Schreiber und Gelehrte

 

Das Handwerkszeug eines Schreibers

Das, was ein Schreiber am allermeisten für die Ausübung seines Berufes brauchte, war seine Palette, ein schmales rechteckiges Stück Holz, mit einer langen Vertiefung versehen, in der die Schreibbinsen lagen und zwei runden Vertiefungen zum Anrühren der Farbe. Ein Schreiber benutzte hauptsächlich schwarze Farbe, welche aus Holzkohle hergestellt wurde, aber auch rote Farbe, zum Beispiel zum Korrigieren von Texten. Das Rot wurde aus Ocker gewonnen. Wer es sich leisten konnte, der konnte sich auch eine Palette mit einem Schieb- oder Drehdeckel über der Vertiefung für die Schreibbinsen besorgen oder sogar mit Elfenbein einlegen lassen. Manchmal kam es vor, das der Name des Eigentümers der Palette in diese eingraviert war, zudem noch eine Anrufung an Thot, den Schutzgott der Schreiber. Es gab auch Paletten, mit Vertiefungen für mehr als nur zwei Farben. Diese wurden aber von Malern benutzt, die ja bekanntlich Wandinschriften und Wandmalereien in allen möglichen Farben ausschmücken mussten. 


Malerpalette mit fünf großen Pigmentscheiden und ist beschriftet (ganz rechts);
18. Dynastie zur Amun-Hoteps II.

In seiner Palette befanden sich ausschließlich die Sachen, die der Schreiber auch tatsächlich verwendete. Seinen anderen Vorrat, zum Beispiel Schreibbinsen, Farbkegel, ein kleiner Wassernapf, eine einfache Klinge, mit der er die Schreibbinsen kürzte und als Radiergummi ein Stück Leder oder Bimsstein bewahrte er in einem Beutel mit Zugschnur auf, den er über dem Rücken trug.

Als Schreibgerät diente eine Binse, bei der man das eine Ende zerkaute, bis es ausfranste und man einen fasrigen Pinsel erhielt. Wenn dieser Pinsel nun vom vielen Schreiben schon zu sehr ausgefranst war, brauchte der Schreiber nur dieses Ende abschneiden und sich einen neuen Pinsel "zurechtkauen" Wenn das gute Stück dann aber doch zu kurz wurde, schmiss man es einfach weg. 


Schreiberpalette, rechts kann man noch die Vertiefungen für die schwarze und die rote Tinte 
erkennen; die Palette hat einen Schiebedeckel unter dem sich die Binsen befinden;
Neues Reich

Ökologisch ja nicht weiter tragisch ;o) Die aus Holzkohle bzw. Ocker gewonnenen fein gemahlenen Farbpigmente wurden mit einem Bindemittel, zum Beispiel Akaziensamen, angerührt. Diese Masse formte man zu Farbkegeln und ließ sie trocknen. Der Schreiber brauchte dann nur noch mit einem in Wasser getauchten Pinsel über die Kegel fahren und dann konnte es auch schon losgehen. Die Schreiber im Alten Ägypten schrieben stets im sog. Schneidersitz, wobei ihnen ihr straffgezogener Schurz als Schreibunterlage diente. Vorher verspritzte er allerdings noch ein paar Tropfen seines Schreibwasser und sprach ein paar Worte jeweils zu Ehren von Thot. 

 

Mit Zuckerrohr und Peitsche - Die Ausbildung zum Schreiber

Man kann sagen, das eigentlich niemand von vornherein davon ausgeschlossen war, ein Schreiber zu werden. Weder aus religiösen Gründen noch weil es evtl. eine abgeschlossene Schreiberkaste gegeben hätte. Auch ein armer Bauersjunge hatte die Chance, als Schreiber Kariere zu machen, wenn er die Ausdauer und den Ehrgeiz dazu besaß.
vier sitzende Schreiber mit Papyrusböigen, Schreibbinsen, Relief aus dem Grab von General Haremhab, 18. Dynastie

Natürlich gehörte auch hier ein bisschen Glück dazu, als fähiger Fachmann entdeckt zu werden. So suchten örtliche Beamte ständig nach neuen Nashwuchsschreibern, da der ungeheuer große ägyptische Verwaltungsapparat ein ständiges Heer an Schreibern brauchte. Oder so waren den örtlichen Verwaltungssitzen von größeren Städten oft Schulen angeschlossen, wo man in den Genuss einer Ausbildung kommen konnte. Aber auch größere Tempel unterhielten Schreiberschulen, wo man als Knabe schon mit zarten fünf Jahren unterrichtet werden konnte.

Einfacher hatten es da natürlich die Söhne von Familien, die der oberen Mittelschicht und des Adels angehörten. Von ihnen wurde regelrecht verlangt, das sie lesen und schreiben konnten. War jemand sogar Sohn eines Hofbeamten, so konnte er zu dem besonderen Privileg gelangen, zusammen mit den königlichen Prinzen, denen die besten Lehrer zur Verfügung standen, die Schule zu besuchen.

"Ich höre, das du deine Studien vernachlässigst und dich Vergnügungen hingibst. Du gehst in dem Teil der Stadt, in dem das Bier zum Himmel stinkt, von Straße zu Straße. Man sieht dich über eine Mauer klettern und eine Tür einschlagen. Männer laufen weg vor dir, weil du einen Kampf anzetteln würdest. Ich wünschte, du würdest einsehen, das Wein abscheulich ist. Ich wünschte, du würdest ihm entsagen, dich vom Bier abwenden und den Wein vergessen. Man sieht dich in einem Haus sitzen, umringt von Mädchen, Blumen um deinen Hals. Du tätschelst deinen Bierbauch und fällst der Länge nach in den Dreck."

im alten Ägypten schienen die Erwachsenen auch schon so ihre Probleme mit 
den "Teenies" gehabt zu haben ;o)

 

Das ägyptische Wort für Schüler war "seba", die Lehrer hießen "sebai" und das Wort für Bildung und Erziehung war "sebait". Begann man nun die Ausbildung als Schreiber, so übte man zuerst die hieratische Schrift, die parallel zur Hieroglyphenschrift als eine Art Schreibschrift verwendet wurde. Die Schüler erlernten so das Schreiben von Zeichen und wie man diese in Linien oder Kolumnen zusammenfasste. So entwickelte jeder Schreiber seine eigene Handschrift. Die Schüler mussten lernen, wie man korrekte Anredeformen formulierte und so verbrachten sie Stunden damit, Briefe abzuschreiben oder auch neue zu Entwerfen und zu Verfassen. Außer Briefen wurden als Übungsbeispiele auch gerne Auszüge aus der klassischen Literatur und der sog. Weisheitsliteratur benutzt.
Ostrakon aus Theben-West, es handelt sich hierbei um eine Topfscherbe mit einer kurzen Mitteilung in hieratischer Schrift, Deir-el-medineh, späte 19. Dynastie

Dahinter steckte vermutlich auch die Absicht, das dem Schüler sittliches und moralisch gerechtes Verhalten nahegebracht werden sollte. Die Schüler schrieben ihre Übungstexte meist auf Ostraka, das sind Kalksteinabschläge, wie sie bei Bauarbeiten an Gräbern anfielen, oder man nahm Scherben von Keramikgefäßen. Schließlich war Papyrus viel zu wertvoll, um ihn in die ungeübten Finger von "Anfängern" zu geben. ;o) Aber trotz alledem wurden die Auszubildenden auch mit der Herstellung und Verwendung des teuren Schreibmaterials vertraut gemacht. 

War schließlich der Unterricht im Hieratischen erfolgreich abgeschlossen, so ging es nun an das Erlernen Hieroglyphen. In Tanis wurde eine Papyrusrolle gefunden, die eine Art Hieroglyphenwörterbuch darstellt, wie es auch in Schreibschulen verwendet werden konnte.

 

Karierre und Zukunftspläne

War die Grundausbildung zum Schreiber abgeschlossen, konnte man sich auf ein Gebiet wie der Buchhaltung, Recht oder der Medizin spezialisieren. So wie zum Beispiel beim Horustempel in Edfu gab es in allen großen Tempeln eine weiterführende Schule. In Edfu schien es eine Medizinschule gewesen zu sein. Aber auch angehende Architekten oder Künstler

haben vor ihrer eigentlichen Ausbildung die Schreibschule absolviert.Ab dem Neuen Reich oder auch schon etwas früher, schien es auch Schreiber gegeben zu haben, die sich auf das Übersetzen von Fremdsprachen spezialisiert hatten. Denn der König korrespondierte ja auch mit ausländischen Herrschern benachbarter Reiche. Da das Ägyptische die einzige Sprache war, die in Hieroglyphen geschrieben werden konnte, bediente man sich des Akkadischen, eine Art Amtssprache, die in Keilschrift geschrieben wurde.

Schreiberfigur aus dem Alten Reich, 4./ 5. Dynastie aus bemaltem Kalkstein, der Schreiber hält die Papyrusrolle auf seinem gestrafftem Schurz mit der linken Hand, Gesichtsausdruck und vor allem die "Babyspeckfalten" am Bauch sollen den Wohlstand der Schreiberkaste demonstrieren

Da ein Schreiber keine Steuern zahlen brauchte und auch andere Privilegien genoss, bildete sich die Schreiberkaste natürlich einiges darauf ein. Im wirklichen Leben sah das mit Sicherheit ein wenig anders, denn wer nur einfacher Sekretär war und ständig nur Widerholungen abschreiben musste, dem muss seine Arbeit manchmal recht langweilig vorgekommen sein. Leider sind uns heute die meisten Namen der damaligen zahllosen Schreiber unbekannt, aber ihre Texte haben die Zeit überdauert. Hier diesbezüglich eine Schreiberweisheit aus dem Neuen Reich.

Was die gelehrten Schreiber aus früher Zeit angeht, die die Zukunft vorausgesagt haben - ihre Namen bleiben ewig erhalten, obwohl sie gestorben sind und ihre ganze Familie vergessen ist. Sie schufen sich keine überdauernden Gräber und Stelen, sie hinterließen keine Kinder, ihrer Namen zu gedenken. sie schufen sich Erben in den Büchern, die sie verfassten ... die Schreibtafel ist ihnen ein liebender Sohn, die Schreibbinse ist ihr Kind, die Steinfläche ihr Weib. Leute aller Schichten sind wie ihre Kinder, denn der Schreiber ist ihr Führer. Mögen ihre Häuser zerbröckelt und ihre Gräber vergessen sein, solange durch die Bücher, die sie schrieben, als sie lebten, ihre Namen genannt werden, bleibt ihnen ein glückliches Andenken. Für immer und alle Zeit.

 

Beispiele von Schreiberspezialisierungen

Beschreibung heute
ägyptische Bezeichnung
Annalenschreiber
sesch-tjau
Listenschreiber
sesch-sehui
Oberster Schreiber
sesch-aa
Schreiber der Opfergaben
sesch-hotep-netjer
Opferbrotschreiber
sesch-senu
Schreiber der Infanterie
sesch-menfit
Schreiber im Haus des Lebens
sesch-per-ankh
Schreiber heiliger Texte
sesch-medjat-nefjer
Oberster Schreiber
cheri-sesch-nisut  
Schreiber des Königs
sesch-nisut  
Schreiber des Generals
sesch-n-imi-ra-mescha 
Schreiber des Kammerherrn
sesch-n-imi-chenut  
Schreiber des Getreides
sesch-it  
Schreiber aller edlen Steine
sesch-aat-nebet-schepeset 
Schreiber der Abteilungen
sesch-aperu 
Schreiber der Felderverwaltung
sesch-ahut
Briefbote
iri-medjat
Übersetzer
aaa
Lehrer der Schreibschüler
sebau-n-seschu
Schreiber der Geflügelverwaltung
sesch-apedu
Schreiber der Felderverwaltung
sesch-ahut
Schreiber der das Gold zählt
sesch-heseb-nebu
Schreiber des Hilfspersonals
sesch-semedet  
Schreiber der Lebensmittel
sesch-n-pa-anchu  
Schreiber des Weihrauchs
sesch-n-anet-iu  
Schreiber der Steinbrecher
sesch-n-cheretiu-netjer 
Schreiber des Prinzen
sesch-n-sa-nesu 
Schreiber des Arztes
sesch-sunu  
Gauschreiber von Theben
sesch-sepat-n-niut-reset 
Archivschreiber
sesch-smayt