Jenseitsvorstellungen |
Alles für den Tod |
Bisher haben sich alle Völker mit dem Tod auseinandergesetzt - doch niemand tat dies mit solch einer Inbrunst und auf diese künstlerische Art, wie die alten Ägypter. Der Tod galt als "Der Feind der Lebenden" und war auch Feind der Götter. Die Bauten, Rituale und Gebete sollten das Leben und den Status einer Person auch nach dem Tod erhalten. Ich glaube, die erste Amtshandlung eines neu gekrönten Pharao war, sich einen geeigneten Standort für sein Grabmal zu suchen, und dann alles für eine perfekte Umsetzung des geplanten Baus zu sorgen. Natürlich konnte sich ein armer Mensch nicht annähernd solch ein Grab leisten wie der Pharao. Aber ein bescheidenes tat es auch und wenn er vielleicht noch ein paar Sachen aus seinem Leben, an denen er gehangen hatte, mit ins ewige Leben nimmt, dann ist sein Fortbestand im Jenseits gesichert. Unvorstellbar war es jedoch und ein jeder, der sich solch eine Vorstellung machte, packte das Grauen, wenn der verstorbene keine Ruhestätte bekommt, z. Bsp. indem er verbrennt oder einsam in der Wüste stirbt, wo sein Leichnam von niemandem gerettet wird. Das würde nämlich bedeuten, das der Tote nicht in das Reich des Osiris eingehen könnte, sondern einfach ausgelöscht sein würde. Deshalb war ein jeder darauf bedacht, für seine Angehörigen eine letzte Ruhestätte zu bekommen um auch im Tod noch fortbestehen zu können. |
Die Mumifizierung |
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Der Begriff Mumie leitet sich aus dem arabischen und bedeutet soviel wie "Pech oder Bitumen", was aber eigentlich falsch ist, da die Ägypter keinen dieser beiden Stoffe für ihre Einbalsamierungen benutzten. Ab der Zeit um 747 - 323 v. Ch. wurden des öfteren Leichname so schlecht einbalsamiert, das sie schwarz und brüchig wurden, was anscheinend später den Anschein weckte, sie wurden mit Pech behandelt. Die Untersuchungen heutiger Wissenschaftler beruhen hauptsächlich auf den Untersuchungen an gefundenen Mumien, da aus pharaonischer Zeit keine genaue Anleitung des Einbalsamierens erhalten blieb.
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Hapi |
Amset |
Duamutef |
Kehbehsenuef |
Bestattungen |
Anhand von Darstellungen an Grabwänden aus der Zeit des Neuen Reiches, kann man heute recht gut die damaligen Bestattungsabläufe- und Rituale nachvollziehen. Die ausführlichsten Darstellungen finden sich in Privatgräbern. Die Mumie wurde nach Ablauf der Balsamierungszeit vom Balsamierungshaus zum Grab getragen, wobei die dabei begleitende Prozession vom Statur und vom Reichtum des Verstrobenen abhing. Die Mumie lag lag dabei von Blumen bedeckt in einer Art offenem Schrein, der wiederum auf einer einer Barke nachgebildeten Bahre lag, und mithilfe eines von Ochsen gezogenen Schlittens fortbewegt wurde. Vor dieser Bahre schritt ein Priester, der den Weg mit Milch besprenkelte und Weihrauch verbrannte. Dahinter wurde der Kanopenschrein mit den einbalsamierten Eingeweiden gezogen bzw. getragen. Nun folgten die jeweiligen Grabbeigaben, bestehend aus verschiedenen Stücken aus dem ehemaligen Besitz des Verstorbenen und Opferspeisen. Ein bisher ungeklärtes Objekt - das "Tekenu" (tknw) wurde ebenfalls in der Prozession mitgeführt. Es handelt sich hierbei um ein sackartiges Gebilde mit menschlichem Kopf, der auf Wandmalereien und reliefs meist auf einem zweiten Schlitten transportiert wurde. Man geht heute davon aus, das es vielleicht Körperteile enthielt, die zwar nicht einbalsamiert wurden, für die Widergeburt des Verstorbenen aber dennoch als wichtig erachtet wurden, so das sie mit ins Grab gegeben wurden.
Bei jeder Bestattung waren die sog. Klageweiber, die hellblau gekleidet waren, von großer Bedeutung. Sie bildeten einen eigenen Berufszweig und wurden von den Angehörigen für das Begräbnis angestellt und dementsprechend entlohnt. Die Frauen trugen ihre Haare bei der Prozession offen, zogen sich daran, entblößten ihre Brüste und schlugen sich darauf, weinten, jammerten und bewarfen sich mit Erde als Ausdruck der Trauer. Die Grupper der klageweiber wurde von zwei Frauen angeführt, die oft mit den Göttinnen Isis und Nephthys gleichgesetzt wurden. Auch sog. Muu-Tänzer (mww) nahmen an der Zeremonie teil, welche Röcke und hohe weisse Kopfbedeckungen trugen, die der Krone von Oberägypten ähnelten.Und natürlich durften die Priester nicht fehlen, die man sehr gut an ihren kahlrasierten Köpfen erkennen konnte.
Am Grab angekommen, waren die wichtigsten Bestattungsrituale die Reinigung des mumifizierten Körpers mit Wasser und Weihrauch, die Salbung der Mumie mit heiligen Ölen und die sog. Mundöffnungszeremonie. Mit dem letzt genannten Ritual wurden dem Verstorbenen all seine Sinne wiedergegeben, denn nur so konnte er im Jenseits wiedergeboren werden. Anfänglich war dieses Ritual dem ältesten Sohn des/ der Verstorbenen vorbehalten. Im Neuen Reich wurde schließlich das Amt des Sem-Priesters eingeführt. Auf Grabmalereien und Vignetten von Totenbüchern ist er mit einem Leopardenfell dargestellt, wie er die Mundöffnungs-Zeremonie durchführt. Im Neuen Reich bestand dieses Ritual aus 75 Einzel-Handlungen, zu denen das Berühren des Mundes, der Augen, der Ohren, der Nase und anderen Körperteilen mit einer Anzahl der unterschiedlichsten Geräte gehörte. Zu diesen Geräten zählt das "Pesesch-kaf" (pss-k3=f) - ein Feuersteinmesser in Form eines Fischschwanzes, dann ein Meißel, ein Breitbeil, eine Netjeri-Klinge aus Meteor-Eisen hergestellt, eine Rute die in einem Schlangenkopf endet und der rechte Fuß eines Ochsen, der extra für diesen Anlass geschlachtet wurde.
Alle speziellen Handlungen, die Teil des Begräbnisses waren, wurden von Rezitationen eines Vorlesepriesters begleitet, der auch schon während der Mumifizierung aus Totentexten rezitiert hatte. Das Kernthema dieser Texte war die erfolgreiche Wiedergeburt des Verstrobenen im Jenseits. Als letzte Grabbeigaben wurden dem Geist des Verstorbenen Natron, Weihrauch, Augenschminke, Leinen, Essen und Trinken sowie ein Vorderbein und das Herz eines Stieres mit ins Grab gegeben. Nun war es soweit und die Mumie wurde in ihren Sarg - manchmal auch mehrere in einander verschachtelte Särge - gelegt und zusammen mit den Kanopenschreinen und allen anderen Grabbeigaben in das grab getragen. Um den Sarg wurden sog. "Zauberziegel" platziert und das Grab wurde dann schlussendlich von aussen versiegelt. Nun wurden noch die Abfallprodukte der Einbalsamierung in der Nähe des Grabes begraben, da man sie nicht als rein erachtete, mit dem Leichnam bestattet zu werden. Nach dem Begräbnis setzten sich die Famile des Verstrobenen und andere Gäste an mitgebrachten Tischen vor dem Grab zusammen und feierten ein Fest mit Essen, Wein und Bier zu Ehren des Toten. |
Beim Thema "Bestattungen" war schon einmal die Rede von den Zauberziegeln. Davon wurden 4 an der Zahl an die Seiten des Grabes gestellt. Jeder dieser Steine enthielt ein Amulett: der an der Westseite einen Fayence-Djed-Pfeiler, derjenige an der Ostseite eine nicht gebrannte Tonfigur des Gottes Anubis, der an der südlichen Wand ein Schilfrohr mit einem Docht, ähnlich einer Fackel und schließlich der nördliche eine Uschebti-Figur in Form einer Mumie. Auf die Ziegel waren zusätzlich Texte aus Kap. 151 des Totenbuches geschrieben worden. Die Positionierung der Zauberziegel sollte dazu dienen, den Verstorbenen vor Angriffen aus allen Himmelsrichtungen zu schützen:
Eine andere aussergewöhnliche Grabbeigabe wurde im Grab des Tut-Ankh-Amun gefunden. Es handelt sich um das Modell eines Imiut und war ein Fetisch des Anubis-Kultes. Es bestand zumeist aus einem Katzenfell ohne Kopf, welches aufgeblasen oder ausgestopft an einer Stange in einem Topf gebunden wurde. |
Hier noch einige Beispiele zu anderen Amuletten aus dem Totenbuch:
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Uschebtis |
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Uschebtis sind kleine Statuen, welche dem Verstorbenen ab der Zeit des Mittleren Reiches mit ins Grab gegeben wurden. Übersetzt wird der Begriff, dessen ursprüngliche Form "Shawabti oder Shabti" ist, mit der "Antwortgeber. Zumeist waren sie mumienförmig und aus Fayence, Stein, Hlz, Ton, Wachs oder Glas hergestellt worden. Im Totenbuch, Kap. 6 gibt es einen Spruch, der sicherstellen sollte, das im Jenseits nicht der Verstorbene die dort anfälligen Arbeiten erledigen musste, sondern der Uschebti:
Solche schweren Arbeiten waren etwa die Feldarbeit, Bewässerung und "den Sand des Ostens und Westens überzufahren". Um der Funktion eines Uschebtis noch mehr Ausdruck zu verleihen, wurden die Figuren manchmal mit einer kleinen Hacke oder einem korb ausgestattet. Später wurden diese Gerätschaften direkt mit der Figur modelliert. Ab dem Neuen Reich gab man den Toten bis zu 365 solcher Figuren mit ins Grab, also für jeden Tag des Jahres einen "kleinen" Arbeiter. Hinzu kamen noch 36 Aufseher. Aber der 3. Zwischenzeit wurden diese Aufseher sogar mit einer kleinen Peitsche ausgestattet, damit die Arbeiter-Uschebtis auch wirklich rasch und befriedigend ihre Aufgaben erfüllten. Oft wurden die Uschebtis in extra hierfür gebaute Behälter gestellt. |
Seelenvorstellungen |
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Die alten Ägypter
sahen den menschlichen Körper als ein komplexes Gefüge physischer
und spiritueller Aspekte an. Ein Wort für "Seele" im eigentlichen
Sinne gab es damals nicht, eher unterschieden die Ägypter in drei
Aspekten - KA, BA und ACH. Aus mehreren Inschriften und Bildern ist
ersichtlich, das die Ägypter daran glaubten, der Schöpfergott von
Elephantine - Chnum - schuf Leib und Ka auf seiner Töpferscheibe.
Beim Einsetzen der Frucht in den Leib der Mutter, gestaltete Chnum
den Ka des frisch gezeugten Menschenkindes. Es war der geistige Doppelgänger
des eigentlichen Menschen und sah in dieser Hinsicht auch genauso
aus. Es war die leitende Kraft des Leibes, und so konnte es durchaus
vorkommen, das sich ein Ka manchmal schlecht benahm und zu Handlungen
verleiten konnte, die man normalerweise nicht ohne weiteres tun würde.
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Wenn Chnum es für richtig hielt, konnte ein Mensch auch mehr als ein Ka erhalten. So behauptet Hatschepsut in ihrem Tempel in Deir-el-Bahari, das sie gleich neun Ka's hatte, von denen acht männlich waren. Ein Ka konnte im Wach- und Schlafzustand aus dem Körper befreit werden. Eine Inschrift aus der Spätzeit berichtet, das das Ka eines Königs eines Nachts den Leib seines Menschen verließ, und eine Reise nach Nubien machte. Der Zeitpunkt des Todes wurde für den Ka als ein schreckliches Erlebnis geschildert, da es auf schmerzhafte Art und Weise von seinem Leib getrennt wurde. Anschließend blieb das Ka für immer an die Erde gebunden und deshalb bereiteten ihm die Menschen noch zu Lebzeiten ein Grab, das "Haus für die Ewigkeit", vor, indem alle Bedürfnisse des Ka erfüllt wurden. Ob das Ka fortdauern bzw. weiter"leben" durfte, hing vollständig davon, ob ihm mit Speisen, Getränken und Gebeten auch geopfert bzw. gehuldigt wurde. Essen und Trinken konnten aber auch durch Bildnisse im Grab ersetzt werden, falls im Laufe der Zeit die Erinnerung an den Verstorbenen verblassen sollte. |
"Oh du, der du noch
auf Erden lebst und auf deiner Reise nach typische Grabinschrift, um die Menschen zu ermuntern, das Grab zu betreten |
Das zweite spirituelle Element war das Ba, welches mit einem Vogelkörper dargestellt wurde, auf dessen Hals sich ein Menschenkopf befand. Die Hieroglyphe für das Ba war der Jabiru-Storch. Damals behauptete man, zum Zeitpunkt des Todes verlässt das Ba den Körper durch das linke Ohr des Menschen. Der Ba scheint die Fähigkeit gehabt zu haben, sich |
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frei zu bewegen und verschiedene Gestalten annehmen zu können. Auf Grabmalereien sieht man den Ba um den Grabstein fliegen, auf einem Baum sitzend oder an einem Teich, wo er seinen Durst löscht. Der Plural vom Ba war "Bau", was auch soviel wie Macht bedeutet. |
Bildnis des Ach durch die Darstellung des Ibis, 19. Dynastie, Luxor
Die dritte Form, das Ach, war eine geistige Kraft von übernatürlichem Wesen. Dargestellt wurde es durch einen Ibis mit Haube oder durch eine einem Uschebti ähnelnde mumienförmige Gestalt.. Bei der Bestattung des Toten wurde der Körper bei der letzten Berührung in ein Ach, ein leuchtendes vollkommenes Wesen, verwandelt. Diese Verwandlung schrieb man der Verschmelzung von Ka und Ba zu. Dieses nun entstandene Ach war der auferstandene Leib und dazu bestimmt, sich ähnlichen Wesen in einer parallelen Welt anzuschließen. Es gehörte nicht länger der Erde sondern dem "Himmel". Das Ach begleitete die untergehende Sonne über den westlichen Horizont und reiste ins Reich des Osiris, wo das Totengericht auf ihn wartete. |
Seelenwanderung oder die
Reise ins Reich des Osiris |
Durch das Ritual der Mumifizierung belegen die Ägypter eindeutig, das sie davon ausgingen, die Toten lebten auf irgendeine Art und Weise weiter. Deshalb musste der Körper auch für ein Leben nach dem Tode erhalten bleiben. Von den verschiedenen komplexen Jenseitsvorstellungen war die, die sich Mittleren Reiche herausbildete, wohl die häufigste. Hier verbanden sich die Sonnenlaufkonzeption von Heliopolis und die osirianischen Unterweltsvorstellungen zu einer Einheit. Dabei lebte die Seele nach dem Tode weiter, während der Ach zum Himmel stieg. Der Ba lebte selbständig weiter. Die Alten Ägypter stellten sich das Leben nach dem Tod wie ein perfektes Duplikat des Diesseitigen vor, |
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indem es allerdings immer
alles im Überfluss gab.Oft zeigen Grabmalereien Szenen aus dem jenseitigen
Leben, so in etwa Mann und Frau bei der Arbeit auf dem Feld. Man ging
aber eigentlich nicht davon aus, das man nach dem Tode auch tatsächlich
arbeiten müsste. Um diesem vorzubeugen, wurden Vorkehrungen getroffen,
wie man schwerer Arbeit entgehen konnte. Man nannte damals das Paradies
"Feld von Hetep". |
Im Kapitel 110 des Totenbuches wird es mit dem westlichen Horizont in Verbindung gebracht und galt als Ort der Freuden. Seine Felder wurden durch volle Kanäle bewässert, alles gedieh bestens und die Obstbäume trugen reiche Ernten an Datteln und Feigen. Im Gegensatz dazu stand das "Feld von Iaru", die Binsengefilde.Dies war ein Ort der Läuterung und wurde mit dem östlichen Horizont in Verbindung gebracht. Des weiteren tauchen in den Texten des Totenbuches auch Begriffe wie "Duat" und "Imhet" auf. Duat bezog sich auf den östlichen, Imhet auf den westlichen Horizont. Man könnte die Begriffe auch mit Nachwelt oder Unterwelt wiedergeben. Ein weiterer Name für das Jenseits war "Rosetau" - "Passage des Schleppens" und bezog sich ursprünglich auf den abschüssigen Gang eines Grabes. Später wurde die Nekropole von Memphis und schließlich die von Abydos danach bezeichnet. |
War der Verstorbene mumifiziert und die letzten Rituale an der Mumie vollzogen, so begab sich die "Seele" des Verstorbenen auf den Weg zum Totengericht des Osiris. Damit die Seele sich nicht verirrte, wurden ihr Karten mitgegeben, die den Weg dorthin beschrieben. Im Mittleren Reich nannte man solche Wegbeschreibungen "Zweiwegebuch". Die "Seele" betrat nun wie ein Pilger die Westwüste und traf dort auf eine Sykomore, die von einer Gottheit bewohnt wurde. Im Allgemeinen war diese Gottheit Hathor. Der Seele wurde Essen und Trinken angeboten und nahm der Verstorbene diese Gaben an, so gab es für ihn kein Zurück mehr. Nun begannen die Prüfungen auf den geheimnisvollen Wegen des Westens. Die "Seele" traf auf Dämonen mit Krokodilköpfen, Schlangen, auf den Dämon Apophis und die Dämonen Am-au, Hai und Haas, die sie zu zerfleischen und zu beißen versuchten.Anschließend musste ein Fluss überquert werden, dessen Wasser kochte und von dem der Verstorbene trinken musste. Schließlich kam er an die Sümpfe, an denen Affen heimlich Netze auswarfen um Dämonen und verirrte Seelen einzufangen. Mit Hilfe der magischen Formeln und Zaubersprüche des Totenbuches gelangte die Seele schließlich an einen See, an dessen anderem Ufer das Königreich des Osiris lag. |
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Zur Überquerung
des Sees gibt es zwei Überlieferungen, die schon in den Pyramidentexten
beschrieben wurden. Entweder brachte der Gott Thot in Gestalt eines
Ibis den Toten auf die andere Seite oder ein Dämon setzte den Toten
in einer Barke über. Zuvor musste man sich aber einer gründlichen
Befragung des Fährmanns über jeden Teil des Bootes unterziehen. Bei
dieser Befragung musste der Tote den Namen jedes gefragten Objektes
nennen. War die Seele nun auf der anderen Seite angekommen, fand sie
sich im Königreich des Osiris wieder, wo sie sich Osiris und seinen
Richtern stellen musste. |
Hatte die Seele diese letzte Prüfung bestanden und war für würdig befunden worden, begann die Seele ihr Leben außerhalb ihres Grabes. Den Tag verlebte sie in ihrem Grab, wo sie Opferdienste mit Nahrung versorgten. Ging die Sonne im Westen unter und die Nacht begann, so nahm sie ihren Platz in der Sonnenbarke ein, um mit ihr in der Unterwelt umherzufahren. Während dieser zwölfstündigen Fahrt war es der Seele möglich, die Sonnenbarke anzuhalten, um ein- oder auszusteigen. Am liebsten verbrachte die Seele die Nachtstunden im Reich des Osiris, im Iaru-Gefilde. Bei Sonnenaufgang kehrte sie wieder in ihr Grab zurück. Für die Seele war es weiterhin wichtig, ihre Familie und Freunde besuchen zu können. Hier spricht man vom "Herausgehen des Tages". In einer Inschrift wird zur Seele gesagt: |
"Eilig öffnest du die
Türen der Unterwelt und du besuchst deinen Wohnort der Lebenden, wo du Gesänge und Musik hören wirst. |
Das Kapitel 17 des Totenbuches nennt Formeln, um in den "Schönen Amenti" ein- und wieder auszutreten und sein Text erklärt, das bei Tageslicht die Seele jede beliebige Erscheinungsform annehmen könne. |
Das Totengericht |
Auf dem Weg zu den Richtern passierte die Seele zunächst die Schwelle zur "Halle der beiden Gerechtigkeiten" Um aber diese Schwelle übertreten zu können, musste sich der Verstorbene einer weiteren Prüfung unterziehen: |
"Ich lasse dich nicht bei mir eintreten", sagt das Tor, "wenn du mir nicht meinen Namen nennst." "Das Lot an der richtigen Stelle der Waagschale ist dein Name." "Ich lasse dich nicht bei mir eintreten", sagt der rechte Pfosten des Tores, "wenn du mir nicht meinen Namen nennst." "Waagschale, mit der Wahrheit und Gerechtigkeit gewogen werden, ist dein Name." "Ich lasse dich nicht bei mir eintreten", sagt der linke Pfosten des Tores, "wenn du mir nicht meinen Namen nennst." "Richter aller Dinge ist dein Name." "Ich lasse dich nicht über mich schreiten", sagt die Schwelle des Tores, "wenn du mir nicht meinen Namen nennst." "Ochse des Geb ist dein Name." "Ich werde dir nicht öffnen", sagt der Riegel des Tores, "wenn du mir nicht meinen Namen nennst". "Fleisch seiner Mutter ist dein Name". "Ich werde dir nicht öffnen", sagt das Schloss des Tores, "wenn du mir nicht meinen Namen nennst." "Das Lebensauge des Sobek, Herrn von Bachu, ist dein Name." "Ich werde dir nicht öffnen", sagt der Türhüter des Tores, "wenn du mir nicht meinen Namen nennst." "Arm des Schu zum Schutze des Osiris ist dein Name." "Wir lassen dich nicht bei uns eintreten", sagen die Querstreben des Tores, "wenn du uns nicht unseren Namen nennst." "Kinder der Schlange Renenutet ist euer Name." "Du sollst nicht auf mich treten", sagt der Fußboden der Halle, "wenn du mir nicht meinen Namen nennst." "Ich bin still, ich bin rein." "Du kennst die Namen deiner Füße nicht, mit denen du auf mich trittst. So nenne sie mir." "... eingeführt vor Min ist der Name meines rechten Fußes und Trauer der Nephthys der Name meines linken Fußes." "... so tritt auf uns, da du uns kennst." |
Wägung des Herzen aus dem Totenbuch des
königlichen Schreibers Hunefer (um 1285 v. Ch.)
War diese Prüfung überstanden, so wurde die Seele von Anubis in Empfang genommen und dieser führte sie an der Hand in die Halle, die auch in der ägyptischen Malerei oft dargestellt ist. In der Mitte der Halle befindet sich die Waage der Gerechtigkeit, auf der im Anschluss das Herz des Verstorbenen gegen die Feder der Maar gewogen wird. Osiris, oberster Richter sitzt unter einem Baldachin, zu seiner Linken und Rechten Isis und Nephthys. Vor ihm hocken 42 weitere Richter. Thot steht in der Nähe der Waage, bereit das Urteil auf einer Schreibtafel festzuhalten. Anubis steht nun wieder an der Waage, wo er das Gewicht am Balken der Waage führt. Nun beginnt die Rechtfertigung des Verstorbenen vor dem Totengericht. Sind seine Worte wahr, bleibt das Herz, das nicht lügt, in Gleichgewicht mit der Feder der Maat, wenn nicht, wird es mit dem Gewicht der Sünden des Verstorbenen beladen. Sollte das Gewicht der Sünden größer sein als das der Gerechtigkeit, so stürzte sich ein dämonenartiges Monster, welches als "Ammit" - die Verschlingerin - bezeichnet wurde, auf die Seele, um sie zu verschlingen und zu vernichten. Hat der Verstorbene aber nicht gelogen und blieb sein Herz im Gleichgewicht mit der Feder der Maat, so war er "gerecht an Stimme" und Osiris höchstpersönlich öffnete ihm den Eingang ins Paradies. Des weiteren wurde dem Verstorbenen nun das Herz zurückgegeben.
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"Oh mein Herz, das
ich auf Erden besaß ... sprich dich nicht |
Jenseitsliteratur |
Jenseitsbücher oder auch Jenseitsliteratur werden Schriften genannt, die von den Toten und dem Jenseits handeln. Sie können auf Grabwänden, Sarkophagen, Stelen oder auf Papyri geschrieben sein. Für die Alten Ägypter besaßen diese Texte eine magische Kraft, die den Toten anleiteten und ihn bei seiner Reise ins Jenseits schützten. Die ältesten Totenschriften sind die Pyramidentexte. Die ersten davon fand man in der Pyramide des Unas aus der 5. Dynastie. Danach folgten die Sargtexte und einige Kapitel des Totenbuches, die man als Formelsammlungen bezeichnen könnte. Des Weiteren gab es sog. Karten des Jenseits, das waren erst das Zweiwegebuch und später das Amduat, das Pfortenbuch, das Buch der Nacht, das Buch vom Tage und das Höhlenbuch. In der Spätzeit wurden die üblichen Texte um das Erste Buch des Atmens und das Zweite Buch des Atmens erweitert. Zu weiterer Jenseitsliteratur gehören auch die Begräbnisrituale, das Ritual der Mundöffnung, das Sokar-Ritual und die Gesänge der Isis und der Nephthys Amduat Das Buch "Von dem, was in der Unterwelt ist" wurde von den Ägyptern "Schrift der Verborgenen Kammer" genannt. Es ist das früheste Werk, das ausführlich die Reise des Sonnengottes durch die den zwölf Nachtstunden entsprechenden zwölf Abteilungen der Unterwelt beschreibt. Vollständige Abschriften in den Gräbern von Thutmosis III. und Amun-Hotep II. Auszüge aus diesen Büchern findet man in den meisten anderen Gräbern auch. Litanei des Re Die aus der 18. Dynastie stammende zweiteilige Sonnenlitanei feiert den Gott Re in 75 verschiedene Gestalten und preist obendrein den mit dieser und anderen Gottheiten vereinten Pharao. Als erstes erschienen diese Werke in der Grabkammer von Thutmosis III. dann wurden sie auch ab Sethos I. verwendet. Buch der Tore Dieses Buch wurde manchmal auch als "Pfortenbuch" bezeichnet und tauchte erstmals in der 18. Dynastie auf. Sein Name bezieht sich auf die zwölf Tore, welche die Stunden der Nacht voneinander trennen. man findet die vollständige Version des Buches in dem Grab von Ramses IV. und auf dem Alabastersarkophag von Sethos I. Totenbuch Von den Ägyptern wurde es "Buch des Heraustretens bei Tage" genannt. Es stellt eine Sammlung von Zauberformeln dar, die aus den älteren Sarg- und Pyramidentexten stammen. Zuerst wurden Auszüge daraus in den Gräbern von Bürgerlichen verwandt, wurden aber auch in den Vorhallen vieler Ramessiden-Gräber angebracht. Buch der Höhlen Hier wird die Unterwelt als eine Abfolge von Gruben oder Höhlen dargestellt. Über diese bewegt sich der Sonnengott hinweg. Mit großem Nachdruck wird größtenteils von Belohnungen und Strafen im Jenseits und von der Vernichtung der Feinde des Sonnengottes gesprochen. Es wurde gelegentlich in den oberen Bereichen späterer Gräber angebracht und im Grab von Ramses VI. findet sich auch eine vollständige Version dieses Buches. Bücher des Himmels Diese Texte wurden in der Spätzeit des Reiches verfasst und beschreiben den Weg der Sonne über den Himmel. Am bekanntesten sind diese drei Bücher daraus: "Buch des Tages" - "Buch der Nacht" - "Buch der Himmelskuh". Man findet sie in verschiedenen Ramessiden-Gräbern und einige Passagen der Bücher auch im Grab Ramses VI. Buch der Erde Dieses Werk erzählt von der nächtlichen Reise der Sonne durch die Unterwelt in vier Teilen. Dieses Buch taucht wiederum in einigen späten Ramessiden-Gräbern auf.
Das Totenbuch an sich kannte insgesamt ca. 200 Sprüche, die meist aber nie komplett in einem einzigen Totenbuch aufgeführt wurden. Der Auftraggeber suchte sich seinen Wünschen entsprechende Spruchformeln aus und ließ sie zu seinem Totenbuch zusammenstellen. Mit Sicherheit spielten hierbei die finanziellen Mitteln derjenigen Person eine große Rolle. Je mehr Zahlmittel = mehr Sprüche und Illustrationen. Für gewöhnlich wurden die Sprüche auf ca. 48 cm breite Papyrusrollen geschrieben. Die längste einer solchen Papyrusrolle, die man bis jetzt gefunden hat, misst ganze 41 Meter. Während der Bestattung wurde die Papyri auf die Mumie oder in deren unmittelbaren Nähe niedergelegt. Wie oben schon aufgezählt, entwickelten sich aus den Pyramidentexten die Sargtexte. Diese Texte wurden auf die Innen- und die Außenseite des Sarges geschrieben. Diese Totenliteratur war besonders im Mittleren Reich sehr beliebt. Das sich daraus entwickelnde Totenbuch tauchte dann erstmals im Neuen Reich auf. Hier beschäftigten sich die Texte größtenteils mit dem Reich des Osiris. Da gibt es u. a. Sprüche, die die körperliche Unversehrtheit betreffen, wie z. Bsp. den "Spruch, um nicht kopfüber zu gehen ins Reich der Toten". Die magische Kraft der Sprüche beruhte zum größten Teil auf dem Wissen um einen bestimmten Namen einer Gottheit, eines Wächters oder anderem. (siehe Kasten oben) |
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Mit den auf den Sarg gemalten Augen sollte der Verstorbene aus dem Sarg herausschauen können; Mittleres Reich | Vignette im Buch der Zwei Wege vom Sarg des Oberarztes Gua aus der 12. Dynastie |
Für die Handwerker, die diese Totenbücher schrieben und bemalten war das Anfertigen ein einträgliches Geschärft. Die Handschriften wurden in Hieroglyphen, in hieratischer oder später in demotischer Schrift geschrieben. Die Bilder, die sie enthielten werden heute Vignetten genannt. Sie konnten bunt aber auch nur schwarz-weiß gestaltet sein. Jedoch wurden die Bebilderungen von einem anderen vorgenommen, als die Beschriftung der Papyri. So konnte es natürlich zu unterschiedlichen Qualitäten kommen, die Vignetten konnten hervorragend sein, wogegen die Beschriftung doch schon zu wünschen übrig ließ. Natürlich auch im umgekehrten Fall ;o) Im Normalfall wurde ein Totenbuch vom Auftraggeber individuell zusammengestellt, aber es konnten auch vorkommen, das Schriften schon vorgefertigt waren und nur noch der Name der betreffenden Person in entsprechende Freiräume eingesetzt werden musste. |
Der Grabkult |
Da man glaubte, der Tote brauche im Jenseits auch Fürsorge, begannen die Ägypter schon früh in ihrem Leben, sich sorgfältig auf diese spätere Existenz vorzubereiten. Dafür war nicht nur der Kauf und Erwerb von den Grabbeigaben wichtig, sondern man musste sich auch um den späteren Grabkult, der den Namen des Verstorbenen bei den Lebenden erhalten sollte, kümmern. Dieser forderte rituelle Handlungen, Hymnen und Gebete und auch Opfergaben. Priester sollten dann die Rituale vollziehen. Diese Priester, die sich um den Verstorbenen "kümmern" sollten, hießen "Ka-Priester" oder auch "Diener der Ka-Seele" und die Anzahl dieser hing von den finanziellen Verhältnissen des Stifters ab. Idealerweise übernahm der älteste Sohn bzw. der Erbberechtigte diese Aufgabe. Andere Familienmitglieder konnten auch Aufgaben übernehmen, so das der Kult Beschäftigung und finanzielle Sicherheit für die Nachkommen bedeutete. Die Grabkulte des Adels waren dagegen umfangreicher, mit vielen Priestern, die durch einen Vertrag an ihre Arbeit gebunden waren. Die Mittel stammten aus "Totenländereien". Das war Ackerland, das nicht nur die Finanzierung des Kultes sicherte sondern auch für die nötigen Opferspeisen sorgte. Mit der Zeit wurden die Grabkulte aber eingestellt, weil entweder die Familie ausgestorben war oder aus Mangel an Ka-Priestern. Um aber das Weiterleben des Toten im Jenseits sichern zu können, wurden später an Stelle der echten Opfergaben, diese in der Grabkapelle oder auf den Inschriften neben dem Altar schriftlich oder malerisch festgehalten. Die prächtigen Malerein in den Gräbern sollten auch eine Vielzahl von Besuchern anlocken, die dann sozusagen indirekt die Stelle der Ka-Priester einnahmen, indem sie einfach Gebete zu Gunsten des Verstorbenen aufsagten und auch manchmal Opfergaben mitbrachten. So konnte der Kult weitergeführt werden und das Weiterleben des Verstorbenen war gesichert. |
Kommunikation mit den
Toten |
Da man glaubte, der Verstorbene würde durch seine Rechtfertigung vor Osiris zwischen den lebenden Verwandten und Göttern vermitteln, wurden verschieden größere und kleinere Bitten an den Verstorbenen gerichtet. Eine kleine Anzahl dieser Bittgesuche ist erhalten geblieben; es gab sie vom Alten Reich bis hinein in die Spätzeit. Diese Texte wurden immer in Briefform verfasst und auf Leinen, Tongefäßen oder Papyri niedergeschrieben. Auch der Absender und der Empfänger wurden vermerkt. Man begann immer mit einer höflichen Grußformel, z. Bsp: |
Nachricht von Merirtyfy an Nebetiotef: Wie geht es Dir? Ist im Westen alles nach Deinem Wunsch? |
Brief an Verwandten, geschrieben in hieratischer Schrift,
die Schüssel enthielt Speisen und wurde im Grab zurückgelassen
Im Grab hinterlegt, wurden die Briefe meist auf Schüsseln geschrieben, die mit Opferspeisen gefüllt waren. In allen Fällen soll der Tote sich für den Verfasser einsetzen, ob nun gegen Geister oder andere Sachen. Dabei wurde mit besorgtem eindringlichem oder sogar empörten Tonfall nicht gespart. Die Briefe an die Toten handelten meist von Themen wie Familienbesitz und Erbe, persönlicher Schuld, Fruchtbarkeit der Ehefrauen oder Töchter und auch von Heimsuchung durch Geister. |