Handwerkskünste

 

Allgemeines

Das Handwerk bildete neben der Landwirtschaft die zweite Stütze für den Reichtum des Staates. Handwerker und Künstler schufen dabei Meisterwerke, die heute den Ruf der ägyptischen Hochkultur ausmachen. Die Handwerker von damals fertigten ihre Stücke mit einfachsten Werkzeugen an und erfanden Techniken, über die die heutigen Fachleute nur noch staunen. Handwerker arbeiteten entweder für den Staat oder für die Tempel. Oder sie boten ihre Dienste der einfachen Bevölkerung auf dem Markt an.
Fidelbohrer, der durch rasche Bewegung des Armes in eine hohe Umdrehungsgeschwindigkeit versetzt wurde, um auch dicke Bretter zu durchdringen

 

Spiner und Weber

Für die Verarbeitung der Flachsernte aber auch der Wolle waren die Spinner und Weber zuständig. Sie produzierten ein breites Angebot von Leinenstoffen und erreichten dabei feinste Qualitäten. Die Ägypter trugen aufgrund der Hitze vorwiegend Kleidung aus Leinen. Transparentes ägyptisches Leinen war in Griechenland heißbegehrt und wurde teuer gehandelt.

 

 

Lederverarbeitung

Der große Bestand an Rindern und anderen Tieren sicherte eine große Fülle von Tierfellen, so das die Lederbearbeitung blühen konnte. Aus Leder bestanden nicht nur die ägyptischen Sandalen, sondern auch Schreibmaterialien, Schläuche und Ausrüstungsgegenstände, insbesondere für die Armee.

Sandalen aus dem Grab des Tut-Ankh-Amun,
auf deren Innenseite waren die Feinde Ägyptens dargestellt

 

 

Holzverarbeitung

Wie ich bereits schon oft erwähnt habe, war in Ägypten Holz Mangelware und die einheimischen Bestände mussten durch teure Importe aufgestockt werden. Bei der Verarbeitung von Holz kannte man schon den Schraubstock, eine Hobelbank war aber noch unbekannt. Man bearbeitete das Holz mit Säge, Meißel oder Bohrer, wobei den Möbelhandwerkern wahre Meisterwerke gelangen. Für die gröberen Arbeiten reichten Äxte aus und statt des Hobels benutzte man zum Glätten des Werkstückes kleine Beile und Reibesteine.

Möbelteile wurden mit Verzapfungen zum fertigen Möbelstück zusammengesetzt und aus Furnieren wurde bereits mit Holzzapfen Sperrholz hergestellt. Den Ägyptern gelang es auch schon, mit Hilfe von Wasserdampf Holz zu biegen. Als Holzersatz gab es in der Spätzeit die sog. "Ägyptische Pappe". Bei deren Herstellung wurden verschiedene Lagen mit Leinenstücken verklebt und zu allerletzt mit Stuck überzogen, der bemalt werden konnte.
auf der Abbildung werden ein Brett gesägt und Löcher für die Bespannung eines Bettgestells gebohrt, Grab des Rechmire, Theben

 

Töpferei

Die Töpferei wies einen hohen Entwicklungsstand auf, denn der Nil lieferte den Töpfern in Unmengen die wichtigen Rohstoffe. So konnte eine Vielzahl von Gefäßen aller Art in einer Art Fließbandproduktion angefertigt werden. Die Töpferscheibe war schon lange bekannt und hatte auch in die Mythologie Einzug gehalten. Die Töpferscheibe wurde mit der Hand und nicht, wie heute, mit den Füßen in Bewegung gehalten. Es gab zahlreiche Tonarten, die zuerst mit den Füßen und dann sorgfältig mit den Händen bearbeitet wurden. Durch unterschiedliche Brenntemperaturen, man erzielte durchaus schon Temperaturen von 1100 Grad Celsius,

Töpfer fertigt mit der Hand eine Schale, 6. Dynastie um 2200 v. Ch., Höhe 13, 30 cm

konnten die Farbnuancen variieren. Viele Vorratsgefäße hatten keinen glatten Boden, sondern wurden zur Halterung auf Ringe gestellt oder wurden in die Erde gesteckt. Ebenfalls bekannt war die Kunst des Glasierens und die berühmte ägyptische Fayence war eine beliebte und erfolgreiche Handelsware. Es gab viele Techniken, um Gegenstände oder Stoffe mit einer Glasur zu überziehen, die meist einen blauen oder grünen Farbton hatte.
Sehr schöne Gefäße wurden auch aus Steinen hergestellt. Dabei wurden die Steinblöcke mit Bohrern zu fertigen Objekten bearbeitet, die dann durchscheinend dünne Wände hatten.
Amphore aus dem Grab des Cha in einem Gestell, Theben-West, 18. Dynastie um 1400 v. Ch.

 

Die Erfindung der Glasproduktion

Aufgrund ihrer Erfahrung mit hohen Brenntemperaturen, entwickelten die Ägypter allmählich die Produktion von Glasprodukten. Allerdings konnten sie das Glas nicht blasen oder in Form gießen. Daher erfanden sie eine andere Methode, um das Glas in Form zu bringen - die Sandkerntechnik. Bei diesem Verfahren wurde der Innenkern des Glasgefäßes zuerst in Ton vorgeformt und auf einen Stab gesteckt. Anschließend wurde diese Form in die Glasschmelze getaucht, bis sich ein Überzug gebildet hatte. Der Überzug ließ sich in seiner noch zähen Form auf einer Steinplatte rollen und glätten. Danach wurden zähflüssige Glasfäden aufgesetzt und durch Rollen mit ihrer Unterlage verbunden. Die Dicke der Glasfäden bestimmte schlussendlich auch die Dicke der Gefäßwand. Durch verschiedene Anordnungen und Farben der Glasfäden konnten sehr reizvolle Muster erzielt werden. Diese Glasobjekte hatten vorwiegend einen blauen Farbton, da dieser Farbe eine magische Wirkung zugeschrieben wurde.

 


Djedpfeiler







Horus-Auge


Falke



Papyrus

alle abgebildeten Amulette sind aus ägyptischer blauer Fayence gefertigt

 

Metallverarbeitung

Durch das Brennen von Keramik und beim Ausprobieren von neuen Techniken wurden die Ägypter wahrscheinlich auch auf die Metallverarbeitung aufmerksam. Sie kannten die Verarbeitung von Kupfer und Bronze, sowie von Gold und Silber. Eisen wurde erst ab der 18. Dynastie für die Waffenherstellung interessant. Die Ägypter glaubten, das erste Eisen sei vom Himmel gefallen und deshalb wurde es auch als "Himmelsmetall" bezeichnet. So befand sich auch im Grab des Tut-Ankh-Amun ein Dolch aus diesem "himmlischen" Eisen.

Die Rohstoffe für Kupfer stammten bereits in sehr frühen Zeiten hauptsächlich aus Bergwerken auf der Sinai-Halbinsel und in Nubien. Das zerkleinerte Kupfererz wurde mit Holzkohle vermischt und in einfachen Brennöfen erhitzt. Während des Alten Reiches wurde der benötigte Sauerstoff durch Blasrohre zugeführt und erst im Neuen Reich benutzte man hierfür den Blasebalg. Das Rohkupfer wurde dann mit Hämmern weiterverarbeitet, in Form gebracht und für Waffen und Werkzeuge gehärtet. Zur Verbindung von Kupferblechen gab es bereits Nieten, oder die Bleche wurden mit Silber verlötet. Kupferwerkzeuge waren so wertvoll, das sie vor der Herausgabe an einen Arbeiter und nach der Rückgabe jeweils gewogen wurden, um Kupferdiebstahl zu verhindern.

 


dieses Relief zeigt 10 Schritte der Metallverarbeitung,
oben blasen Arbeiter Luft in den Schmelzofen,
anschließend wird das flüssige Metall in Form gegossen
und nach dem Erkalten weiterverarbeitet

Mit der Zeit bemerkten die Alten Ägypter, das das verwendete Kupfer für Waffen und Werkzeuge zu weich war und nicht geeignet für den Dauergebrauch. Wahrscheinlich weil es häufiger zu Bruch ging. Und so suchten die Handwerker nach besseren Materialien und erfanden unabhängig von anderen Kulturen die Bronze, die etwa ab der Mitte des. 2. Jahrtausends v. Ch. im Niltal verbreitet war. Bronze ist eine Legierung aus Kupfer und Zinn. Ab dem Mittleren Reich war dann schließlich die Bronze ein üblicher Werkstoff. Wegen der großen Nachfrage wurde es noch zusätzlich aus Kleinasien importiert. Es gab die verschiedensten Bronzelegierungen, jedoch ist ihre Zusammensetzung heute wenig bekannt. So nannte man solche Legierungen z. Bsp. "Schwarzbronzen" oder "Bronzen in der Vereinigung von sechs". Die Ägypter hatten mit dem Bronzeguss bereits so große Erfahrungen gesammelt, das selbst Tempeltüren gegossen wurden.

 

Goldschmiedekunst

Der ägyptische Staat galt als "Goldland der Antike" und tatsächlich war die Bearbeitung von Silber und Gold schon sehr früh bekannt. Ägypten besaß damals vermutlich ca. 75% der Goldreserven und war damit ein unvorstellbar reiches Land. Während der Regierungszeit von Thutmosis III. soll die jährliche Goldproduktion ungefähr 40 Tonnen betragen haben.

Die Ägypter verarbeiteten Gold aus ,in Bergwerken abgebauten, goldhaltigem Gestein. Die Goldminen befanden sich in den Gebirgsgegenden zwischen Nil und rotem Meer und insbesondere in Nubien. Dort arbeiteten meist Sträflinge oder Kriegsgefangene, die im Schein kleiner Lampen das Gestein im Stollen brechen mussten, um es dann klein zu mahlen und den Goldstaub auszuschwemmen. Das Gold wurde in Form von Ringen gegossen. Da das Gold einen großen Anteil an Silber hatte, wurden spezielle Reinigungsverfahren entwickelt.
Goldschmiede

Silbervorkommen gab es in Ägypten so gut wie gar nicht, deshalb war Silber wertvoller als Gold. Die Goldschmiede der damaligen Zeit genossen in der ägyptischen Gesellschaft einen hervorragenden Ruf. Am Hof des Pharao gab es den geschätzten Titel "Vorsteher der Goldschmiede des Königs". Um auch hier Unterschlagungen vorzubeugen, wurde das Gold vor der Verarbeitung gewogen. Die Goldschmiede in Ägypten beherrschten fast alle der heute üblichen Techniken und waren sogar häufig deren Erfinder. So vermochten sie Blattgold bis zu einer Dicke von nur 0,005 mm herzustellen. Sie konnten außerdem komplizierte Goldschmiedetechniken wie das Tauschieren durchführen und Metall in Metall einlegen. Sie erfanden die Granulation, bei der eine Fläche mit winzigen Goldkügelchen bedeckt wurde. Aufgrund ihrer ausgereiften Fertigkeiten zählen die altägyptischen Goldschmiede zu den besten der Menschheitsgeschichte.

 

Arbeiten mit Stein

Für die gewaltigen Sakralbauten und die Häuser der Toten brauchte man natürlich Steine. Zahlreiche Steinbrüche sind bis heute erhalten geblieben und erstrecken sich entlang des Niltal vom heutigen Kairo bis nach Assuan. Aber auch in der östlichen Wüste wurden Steine abgebaut.

Im heutigen Wadi-Hammamat liegt ein Steinbruch, in dem einst der begehrte schwarze Granit abgebaut wurde. Hier arbeiteten etwa 2250 Menschen, dazu noch 50 Ochsen und 200 Esel. Die gesamte Arbeiterschaft fernab von Verkehrswegen zu versorgen, war damals eine beachtliche Leistung.

 


unvollendete Osirisfigur aufgrund eines möglichen Materialfehlers liegengelassen, Steinbruch in Assuan, 19. Dynastie, roter Granit, aufgrund der nicht vollendeten Details kann er nicht genau datiert werden

 

Ein großer Bedarf herrschte an Kalk- und Sandsteinen, an Kalzit, Granit, Basalt, Diorit und an Porphyr. In Assuan wurden schon zu Beginn des Alten Reiches große Mengen an Granit abgebaut. Dessen Gewinnung, Transport und Verarbeitung erforderten große technische und organisatorische Maßnahmen, die zu dieser Zeit praktisch nur die Ägypter bewältigen konnten Weiche Gesteine wie Kalk- und Sandstein wurden in Blöcken mit Meißel und Holzschlegel aus dem Felsen herausgeschlagen. Zwischen den Blöcken mussten Fugen freigelegt werden, um anschließend den Block durch die Hebelwirkung vom Fels abzusprengen.

Beim Abbau von Hartgestein, wie Granit, wurde der Tagebau bevorzugt. Die Arbeiter saßen um den markierten Gesteinsblock und trümmerten mit Doleritknollen auf das Gestein in der Umgebung des Blockes. Um den Block vom Felsen zu trennen, mußte eine waagerechte Rille geschlagen werden, die immer wieder mit Holzbalken gesichert wurde. Bei Assuan liegt noch heute ein nur teilweise freigelegter Obelisk aus rotem Granit von über 41 Metern Länge, der im fertigen Zustand mehr als 1000 Tonnen gewogen hätte.
unvollendeter Obelisk in Assuan