Tempel

 

Die Tempel waren in der ägyptischen Gesellschaft auf nationaler und lokaler Ebene eine große Kraft und spielten im Alten Ägypten eine große Rolle. Das altägyptische Wort für Tempel war "hwt-netjer" was so viel heisst wie "des Gottes Palast" oder "per-netjer", was "des gottes Haus" bedeutete. Der Tempel wurde als Modell des Ortes angesehen, an dem die Schöpfung stattgefunden hat.
Man unterscheidet zwei Arten von Tempeln: einmal die den örtlichen und im ganzen Land verehrten Göttern geweiht waren, und dann diejenigen, die dem Totenkult des Pharao galten. Außerdem gab es noch Sonnentempel für den Sonnenkult, Barkenstationen, wo die heilige Barke bei Prozessionen einen rituellen Halt machte, Geburtshäuser, die dem Schöpfungsmythos bestimmter Gottheiten geweiht waren und kleine Tempel und Schreine für lokale Gottheiten. Die Sonnentempel stammen aus der 5. Dynastie und waren dem Sonnengott Re gewidmet, hatten aber auch mit königlichen Begräbnissen zu tun. Aus Inschriften weiß man von insgesamt sechs solcher Tempel,


tatsächlich sind bis jetzt aber nur zwei gefunden worden. einer davon gehört zu Userkaf (um 2494 - 2487 v. Ch.) und der andere wurde für den König Niuserre 8um 2445 - 2421 v. Ch.) gebaut. Beide befinden sich nördlich von Abusir, ein Teil der Nekropole von Memphis). Der Sonnentempel des Niuserre enthält Überreste eines riesigen flachen Steinobelisken sowie einen riesigen Altar in der Form der vier Hieroglyphen für das Wort Opfergabe.
der außergewöhnliche Altar im Sonnentempel von Niuserre in Abu Gurab; er ist aus Kalzit und hat einen Durchmesser von 6 Metern

 

Frühere Tempel waren nicht mehr als kleine Lehmziegelwälle mit einem Schrein in der Mitte und Wimpeln auf langen Stangen. Daher stammt auch die flaggenartige Hieroglyphe für "Gott", ägyptisch "Neter". Der Übergang von Lehmziegelbauten zu Steinbauten vollzog sich im Alten Reich. Im Neuen Reich wurde anstatt Sandstein Kalkstein für den Bau von Tempeln benutzt.

Die berühmtesten Tempel gibt es in Karnak, Luxor und sogar an einigen Orten in Nubien und noch weiter südlich. Aus der griechisch-römischen Zeit blühte das architektonische Wissen an Orten wie Dendera, Esna, Edfu, Kom Ombo und Philae regelrecht auf.
An den meisten Tempeln ist heute leider nichts mehr von ihrer früheren Pracht erhalten geblieben. Einst schmückten die weißgetünchten Wände Tausende buntgemalte Hieroglyphen und Darstellungen von Opferszenen, Ritualen und Göttern. Diese Kunstwerke dienten allerdings nicht nur dekorativen Zwecken sondern hatten vor allem kultische Bedeutung.

 

Häuser der Götter  

Von den Tempeln aus dem Alten Reich ist kaum etwas erhalten geblieben. So ist z. Bsp. von Memphis, dem Kultort des Ptah und seinem eindrucksvollen Bezirk und Tempel nicht viel übrig geblieben. Das Fundament und Ruinen sind alles, was man sich dort noch anschauen kann. Das Neue Reich jedoch liefert uns bestes Material zum besseren Verständnis der ägyptischen Architektur und den Glaubensvorstellungen des Alten Volkes. Die größten Tempel in Oberägypten waren die in Karnak und in Luxor. Der Durchschnittsägypter kam leider nur in die äußeren Höfe und niemand außer den höchsten Priestern und natürlich der Pharao durften das innerste Heiligtum betreten. Außerhalb der Tempelmauern gab es jedoch kleine Bauten, die für die Gebete und Bitten der einfachen Bevölkerung gebaut worden waren.
die Ohren auf dieser Stele sorgten dafür, das der Gott die Gebete der Menschen auch erhörte

Die meisten Privathäuser hatten auch ihre eigenen kleinen Schreine und Kultaltäre, an denen sie dann Gebete an ihren Gott richten konnten. Wohlhabende Leute ließen auch Statuen in Auftrag geben, die dann im Inneren des Tempels aufgestellt wurden.Dadurch erhoffte sich der Stifter dann das Wohlwollen der Götter. Dabei entscheidend war, das der angebetete Gott die Gebete auch erhörte. Aus diesem Grund wurden zahlreiche Stelen, Wände und Säulen mit Ohren bemalt. Manche Stelen oder Statuen außerhalb des Tempels waren auch mit Zaubersprüchen versehen, so gegen Gefahren wie Skorpionstiche und Schlangenbisse.

 

Der Hauptzweck des Tempels war, die göttliche Ordnung der Schöpfung zu reflektieren und beizubehalten, dies wird auch in der Tempelarchitektur sichtbar. Zu jedem Tempel gehörte ein Prozessionsweg, welcher zum 1. Haupttor, dem so genannten 1. Pylon (griechisch für Tor) führte. Auf beiden Seiten dieses Eingangs standen hohe Fahnenmasten und riesige Statuen, die den König darstellten. An manchen der Eingänge standen auch ein oder zwei Obelisken. Trat man durch den Eingang, gelangte man in einen von Säulen umgebenen Innenhof, in das sog. Perystilium. Gegenüber der Rückwand des 1. Pylon befand sich ein kleinerer Eingang, der 2. Pylon, den nur Priester betreten durften. In seinem Inneren befanden sich die Lagerräume für Kultgegenstände und hier wurden die geheimen Rituale des Tempels vollzogen. Auf der anderen Seite des 2. Pylon befand sich der Hypostylsaal. Darunter versteht man einen großen Saal, dessen Dach von zahlreichen Säulenreihen getragen wurde. Am oberen Ende der Außenwände waren Schlitze angebracht, damit nur wenige Lichtstrahlen in das geheimnisvolle Dunkel dringen konnten. Natürlich, das, umso größer der Tempel war, es auch mehr Perystylien und Pylone gab. Schließlich, ganz im Inneren des Tempels, lag das Allerheiligste, in dem der Gott oder die Göttin wohnte und von den Priestern versorgt wurde. Die Gottheit selbst lebte in einer Statue, die in einem Schrein aus Stein oder Holz mit Holztüren stand. Das Wort hierfür war "Naos" welches aber aus dem Griechischen stammt und den Innersten Raum eines Tempels bezeichnet. Seit dem Neuen Reich hatte der Schrein oft die Form eines Bootes, so zum Beispiel im Horustempel von Edfu. Vom Eingang des Tempels bis zum allerheiligsten stieg der Boden leicht an, so das der Naos an der höchsten Stelle im Tempel stand und so den Urhügel darstellen sollte. Das Urwasser wurde dargestellt durch den heiligen See, an dem die Priester ihre Waschungen vornahmen.

 

1. Pylon

Hypostyl

Naos

Heiliger See

 

Ein ägyptischer Tempel war allerdings nicht nur religiöses Zentrum seiner Umgebung sondern war auch deren wirtschaftliches Zentrum. Er besaß seine eigene Anlegestelle, eigene Metzgereien, Brauerein, Bäckereien, die große Mengen an Nahrungsmitteln herstellten. Wenn man dem Papyrus Harris Glauben schenken kann, soll die Tempelanlage von Karnak zu Zeiten von Ramses III. 81.322 Menschen beschäftigt haben. Außerdem soll der Tempel 2.393 km² bewirtschaftetes Land, 433 Obstplantagen, 421.362 lebende Tiere, 65 Dörfer, 83 Dörfer sowie 46 Werkstätten besessen haben. Das was in der Umgebung des Tempels an Lebensmittel produziert wurde, traf früher oder später zum größten Teil als Opfergabe im Tempel ein. Durch diese Rückführung der Opfergaben konnte der Tempel einen Großteil der Bevölkerung mit Essen versorgen. Um so größer die Opfergabe, um so mehr erhoffte man sich natürlich vom Gott und um so größer sollte seine Güte sein. Die Nahrungsmittel, die dem Gott als Opferspeisen dargebracht wurden, wurden natürlich nicht von diesem gegessen. Nach einer gewissen Zeit gelangten diese Lebensmittel wieder in die Hände der Priester und somit auf deren Tisch, womit sie ihre Familien versorgten aber auch der Armen, die vor den Toren des Tempels saßen, gedachten.


Rekonstruktion von Karnak, so wie er um 600 v. Ch. einmal aussah

 

Als weiteren Institution diente der Tempel als eine Stätte des Lernens, in der junge Knaben unterrichtet wurden. Während des Neuen Reiches gab es in Theben mind. 2 Schulen. Eine davon war an den Tempel der Mut in Karnak angegliedert. die andere befand sich hinter dem Ramesseum, dem Totentempel von Ramses II. Man hat bei Ausgrabungen zwar noch keine dieser Gebäude finden können, aber ihre Existenz wird in antiken Texten beschrieben. Unter anderem waren die Tempel Aufbewahrungsorte für Aufzeichnungen und Akten aller Art. Diese waren auf Papyrusrollen niedergeschrieben, welche in abgeschlossenen Truhen aufbewahrt wurden.

 

Totentempel

Der Totentempel galt einzig und allein dem Kult des verstorbenen Pharaos. Obwohl der König während seiner Regierungszeit mehrere Bauvorhaben unterhielt, war der Bau einer Grabstätte und eines eigenen Totentempels das wichtigste Unternehmen. 

 



Totentempel des Mentuhotep II.



Der  Tempel der Hatschepsut

 

Die ältesten Totentempel liegen in Abydos und in Hierakonpolis sowie in Sakkara in Unterägypten. Eines der bedeutendsten und rätselhaftesten Bauwerke ist der Stufenpyramidenkomplex des Djoser aus der 3. Dynastie. Sein Totentempel ist eine ganze Anlage mit einer Mauer, die die Pyramide, die Ritualbauten und andere Gebäude umfasst. In der 11. Dynastie unter Mentuhotep II entstand eine neue Form des Totentempels. Er ließ im Herzen einer Bucht in den Felsen des thebanischen Westufers einen terrassenförmigen Tempel mit Zufahrtsrampen, Säulen in Gestalt des Osiris und einem Hügel darauf bauen. Den Höhepunkt erreichte die Totentempelarchitektur im Neuen Reich. Während der 18. Dynastie wurde der Tote nicht mehr in der Nähe des Totentempels begraben, um ihre Gräber vor Grabräubern zu schützen. Unter den bemerkenswerten Tempeln in Theben finden wir den Tempel der Königin Hatschepsut in Deir-El-Bahari, den Totentempel von Amenhotep III, das sog. "Ramesseum" von Ramses II. und den großen Tempel in Medinet Habu von Ramses III. Die meisten dieser Bauten ahmten die Tempel der Götter nach, indem man riesige Pylonen (Eingangstore), gefolgt von mehreren Höfen und Säulenhallen anlegte.