Opium fürs Volk

 

Magie und Zauberei

Schon Clemens von Alexandria hat im 3. nachchristlichen Jahrhundert geschrieben, Ägypten sei die "Mutter der Zauberer". Aber auch heute noch wird Ägypten als ein Ort der Magie und des Mystizismus angesehen. Wenn die Alten Ägypter von Magie sprachen, so war hier die Rede von "heka", womit sie die Energie oder den Katalysator, die bzw. der Schöpfung oder Erschaffung ermöglichte. Im ägyptischen Schöpfungsmythos wurde "heka" mit mit dem göttlichen Wissen "Sia" und mit der göttlichen Äußerung "hu" assoziiert. "Heka" galt weder als gut oder als böse, es konnte vielmehr in beide Richtungen gelenkt werden, je nachdem, was der "Anwender" bewirken wollte. Den Begriff "Zauberei" oder "Bannspruch" benannten die Ägypter mit dem Wort "Akhu", und auch dieses konnte in beide Richtungen wirken. Die Fähigkeit, Rituale mittels "Heka" durchzuführen, besaßen nur bestimmte Mitglieder einer Dorfgemeinschaft. Man glaubte, das manche Menschen diese Kraft von sich aus - also schon von Geburt an - besaßen oder sie sie in gewissen Perioden ihres Lebens gewannen.

 

Die Energie "heka" wurde auch in einem Gott namens Heka personifiziert, welcher gekreuzte Schlangen vor sich hielt. In den Tempeln von Memphis, Heliopolis und in Esna wurde er als zweitrangige Gottheit verehrt, besaß aber sonst kein bedeutendes Kultzentrum. Aus verschiedenen Inschriften weiss man heute von seiner Verehrung, die man ihm entgegenbrachte, so beschreiben ihn Sargtexte aus dem Mittleren Reich als "den einzigartigen Herrn, der gemacht wurde, bevor die Dualität geworden war", während es in einer römisch-griechischen Inschrift im Tempel von Esna heisst: "Herr der Orakel, Herr der Wunder, der vorhersagt, was geschehen wird".
Zu diesem Gott hat es auch ein weibliches Gegenstück gegeben. Dies war eine Göttin namens "Weret Hekau" - "Die große Zauberin" in der Gestalt einer Kobra. Wahrscheinlich wurden aus diesem Grund auch die Stäbe, die Magier benutzten, schlangenförmig gestaltet, um diese Göttin zu symbolisieren.
zeichnerische Darstellung des Gottes Heka mit den zwei gekreuzten Schlangenstäben

Zaubersprüche sollten Gefahren, wie etwa durch Schlangen oder Skorpione, abwenden, vor Krankheiten schützen und natürlich auch Krankheiten heilen, und vor allem sollten sie bei Problemen bezüglich Unfruchtbarkeit, Schwangerschaft und Geburt helfen. Im Bereich der Magie herrschte ebenso wie auch im Totenglauben ein fester Glaube an die schöpferische Kraft von Wort und Bild. Deshalb war das Wissen von Namen der betroffenen Personen zur Ausübung von Magie von essenzieller Bedeutung. Ein anderer Aspekt der altägyptischen Magie war die sympathetische Magie. Das heisst, wenn man Personen mit bestimmten Gottheiten gleichsetzte, konnte man sie vor den Gefahren schützen, denen eben diese Gottheiten ebenfalls entronnen waren. So lebte zum Beispiel Horus als Knabe in den Sümpfen des Deltas und war dort ständig in Gefahr, von Schlangen und Skorpionen vergiftet zu werden, hat aber überlebt. Setzt man nun eine Person mit Horus gleich, so war auch sie lt. den Alten Ägyptern vor Schlangenbissen und Skorpionstichen geschützt.

In jeder Gemeinschaft gab es zumindestens eine weise Person, an die man sich in Zeiten der Not und bei Problemen wenden konnte. Meisten ging ein solch geheimes Wissen, welches diese Personen besaßen, vom Vater auf den Sohn bzw. von der Mutter auf die Tochter über. Heute liest man im altägyptischen Wort "Hekau" den Begriff Zauberer oder Magier. Auch der Titel "Herj Seschta" gilt als ein Titel, der mit Zauberei verbunden war. Übersetzt heisst er soviel wie "Herr der Mysterien oder Geheimnisse". Im Ramesseum wurde eine Holzkiste aus dem Mittleren Reich gefunden, auf der dieser Titel geschrieben war. Vermutlich gehörte sie zu diversen anderen Gegenständen, die offenbar zur Zauberei verwendet wurden. Zu den anderen Sachen gehörten u. a. Papyri mit Sprüchen und religiösen Texten, ein Schlangenstab aus Bronze, eine hölzerne Frauenfigur mit einer Maske von Beset, eine weibliche Fruchtbarkeitsfigur, ein Klöppel aus Elfenbein und ein Teil einer Wünschelrute.
weibliche Figur aus Holz mit Schlangenstäben in den Händen, unklar ist, ob es sich um eine löwengestaltige Gottheit oder um eine Frau mit einer Löwenmaske handelt; gefunden im Ramesseum
Der Priester, dem diese Dinge offensichtlich gehörten, könnte ein Vorlesepriester gewesen sein, zu dessen Aufgaben das Rezitieren von Sprüchen im Tempel, bei Einbalsamierungen und bei Beerdigungen gehörte.
Eine andere wichtige Person war der "Saw", dessen Funktion allerdings nicht gesichert ist. Wahrscheinlich leitet sich dieses Wort vom altägyptischen "sa" ab, welches soviel wie Schutz oder Amulett bedeutet. Deshalb wird der "Saw" heute auch gern als "Amulettmann" übersetzt. Zu seinen Aufgaben könnte es gehört haben, Amulette herzustellen, oder auch schon von Handwerkern gefertigte Amulette durch Rituale magische Kraft und Bedeutung sowie übernatürliche Kräfte zu verleihen.

Ein weiterer Titel, der ausschließlich von Frauen geführt wurde, war "Rekhet" - Die Wissende. Diese Frauen galten als Medien, die mit der Geisterwelt Verbindung aufnehmen konnten. Wenn also jemand glaubte, er leide unter den Angriffen eines verstorbenen Verwandten, so wandte er sich an eine Rekhet. Diese stellte dann fest, mit was der Verstorbene besänftigt werden konnte.
Andere Personen, die Magie benutzten, waren der "Khrep Selket" - Der Macht hat über die Skorpione, also einen Menschen, der vor Skorpionen aber auch Schlangen schützen konnte und auch solche Verletzungen heilen sollte. Dann gab es noch den "Sunu", welcher ein Arzt war, der sowohl medizinische als auch magische Heilmittel verschrieb.

 

Hausgötter
Zu den Hausgöttern zählen solche Götter, die eng mit dem Schutz von Haus, Familie und vor allem mit dem Schutz von Frauen und Kindern in Zusammenhang standen. Hier vertrauten die Alten Ägypter vor allem auf die nilpferdgestaltige Thoeris und den zwergenhaften Bes. Diese beiden Gottheiten besaßen zwar keine eigenen Tempel wie etwa die großen Götter Ptah oder Amun, aber sie besaßen einen festen Platz in den Heimen und Herzen der Alten Ägypter. Obwohl Bes und Thoeris durchaus als friedfertig anzusehen waren, waren sie dennoch nicht zu unterschätzen. Bei Bedarf konnten sie durchaus grimmige, mit gefletschten Zähnen und heraushängender Zunge, Gesichtszüge annehmen, wodurch sie Unheil abwehrten und böse Einflüsse fern hielten. Von Bes glaubte man ausserdem, er könne Schlangen vom Haus fern halten.

 

diese auf einer Fayenceschale abgebildete Lautenspielerin trägt auf dem Oberschenkel eine Tätowierung des Schutzgottes Bes; 18. Dynastie
Dieser Toilettenartikel - wahrscheinlich eine Palette, die Augenschmicke oder Salben enthielt, zeigt im unteren Teil desn Gott Bes und in den beiden oberen Vertiefungen fliegende Enten, wahrscheinlich hatte eine Ente auf einem Kosmetikbehälter eine erotische Bedeutung

Durch die Vielzahl von Amuletten in der Gestalt der Götter ist belegt, das die beiden tatsächlich ungeheuer populär beim Volk gewesen sind. Auch auf Möbeln, Musikinstrumenten, Keramik und anderen Gefäßen finden sich immer wieder Zeichnungen und Abbildungen von Bes bzw. Thoeris. So wurde ein Gefäß aus Fayence gefunden, welches die Form der Thoeris hat, deren Brustwarze als Ausgießer gestaltet war. Im Zusammenahng mit ihrer Beschützerrolle von Schwangeren und Babies kann man davon ausgehen, das dieses Gefäß für die Muttermilch gedacht war. Beliebt waren Abbildungen auch auf den Kopfstützen, wahrscheinlich um Alpträume und nächtliche Geister fern zu halten. Interessant ist auch, das sich Sängerinnen und Musikerinnen Bes auf den Oberschenkel tätowieren ließen.
Welch große Bedeutung diese beiden Schutzgottheiten für das gemeine Volk Ägyptens darstellte, zeigt sich besonders in der Regierungszeit Echnatons. Bekanntlich gab es für ihn nur den Aton. Somit schwor er allen anderen Gottheiten, also auch Bes und Thoeris, ab. Dies verlangte er auch von seinem Volk. Dennoch hielt sich das Volk nicht an dieses Gebot, wie zahlreiche Amulette und Figurinen, die in den Häusern von Amarna gefunden wurden, beweisen. Dies beweist das ungebrochene Vertrauen der Normalsterblichen auf die Gottheiten, die in ihrem Leben eine unmittelbare Bedeutung hatten.

 

Ritualgegenstände

Im Zuge archäologischer Ausgrabungen wurden zahlreiche Gegenstände gefunden, deren Zweck oder symbolischer Wert bei den vielfältigen Ritualen der Alten Ägypter wohl ungewiss bleiben wird. Rituale wurden zu Hause, an Schreinen und an Grabstätten vollzogen, bei denen man Stäbe, Amulette, Votivobjekte, Zeremonialgefäße und eine Reihe weiterer Artefakte benutzte.

Im frühen 20. Jahrhundert wurden zahlreiche weibliche Figurinen ausgegraben, die damals als "Konkubinenfiguren" identifiziert wurden. Sie wurden als Grabbeigaben mitgegeben und sollten dem Verstorbenen im Jenseits zu Diensten sein. Diese frühe Aussage musste allerdings revidiert werden, denn neueste Forschungen haben ergeben, das sich eine noch größere Anzahl dieser Figuren im Umfeld von Tempeln und Privatgebäuden befand. Dieser Umstand bedeutet, das diese Objekte öfter als Ritualobjekt der Lebenden als der Toten waren. In der Regel waren diese Figuren aus Ton, Holz oder Fayence gefertigt und bei deren Herstellung wurde besonders auf die Region des Unterleibes und in geringerem Maße auch auf die Brüste geachtet. Sie wurden womöglich von Frauen geopfert, die kein Kind empfingen und so um die Hilfe der Götter baten. Weitere Hinweise auf private Fruchtbarkeitsriten fanden sich unter der Treppe eines Hauses in Achet-Aton (Tell el-Amarna). Dort wurde ein Versteck mit Votivmaterialien entdeckt, welches unter anderem eine Stele mit einer Frau und einem Kind zeigt, die die Göttin Thoeris anbeten, des weiteren zwei zerbrochene weibliche Figurinen und zwei Modelle von Betten. Man ist sich heute nicht sicher, ob diese Sachen dort versteckt wurden oder ob sich an dem Fundort der private Hausschrein befand.

Ein weiterer Typ von magischen Statuetten waren die sogenannten "Verwünschungsfiguren". Sie stellten meist eine grob gearbeitete Tonfigur eines Gefesselten dar, in den häufig ein Fluch gegen einen namentlich genannten fremden Herrscher , eine Gruppe von Menschen oder ein bestimmter Ort eingraviert war. Hierbei war die Nennung des Namens unerläßlich. Die Figur wurde dann im Rahmen eines Verwünschungsrituals zertrümmert, um so zum Bsp. die Macht des fremden Herrschers zu zertrümmern.
Als Ritualgegenstände gelten auch manche Gefäße, die zum Beispiel in Gestalt einer schwangeren oder stillenden Frau gefertigt waren. Auch Töpfe in Form von Schwangeren wurden entdeckt. Die meisten hiervon stammen aus der 18. Dynastie und sind aus Alabaster gefertigt. Meistens enthielten diese Gefäße Öl, welches zur Linderung von Schwangerschaftsstreifen benutzt wurde. Aber die Töpfe selbst besaßen auch eine magisch-sympathetische Bedeutung.

Einige dieser entdeckten Töpfe waren mit aufgemalten Tampons dekoriert. (Anm.: Diese Tampons wurden zur Verhütung einer Fehlgeburt benutzt).Dementsprechend sollte das Gefäß bzw. der Topf die Schwangere vor einer einer Fehlgeburt gewährleisten. Muttermilch in einem ebenfalls "magischen" Gefäß aufbewahrt, war ein weiterer wichtiger Bestandteil einiger Zauber und Heilmittel, da man der Muttermilch magische Kraft zusprach.

 

Manchmal wurden Zaubersprüche auch direkt auf die Ritualobjekte geschrieben. So wie bei diesem Beispiel - dem Stelentyp "Cippi des Horus". Diese Objekte stammen aus der Zeit zwischen 1400 - 200 n. Ch. und sind aus Holz oder Stein gefertigt worden. Der Hauptbestandteil diese Objektes, war die plastische Darstellung des Gottes Horus als Kind, der über eine Reihe gefährlicher Tiere wie Krokodile, Schlangen und Skorpione triumphiert. Über Hours wurde häufig Bes abgebildet. Wahrscheinlich war dieser rituelle Gegenstand dafür da, Flüssigkeiten, die man über die Stele goß, auf diese Art und Weise mit heilenden und magischen Kräften zu versehen. Anschließend wurde die Flüssigkeit, beispielsweise Wasser, getrunken oder äußerlich zur Heilung von Verwundungen oder Krankheiten angewendet.
Heilstatuette, die eine Horus Der Cippi-Stele trägt, sie ist ausserdem komplett mit magischen Texten beschrieben; Ptolemäerzeit

Es ist kaum zu glauben, aber, wie die nachfolgenden Abbildungen zeigen, tatsächlich wahr - Die Zauberer bzw. Magier der Alten Ägypter benutzten schon Zauberstäbe. Diese waren der kostbarste Besitz eines jeden "Herrn der Geheimnisse". Heute sind uns drei verschiedene Typen von solchen Stäben bekannt. Es gab schlangenförmige Stäbe, unheilabwehrende Stäbe und die Wünschelruten. Die Schlangenstäbe bestanden meist aus Bronze und repräsentierten wohl die Schlangengöttin Weret Hekau (siehe oben). Die Unheil abwehrenden Stäbe waren gebogen und konnten aus Kalkspat, Fayence oder Ebenholz, aber meistens aus Nilpferd-Elfenbein gefertigt sein. 150 solcher Stäbe fand man, die aus der Ersten Zwischenzeit stammen. Die Stäbe schmücken seltsame Darstellungen von tanzenden Pavianen, Schlangen ausatmenden Löwen, geflügelten Vierfüßern, menschenköpfigen, geflügelten Schlangen und Sonnenscheiben mit Beinen. Weniger ungewöhnliche Abbildungen auf diesen Stäben konnten Geier, Nilpferde, Frösche, Krokodile und auch schützende Sa- und Udjataugen-Amulette sein. Als weitere Verzierungen hatten manche Stäbe an einem Ende auch einen Leopardenkopf. Die zum Thema passenden Inschriften zeigen, das solche Stäbe häufig zum Schutz von Frauen und Kindern dienten, vor allem bei Geburten und in der frühen Kindheit. Wie man nun genau solche Zauberstäbe benutzt hat, ist heute noch ziemlich unklar.

oben: gewundener Schlangenstab, gefunden in in einem Grab in Theben-West, wo er, in Haare eingeflochten, entdeckt wurde
unten: Unheil abwehrender Stab aus Elfenbein, auf der Rückseite ist ein Versprechen eingraviert, die Herrin des Hauses, Seneb, zu beschützen


Wie schon gesagt, gab es auch die sog. Wünschelruten, die man vor allem aus dem Mittleren Reich und der 1. Zwischenzeit gefunden hat. Diese Exemplare bestehen aus poliertem Stein, zeigen Frösche, Schildkröten, Paviane, Krokodile, Katzen, aber auch Lampen und diverse Schutzamulette. Durch diese abgebildeten Tierdarstellungen versuchte man wahrscheinlich, diese dargestellten Tiere zu beherschen und auch, um über missgünstige Geister und Dämonen zu gebieten.

hohler Zauberstab, der auf der oberseite mit Fröschen, Löwen, Krokodilen und einer
Schildkröte (mitte) geschmückt ist

 

Negatives

Heute weiss man, das es schon damals gewisse Tabus für das Volk gab und ganz besonders für bestimmte Personengruppen. Solche Tabus waren vor allem mit der Reinlichkeit in Zusammenhang zu bringen, die bei rituellen Handlungen unabdingbar war und speziell für die Priesterschaft galt. So durfte beispielsweise vor dem Betreten oder vor Dienstbeginn in einem Tempel kein sexueller Verkehr ausgeübt werden, das Verzehren gewisser Speisen war bei bestimmten Personengruppen offensichtlich Tabu. Es gab sogar schon ein ägyptisches Wort für Tabu = bwt (Hannig, Äg.-Deutsch; S. 251) Beispielsweise hieß "etwas tabuisiertes essen" = wnm bwt. So gab es ganz bestimmte Glücks- oder Unglückstage lt. einem Kalender, an denen es verboten war, bestimmte Sachen zu essen. In dem sog. Kairo-Kalender, der am ausführlichsten erhalten ist, ist als verbotene Speise am meisten der Fisch aufgeführt. In Fischen sah man anscheinend etwas Unreines. Das Wort für Stinken wurde auch mit einem Fisch geschrieben und das eben angeführte Wort für Tabu enthält ebenfalls die Hieroglyphe eines Fisches. Ein anderer negativer Aspekt des Fisches könnte darin gelegen haben, das nach Plutarchs Version des Osiris-Mythos der Penis des Osiris von einem Fisch gefressen wurde. Anscheinend durften die Priester und nicht einmal der Pharao selbst Fisch essen, weil dieser mit Seth assoziiert wurde. Im Ägyptischen Museum in Kairo gibt es eine Stele, die berichtet, das die meisten Fürsten aus dem Delta den königlichen Palast nicht betreten durften, weil sie nicht beschnitten waren und Fisch aßen, was "für den Palast ein Gräuel war".Trotzdem gab es in der Gegend des Faijum sogar einen heiligen Fisch und es gibt zudem zahlreiche Belege dafür, das Fisch auch gegessen wurde.

 

Andere Speisen, die zu bestimmten Zeiten Tabu waren, könnten Schweinefleisch, Bohnen, Salz und Zwiebeln gewesen sein. Was die Vermeidung von Schweinefleisch betrifft, so geht dies vermutlich auf eine Verbindung mit Seth zurück. Es ist aber anzunehmen, das Schweinefleisch während der gesamten ägyptischen Epoche gegesssen wurde, wenn auch weniger als
auf diesem Relief ist ein Schweinehirt abgebildet, der einem Ferkel aus seinem Mund Milch gibt, aus dem Grab des Kagemni; Sakkara
anderes Fleisch. In Amarna wurden Schweineställe und dazu gehörende Schlachtvorrichtungen gefunden und in Texten werden Schweine als landwirtschaftliche Produkte genannt. Ein anderer Grund, warum manche das Schweinefleisch doch nciht mochten, war wohl die Tatsache, das man es rasch verzehren musste, weil es sonst schwere Krankheiten verursachen konnte.

 

Prophetie
Im oben schon erwähnten Kairo-Kalender, wird, wie auch auf anderen altägyptischen Kalendern, jeder Tag entweder als Glücks- oder Unklückstag klassifiziert. Der Kairo-Kalender stammt übrigens aus der Zeit von Ramses II. Die jeweiligen Tage sind anscheinend nach Geschehnissen kategorisiert worden, die sich in mythischer Vorzeit ereignet hatten. So galt ein Tag, an dem zwei Götter miteinander kämpften als Unglückstag, während einer, an dem ein Gott eine erfolgreiche Reise unternommen hatte, als Glückstag galt. Neben dieser Einteilung in Glück bzw. Unglück gaben diese Kalender auch darüber Auskunft, ob an einem Tag ein Vorhaben sinnvoll war oder welcher Tag besonders für bestimmte Rituale geeignet war.
Die Grundlage für solche Kalender scheint ein religiöser Kalender der Feste der verschiedenen Götter und Göttinnen gewesen zu sein. Aber die Kalender waren möglicherweise auch das Resultat zahlreicher, über lange Zeit gesammelter Ereignisse, die dann entprechend kalendarisch geordnet wurden. Ein Beispiel besagt, das am 19. Tag des 2. Monats der Jahreszeit Achet Wein getrunken werden sollte,
Ausschnitt aus einem Kalender aus der 19. Dynastie, die Glückstage sind schwarz geschrieben, die Unglücktage mit roter Tinte geschrieben
anstatt des ansonsten üblichen Bieres. In der Mythologie wurde an diesem Tag das Balsamierungsöl für Osiris zubereitet.Das nächste Beispiel zeigt eine andere Art der Vorhersage. Verstorb jemand zum Beispiel am 6. Tag des 2. Monats der Jahreszeit Achet, so war wahrscheinlich Trunkenheit die Todesursache. Dieser Tag fiel zusammen mit einem lärmenden Fest der Götter und galt daher als "günstiger Sterbetag" ;o) Natürlich gab es auch für Neugeborene solche Vorhersagen an Hand des Kalenders. So war der 5. Tag des 2. Monats von Achet der Tag der Opfer an die Götter Month und Hedj-Hotep. Wurde ein Kind an einem solchen Tag geboren, so wurde ihm vorhersagt, das es einmal durch einen Geschlechtsakt zu Tode kommen würde. Ein Kind, welches am 10. Tag dieses Monats geboren wurde, würde ganz normal an Altersschwäche sterben. Herodot schrieb über diese Vorhersagen folgendes;

 

"Die Ägypter haben festgestellt, welchem Gott jeder Monat und Tag heilig ist, und deshalb können sie anhand des Geburtstages eines Kindes vorhersagen, welches sein Schicksal sein wird, wie es seine Tage beenden wird und welche Persönlichkeiten sich aus ihm entwickeln können"

In gewisser Weise ähneln diese Vorhersagen über die Zukunft eines Menschen anhand des Geburtstages irgendwie den heutigen Horoskopen ;o)

Auch mit Hilfe von Träumen versuchten die Alten Ägypter die Zukunft vorherzusagen. Es wurde eine Textsammlung in Deir el-Medineh gefunden, die heute als "Traumbücher" bekannt ist. Diese Sammlung enthält Traumbilder und ihre Bedeutung für die Zukunft und ist tabellarisch aufgebaut. Hier ein Auszug:

"Wenn ein Mann im Traum sieht, wie er:
... in den Fluss eintaucht: gut: Dies bedeutet Reinigung von allem Bösem
... Krokodil isst: gut: Dies bedeutet, er handelt als Beamter in seinem Volk
... einen alten Mann bestattet: gut: Dies bedeutet Gedeihen
... sich selbst im Spiegel betrachtet: schlecht: Dies bedeutet eine andere Frau
... weiße Sandalen trägt: schlecht: Dies bedeutet, über der Erde zu wandern
... mit einer Frau schläft: schlecht: Dies bedeutet Trauer
... sein Bett Feuer fängt: schlecht: Dies bedeutet, er verstößt seine Frau"

Wer solche Traumbücher besaß, ob nur Priester oder Zauberer, kann man heute nicht sagen. Der Papyrus aus Deir el-Medineh gehörte dem Schreiber Qenherkhepshef. Es wurde in hieratischer Schrift verfasst und ist heute unter dem Namen Papyrus Chester Beatty bekannt. Sein Sprachstil, obwohl der Papyrus aus dem Neuen Reich stammt, ist eher Mittelägyptisch, so das es sich womöglich um eine Kopie eines Textes aus der 11. oder 12. Dynastie handeln könnte. Der besagte Schreiber besaß eine wahre Bibliothek an poetischen, literarischen und historischen Werke, Zaubersprüch und den schon o. g. Kalender.
Wie wir schon in diesem Kapitel lesen konnten, waren die Ägypter wirklich ein sehr abergläubisches Volk, welches ständig nach Schutz vor bösen Mächten suchte. So ist es auch nicht verwunderlich, das man damals vor Albträumen ziemlich Angst hatte. Und so "erfand" man unheilabwehrende Kopfstützen. Aber auch mittels Zaubersprüche schützte man sich vor bösen Träumen. So empfiehlt der Papyrus Chester Beatty nach dem Erwachen aus einem Albtraum einen Schutzzauber.

Kopfstütze aus dem Grab des Tut-Ankh-Amun, die Gestaltung der der äußeren Enden der Kopfstütze ist dem Gott Bes nachempfunden

Im 1. Jahrtausend v. Chr. wurde bei den Ägyptern die sog. Inkubation beliebt. Das heisst, das man eine Nacht in einem bestimmten Gebäude, also in einem Sanatorium oder Heilsanktuarium, welches sich im Inneren eines Tempelbezirks befand, schlief und dort auf hilfreiche oder heilende Träume hoffte. So wurde der Totentempel von Hatschepsut in Deir- el-Bahari eigens zu diesem Zweck umgebaut, das zwei Sanatorien entstanden, die zum einem dem Weisen Imhotep (z. Zt. des Djoser) und zum anderen Amun-Hotep, Sohn des Hapu (z. Zt. von Amun-Hotep III.) geweiht wurden. Aus der römischen Zeit ist eine Geschichte bekannt, die besagt, das die Frau von Setna sich ein Kind wünschte, dieser Wunsch ihr aber immer verwehrt blieb. So verbrachte auch sie eine Nacht in einem Sanktuarium und träumte davon, wie ihr ein Gott den Rat gibt, selbst ein Heilmittel zu brauen und es anschließend einzunehmen. Die Frau befolgt diesen göttlichen Rat, schläft mit ihrem Mann und wird wundersamer Weise schwanger. Es existieren viele solcher Berichte, die davon erzählen, wie jemandem ein Gott im Traum erscheint und so eine Entscheidung herbeigeführt oder gutgeheißen hat.

Eine andere Form der Zukunftsvorhersage war das Orakel. Aus der Zeit des Neuen Reiches stammen die ersten Belege dafür, das die Ägypter Orakel konsultiert hatten. Bei diesen Belegen handelt es sich um Papyri und zahlreiche Ostraka aus dem Arbeiterdorf Deir el-Medineh im Tal der Könige. Aus diesen Belegen geht hervor, das die Orakel meist an Feiertagen befragt wurden, an denen die Priester in einer Prozession die Kultstatue der Gottheit aus ihrem Schrein oder Tempel trugen. Hierbei wurde allerdings die Statue stets dem direkten Blick der Normalsterblichen entzogen.
Orakel wurden meist bei Streitigkeiten um Eigentum oder bezüglich Geschäften befragt. Sow ill ein Getreideeinkäufer wissen, wieviel Getreide er bekommen solle, da der Verkäufer im Ruf stand, die Verkaufsmenge hinterlisitg zu reduzieren. Auch bei Gericht wurden Orakel zu Rate gezogen. Ein Ostraka berichtet davon, wie einem Mann zwei Kleidungsstücke gestohlen wurden. Daraufhin wurden die Häuser der möglichen Diebe vor der Kultstatue Amun-Hotep I., die hier als Orakel fungierte, aufgezählt. Als schließlich der Name des Schreibers Amun-Nacht fiel, zeigte der Gott Zustimmung an. Nachdem man den Schreiber und seine Tochter vor GEricht gebracht hatte, stellte sich heraus, das die Tochter die Täterin war. Heute weiss man leider nicht mehr genau, wie solche Antworten der Orakel zu Stande gekommen sind. So könnte es sein, das die Statue von den Priestern vor- und zurückbewegt wurde. Der Spruch eines Orakels scheint aber nicht immer das letzte Wort gewesen zu sein. So konnte ein Bittsteller, dem die Antwort des Orakels nicht gefiel, durchaus auch noch andere Gottheiten konsultieren.