Bezahlung ohne Geld

Da die ägyptische Gesellschaft kein Geld kannte, war das wichtigste Zahlungsmittel ein genormter Sack Getreide. Es gab keine Kaufgeschäfte im Sinne von Ware gegen Geld, sondern Tauschgeschäfte, a là Ware gegen Ware, wurden getätigt. Ebenso verhielt es sich mit der Entlohnung der  Handwerker und Menschen in anderen Berufszweigen. Auch sie wurden mit Naturalien entlohnt. Ein Dokument aus der Arbeitersiedlung im Tal der Könige belegt, das Löhne regelmäßig in Form von Getreidesäcken gezahlt wurden. Es gab auch unregelmäßige Zusatzleistungen für z. Bsp. besondere Leistungen in Form von Lebensmittelrationen, Öl oder Brennholz.

Vorarbeiter erhielten zusätzlich alle zwei Monate zwei Säcke Gerste und fünfeinhalbe Säcke Emmerweizen. Ein einfacher Arbeiter erhielt eineinhalb Säcke Emmerweizen und vier Säcke Gerste und Lehrlinge erhielten eineinhalb Säcke Gerste und einen halben Sack Emmerweizen. Jeder dieser Säcke enthielt ungefähr 77 Liter Getreide.
Modell eines Getreidespeichers, 11. Dynastie um 2000 v. Ch., wenn Überschuss bestand, wurde aus solchen Speichern Getreide zur Bezahlung für die Arbeiter herausgegeben, aber auch Beamte, Priester und der Pharao selbst bedienten sich daraus

Damit man bei größeren Geschäften, die abgewickelt wurden, nicht Hunderte von Säcken mit sich rumschleppen mußte, wurden Zahlungen und Sparguthaben in Form von standarisierten Kupfer- und Silberstücken verrechnet. Eine Kupfernorm lag bei 91 Gramm und wurde als "Deben" bezeichnet. Die Silbernorm hieß "schenati" oder "Kite" und wog 9,1 Gramm. Im Schnitt verdiente ein guter Vorarbeiter neuneinhalbe Deben und ein einfacher Arbeiter sieben Deben.

Auf den Märkten wurde entweder direkt in Naturalien oder in Deben bezahlt. Ebenso wurden Kreditgeschäfte in Deben abgewickelt. Im Alten Ägypten herrschte eine Verteilungswirtschaft, d. h. freies Unternehmertum war unbekannt; alles wurde vom Pharao festgelegt. Irgendwie erinnert mich das an was ;-)) So hatte der Staat die Wirtschaft jederzeit im Griff. Manche Warenpreise blieben über Jahrhunderte unverändert und eine Inflation war weitgehend unbekannt. Nicht Angebot und Nachfrage bestimmten den Preis, sondern einzig und allein der Pharao. Zur Zeit Ramses III. herrschte einmal so ein Kleidermangel, das man denken würde, jetzt würden die Preise hierfür steigen.
Schatzhaus des Pharao, Theben-West, Grab des Nefer-renpet, 19. Dynastie um 1250 v. Ch. unter Ramses II.

Doch Pustekuchen - sie wurden konstant gehalten. Bei Kaufverträgen wurde einem vorgegebenen Schema gefolgt: Der Vertrag begann mit dem Jahr, Monat und Tag des herrschenden Pharao, danach folgte der Eintrag, das die Person X von der Person Y das Produkt Z1 erhielt und dafür mit dem Produkt Z2 bezahlte. Produkt Z1 entsprach in seinem Wert soundsoviel Kupferdeben und Produkt Z2 soundsoviel Kupferdeben. Abschließend folgte die Summe von Z1 und Z2. 

 

"... was dem Paidehu als Bezahlung des Kupfergefäßes gegeben wird: 10 Deben Kupfer, Sesamöl, 5 hin (= 2,5 Liter) zu 1 Deben je hin; ein Hemd aus glattem Stoff, macht 5 Deben; 2 Ledersäcke, macht 4 Deben; 4 matten, macht 2 Deben; 4 hin Salböl, macht 2 Deben. Summe 28 Kupferdeben, Rückstand 9 Deben."

Beispiel eines solchen Kaufvertrages aus der 20. Dynastie

 

Andere Preisbeispiele:

ein Huhn 1/4 Deben



ein Kupferdeben, Deben wurden immer in Form von solchen Ringen angefertigt

Kleiderkasten 5 Deben
ein St. Kuchen 1/40 Deben Fußschemel 2 Deben
halber Liter Fett 1/2 Deben ein Stuhl 8 Deben
ein Korb 1 Deben ein Bett 20 Deben
einf. Amulett 1 Deben ein Schwein 7 Deben
Arbeiterschurz 1 Deben ein Rind  140 Deben
einfaches Hemd 5 Deben ein Esel 30 Deben
kostb. Gewand 60 Deben verzierter Sarg 200 Deben
Mumienmaske 40 Deben einfacher Sarg 25 Deben

Ein Beispiel von 1150 v. Ch. zeigt aber auch, das die pharaonische Wirtschaftsplanung nicht immer reibungslos verlief. Und zwar schlossen sich die Arbeiter von Deir-El-Medineh (Arbeiterdorf im Tal der Könige) zu dieser einmal zusammen, weil ihnen schon seit zwei Monaten kein Lohn mehr gezahlt wurde. Sie traten in einen kurzen Streik und forderten dort ihre Löhne ein. Daraufhin erschien der Wesir höchstpersönlich und versprach Abhilfe. Der Lohn blieb jedoch wieder aus, und so streikten sie erneut und besetzten sogar den Totentempel der Könige in Theben-West. Erst als der Bürgermeister von Theben persönlich mit den ihnen zustehenden Getreidesäcken und Kupferdeben erschien, gingen die Leute wieder an ihre Arbeit.


Goldtaler, Spätzeit, 30. Dynastie um 350 v. Ch. - einzige ägyptische Goldmünze mit einer Aufschrift in Hieroglyphen auf der Vorderseite (links) "nub-nefer" = Feingold, geprägt wurde das Stück wahrscheinlich in Memphis

Über Jahrtausende funktionierte so ohne Geld die ägyptische Wirtschaft und erst durch die Eroberung durch Alexander den Großen kamen in großem Umfang Münzen als Zahlungsmittel in Umlauf.