien durch die Wüste bis Abu Hamed führenden Karawanenroute. Für die spätere Entwicklung dieses Landstrichs waren diese Gebietserwerbungen entscheidend, denn bei Napata, der Hauptstadt Unternubiens, etablierte sich nach dem Neuen Reich eine einheimische, ägyptisch beeinflusste Kultur, die die Könige der 25. Dynastie und des von dieser Zeit an bis zur Mitte des 4. Jahrhunderts v. Ch. existierenden Reiches von Kusch hervorbrachte.
Unternubien war den Ägyptern deshalb so wichtig, weil es reich an Hartgestein und Gold war. In frühen Zeiten wurde auch Holz aus diesem Gebiet importiert, aber eine andere landwirtschaftliche Bedeutung hatte es nie, da das kultivierte Land nur aus einem schmalen Streifen links und rechts des Flusses bestand.
Aber Unternubien war das Durchgangsland für viele afrikanische, von den Ägyptern heiss begehrte, Produkte. Dazu gehörten Gewürze, Elfenbein, Ebenholz, Straußenfedern und einige Pavianarten. Was die Ägypter im Tausch gegen diese Waren hergaben ist heute nicht überliefert.