Ackerbau

 

Wo das Wasser herkam

Eine der größten Leistungen der Alten Ägypter war die straffe Organisation der Landwirtschaft. Da es in Ägypten so gut wie keine Niederschläge gab, war der Nil als einziger Wasserspender, die Lebensader des Alten Ägypten. Mit Hilfe von Kanalsystemen konnten die Ägypter ihre Ackerflächen erheblich ausweiten und so einen Überschuss an Lebensmitteln gewinnen - der erste Schritt zu einer Hochkultur. Mit Hilfe von Wasserhebern, den sog. Schadufs konnte große Flächen mit ausreichend Wasser versorgt werden.
Schaduf, Grab des Ipui, 19. Dynastie um 1240 v. Ch., Theben-West

Der zuständige Gaufürst überwachte die gesamten Bewässerungsmaßnahmen seiner Provinz anhand von Wasserstandsmarken der Nilmesser. Der Nil wurde über große Strecken eingedeicht, und mit Hilfe der Wasserwirtschaft konnte das Nilwasser in große Rückhaltebecken während der Zeit des Hochwassers gefüllt werden. Mit diesem Wasservorrat konnte man dann Gegenden auch in der Nähe der Wüste bewässern und so für den Ackerbaue erschließen.

Nilometer in Elephantine, Römische Kaiserzeit, 1. Jh. n. Ch.
 Überall im Land gab es Kanäle und Brunnen, und bereits während der 3. Dynastie wurde bei Memphis eine erste größere Talsperre errichtet, um den Abfluss des Hochwassers zu verlangsamen. Dieser Damm wies einst eine Länge von 106 Metern und eine Höhe von 11 Metern auf, und kann heute noch nachgewiesen werden. In die Natur wurde stets behutsam eingegriffen, um ökologische Katastrophen zu vermeiden.

 

Was wurde angebaut

Auf den fruchtbaren Böden des Niltals wurden hauptsächlich Getreidearten, wie Gerste und Emmerweizen angebaut und noch in nachchristlicher Zeit galt Ägypten als Kornkammer des römischen Reiches. Mitte Oktober bis Anfang November erfolgte die Aussaat. In den Monaten April/ bis Mai holte man
nach der Getreideernte wurden Rinder kreisförmig über das Erntegut getrieben, bis das Korn gedroschen war, Wandmalerei aus dem Grab des Menena, Theben

dann die Ernte ein und lagerte sie Speichern. Schreiber führten Buch über den erwirtschafteten Ertrag und die Beträge für Emmerweizen wurde mit roter Tinte notiert, die für Gerste mit schwarzer Tinte. Außerdem gab es noch Anbauflächen, die eine intensive Gartenwirtschaft ermöglichten. Diese Gärten wurden durch Kanäle schachbrettartig bewässert und verschiedene Sorten von Obst und Gemüse (Zwiebeln, Lauch, Knoblauch, Lattich, Bohnen, Linsen, Kürbisse, Melonen) sowie verschiedene Gewürze ( Kümmel, Koriander, Wacholderbeeren) und ölhaltige Gewächse (Rizinus, Sesam, Savflor) wurden hier angebaut. Im Nildelta wurde außerdem noch Weinbau betrieben, um den Bedarf an Wein für die Oberschicht decken zu können. Die Weinstöcke wurden Pflanzlöcher eingesetzt, die mit fruchtbarem Schlamm aufgefüllt und mit einem Gießrand umgeben waren. Die Stöcke wurden regelmäßig gegossen und mit Taubenmist gedüngt. Ein wenig sonderbar wurde der Wein von Ramses II. in seiner Residenz im Ostdelta gedüngt - man benutzte hierfür Pferdeurin!

 


Darstellung eines von Kanälen durchzogenen Garten (rechts), Landarbeiter tragen ein Schulterjoch, an dem zwei kugelförmige Wasserkrüge hängen, Sakkara, Grab des Mereruka, 6. Dynastie, um 2330 v. Ch.

Auch Blumen wurden gezüchtet, denn die Oberschicht wollte damit bei ihren Festen ihre Häuser und auch sich selbst schmücken. Die Blumenzüchter wohnten direkt in der näheren Umgebung der Oberschicht. Feigen und Datteln wurden von eigens zur Ernte dressierten Affen von den recht hohen Bäumen geholt und zur Bekleidung für die Bevölkerung wurde Flachs angebaut. An Teichen standen außerdem Sträucher, Dumpalmen, Christusdorn, Johannisbrotbäume, Tamarisken, Weiden, Perseabäume, Grantapfelbäume und Mandragora.
links sieht man einen Kanal und in der Mitte befinden sich zentral gelegen Weinstöcke Gartenanlage im Grab des Sennefer, 18. Dynstie, um 1410 v. Ch. zur Zeit Amenophis II.

Obwohl der Bestand an Bäumen in Ägypten ziemlich gering war, war die Holzwirtschaft dennoch ein bedeutender Industriezweig. Neue Setzlinge wurden eingepflanzt und größere Bäume durften nur mit vorheriger Genehmigung gefällt werden. Das Gedeihen der Landwirtschaft wurde mit vielen religiösen Festen und Ritualen heraufbeschworen. Die zuständigen Götter hierfür waren Min, Renenutet und Neper. Doch der Inbegriff der neuentstandenen Natur war Osiris.
Während der Ramessidenzeit betrug die landwirtschaftliche Nutzfläche schätzungsweise sechs Millionen Aruren (10 Aruren entsprechen 2,75 Hektar) für eine Bevölkerung von ungefähr 4- 5 Millionen Menschen.

 

Sichel Pflug Worfelgerät

 

Die Verwaltung der Landwirtschaft

Die Verteilung des der Natur abgerungenen Reichtums unterlag der strengen staatlichen Verwaltung. Dem Pharao gehörte das gesamte Land und als sein Eigentümer konnte er frei über die Produktionsmittel verfügen: über die Menschen, die Arbeitstiere, das Saatgut und auch über die Ernteerträge. Das Land, also die Dörfer mit ihren Feldern wurden in sog. Domänen aufgeteilt, die dem Pharao, den Tempeln oder der Pyramidenverwaltung unterstanden. Der Oberaufseher einer solcher Domäne war der Domänenvorsteher, welcher seine Güter zu verwalten hatte. Meist umfasste ein solches Gebiet ungefähr 23 - 45 Aruren Land.

 


Rekonstruktion eines ägyptischen Bauernhofes mit Tieren, die in Einfriedungen gehalten wurden, zu dem Bauernhof gehörten auch Weinreben, sowie Kornspeicher, das Gebäude im Vordergrund diente kultischen Zwecken

Seit der 3. Dynastie begannen die Pharaonen Länderein an verdiente Staatsbeamte zu verteilen, die sie dann selbständig bewirtschaften konnten. Arbeitsgeräte und Arbeitstiere, die dafür nötig waren, konnten vom Staat ausgeliehen werden. Die Standartgröße solcher Parzellen betrug durchschnittlich 3 - 5 Aruren Land. Aber selbständige Bauern, wo wie man es heute kennt, gab es damals nur in Krisenzeiten, wenn die Zentralverwaltung außer Kraft gesetzt war.

Am Wasserhochstand orientierte man sich, um den Prozentsatz der Abgaben errechnen zu können. Die Abgabepflicht wurde in Getreidesäcken, in Form eines Rindes oder durch Wein- und Honiglieferungen erfüllt. Auch in anderen Versorgungsbereichen mussten Abgaben geleistet werden, so wird zum Beispiel berichtet, das ein Fischer in einem Jahr 5000 Fische abgeben mußte.
Weinlese aus dem Grab des Nacht, Theben-West, 18. Dynstie, um 1390 v. Ch. 

Wer sich den Abgabepflichten widersetzte, wurde mit Prügel bestraft. Aus den Erträgen, die in den Speichern gelagert wurden, mußte die gesamte Bevölkerung während eines Jahres versorgt werden. Das waren die Landarbeiter, die Handwerker, Soldaten, Beamte und all die anderen Menschen, die in anderen Berufszweigen arbeiteten. Jedoch war die Arbeit auf dem Land wenig begehrt. Auf Abbildungen werden Landarbeiter gern mit strähnigem, weißem Haar dargestellt, um sie von Beamten zu unterscheiden. Im Jenseits übertrug der Verstorbene seine Arbeit den Uschebtis.