Amun-Hotep IV.
Echnaton

 

Kommen wir nun zum wohl mysteriösesten Herrscher, der die zwei Länder je regiert hat. Echnaton herrschte siebzehn Jahre lang (1364 – 1347 v. Ch.). Im Laufe seiner Herrschaft wechselte er seinen Namen, veränderte religiöse Traditionen, gründete eine neue Hauptstadt, versuchte die Gesellschaft neu zu strukturieren und wurde somit zur Ausnahmegestalt aller Pharaonen.

Aber fangen wir ganz von vorne an. Er war der Sohn von Amun-Hotep III. und der Großen Königlichen Gemahlin Teje. Er verbrachte seine Kindheit und Jugend im prachtvollen Palast MALKATTA, am südlichen Ende von Theben. Er hegte schon in jungen Jahren eine Vorliebe für Spiritualität und konnte daher auch Aktivitäten wie Jagen oder Waffenübungen recht wenig abgewinnen. Als er 15 Jahre alt war, bestieg er im Jahr 1363 v. Ch. den Thron. Wahrscheinlich war er zu dieser Zeit schon mit Nofretete verheiratet.  

In seiner traditionellen Königstitulatur waren in einer Inschrift kleine Besonderheiten aufgetreten, und zwar nannte er sich nun auch „Einziger des Re“ und „Erster Prophet des Re-Harachte“. Damit brachte er schon seine besondere Verehrung für den Sonnengott zum Ausdruck und ließ ihm zu ehren auch ein Heiligtum mit dem Namen „Aton ist gefunden“ in Theben errichten. In seinem 5. Regierungsjahr tat er dann den entscheidenden Schritt und änderte endgültig seinen Namen von Amun-Hotep in Echnaton. Das bedeutet soviel wie „Dem Aton wohlgefällig“ oder „Wirkender Geist des Aton“. Von nun an stand die Krone unter dem Schutz des Gottes Aton. Diese Veränderung sollte das Geschick des ganzen Landes beeinflussen.

In der ersten Phase seiner „Revolte“ wollte Echnaton nicht gegen den Gott Amun vorgehen sondern lediglich gegen dessen Priesterschaft. Anscheinend hielt er diese Männer ihrer religiösen Aufgabe für unwürdig. Dennoch stellte er ausgerechnet in Karnak, der Domäne des Amun, seine neuen Weltanschauungen zur Schau. Besonders seine Kolossalstatuen zeugen von seinen neuen Ansichten. Die Bildhauer erschufen in ihnen einen androgynen Pharao (weibliche und männliche Merkmale vereint) mit deformiertem Gesicht, verbreitertem Becken als Symbol der Fruchtbarkeit und deuteten eine gewisse Fettleibigkeit an, welche wohl zusammen mit dem gekrümmten Rücken auf eine Stellung als Schreiber hinweist. Mit diesen Statuen wurde nicht der Mensch Echnaton dargestellt sondern der regierende König, der Aspekte seiner theologischen Person in den Vordergrund rücken wollte. Seine Aufgabe und sein Ziel waren es, die ursprüngliche Ordnung wiederherzustellen und den Priestern die Verwaltung aller irdischen Dinge zu entziehen.

 

Achet-Aton

Die große Stadt des Amun, Theben, war für Echnaton wie ein Halseisen, und aus diesem wollte er sich befreien. Schließlich verlangte die Religion Aton’s einen ganz neuen Rahmen und es gab auch noch keinen Ort, an dem er besonders verehrt wurde und auch noch keine großen Tempel. Also wollte er zu Ehren des Gottes eine neue Stadt gründen – Achet-Aton „Horizont des Aton“. In seinem 6. Regierungsjahr fand das große Ereignis dann statt. Im Gau von Hermopolis zwischen Memphis und Theben am rechten Nilufer sollte die Stadt entstehen. Dafür begab sich Echnaton in Begleitung seiner Würdenträger an jene Stelle und umfuhr mit seinem Streitwagen die Domäne des Aton. Laut Echnaton hat ihm Aton persönlich die Grenzen der Stadt gewiesen und sie sollte in diesen Grenzen bleiben, also durfte sie sich nicht ausdehnen.

Die Stadt wurde in kürzester Zeit erbaut und beherbergte bereits nach vier Jahren eine zahlreiche Bevölkerung. Diese Schnelligkeit erklärt auch, warum Gebäude und Monumente von minderer Qualität waren, da den Handwerkern ja nicht genügend Zeit gelassen wurde. Trotz allem wirkte die Stadt einladend mit ihren breiten Prachtstraßen, Grünanlagen, Parks und weitläufigen Häusern der Vornehmen. Und! Alles wurde so erbaut, das das Sonnenlicht überall ungehindert einfallen konnte. Der große Aton Tempel „Tempel des aufgerichteten Steins“ war das Zentrum der Stadt und dort gab es keine dunklen Räume mehr, wie in den früheren Tempel, wo das Allerheiligste aufbewahrt wurde, sondern es gab eine Abfolge von Höfen, die zum großen Altar des Aton führten. Der Palast war ungefähr 800 Meter lang und war mit der persönlichen Residenz des Pharao durch eine Brücke, die über die Hauptstraße verlief, verbunden. Nördlich des Palastes gab es einen zoologischen Garten, was man daraus schließt, das man dort Überreste von Gehegen und Futtertröge fand. Für die vielen Würdenträger, das Schatzhaus, Beamtenschule, Handels- und Arbeiterviertel gab es Viertel, schließlich sollte Achet-Aton eine richtige Hauptstadt sein. Achet-Aton war in der Lage, wirtschaftlich autark also selbständig zu leben und war gut geschützt, denn Patroullien kontrollierten das Umland und machten einen Überraschungsangriff unmöglich. 

 

Nofretete

Wie vorhin schon gesagt, waren Echnaton und Nofretete wohl schon vor dem Regierungsantritt des neuen Pharao verheiratet, allerdings hatten die Machthaber diese Heirat bestimmt. Man vermutet, das Nofretete die Tochter Amenophis III. sei, doch bewiesen ist nichts. Wahrscheinlicher ist dagegen, das sie die Tochter eines hohen Würdenträger bei Hofe war. Das Herrscherpaar war unzertrennlich. Sie leiteten gemeinsam religiöse Rituale und offizielle Zeremonien. Nofretete selbst spielte als Königin eine große Rolle. Auch sie setzte sich nachdrücklich für die Religion ihres Gatten ein. Für die ägyptische Frau dieser Zeit, war sie DAS Schönheitsideal. Eines ihrer Portraits konnte ich in Berlin im ägyptischen Museum selbst bewundern. Und es war wirklich höchst faszinierend. Der ganze Raum war verdunkelt und nur ein paar Strahler waren auf die Büste gerichtet, das einzige Ausstellungsstück in diesem Raum. War echt sehr prickelnd. Das andere Portrait befindet sich in Kairo.

Der Text in dem Rahmen oben gibt eine Beschreibung der Königin wieder und befindet sich auf einer Grenzstele aus Achet-Aton.

 

Antlitz klar,
Fröhlich geziert durch die Doppelfeder,
Gebieterin des Glücks,
Eignerin aller Tugenden,
Mit einer Stimme an der man sich erfreut,
Herrin der Anmut, reich an Liebe,
Deren Gefühle den Gebieter der zwei Länder beglücken...
Die Große und vielgeliebte Gemahlin des Königs,
Herrin der zwei Länder (deren Name ist)
„Schön-sind-die-Schönheiten-Atons“,
„Die-Schöne-ist-gekommen“,
Sie lebe ewiglich.  

 

Echnaton und Nofretete hatten insgesamt sechs Kinder und allesamt Töchter, eine davon ist übrigens die spätere Gemahlin Tut-Ankh-Amuns. Die Liebe zu ihren Kindern war sehr ausgeprägt und sie hatten auch keinerlei Probleme damit, das in der Öffentlichkeit zu zeigen. Zum Beispiel sieht man auf einem Flachrelief, wie Echnaton um eine seiner Töchter an deren Sarg weint. Dabei handelt es sich um Prinzessin Maket-Aton. Dieser Schicksalsschlag ereignete sich im 12. Regierungsjahr und stellte den Pharao auf eine harte Probe. Das Ende Nofretetes ist ungewiss, man vermutet sie sei in Ungnade gefallen, warum auch immer, und wurde gezwungen in einem Nebenpalast zu wohnen. Eine andere Aussage besagt, sie sei von den Anhängern Amuns einfach beiseite geschafft worden. Aber man kann wieder  nichts be- oder wiederlegen. Vielleicht ist sie auch ganz normal verstorben.

 


 diese Abbildung zeigt zwei Töchter von Echnaton und Nofretete und 
ist charakteristisch für den Stil der Amarna-Zeit, so die langgezogenen
 Hinterköpfe und die Rundungen am Hüft- und Bauchbereich

 

Seine Herrschaft unter Aton

Als Echnaton sich von Theben entfernte, wandte er sich zugleich von einigen Schichten der Vornehmen und besetzte daher zahlreich Posten neu. Unter anderem auch mit Ausländern. Einige darunter waren sicherlich nur solche, die dies als besten Weg zum Aufstieg sahen, aber die Mehrzahl unter ihnen bestand wohl aus aufrichtigen Gläubigen. Aton war für den Pharao ein Gott der Liebe und des Lichts, was sich in der Sonnenscheibe wiederspiegelte, deren Sonnenstrahlen in lebensspendenden Händen endeten. Er war die Energie, die alles lebende wachsen ließ. Für das Volk allerdings hatte diese Religion auch schwerwiegende Folgen. Denn es hing zum Beispiel sehr am Osiris-Kult, der Hoffnung auf das Jenseits, doch für Echnaton stellte Osiris den Gegenspieler Atons dar, er war das Prinzip der Finsternis und Aton ja das Licht. Auch das Wort Götter gab es nicht mehr, schließlich gab es nur den einen wahren Gott – Aton.
Da Echnaton wohl zuviel Zeit und Interesse an die religiösen Pflichten verlor, hatte er eine andere wichtige Aufgabe des Pharao vernachlässigt: Die Führung Ägyptens. Er verabscheute den Krieg und war eher einer Politik des Beschenkens zugetan. Eine Delegation aus Vasallen Ägyptens im 12. Jahr seiner Herrschaft brachte so zum Beispiel nicht mehr so prächtige Geschenke mit, wie es hätte sein sollen. Die Lage wurde zusehends bedrohlicher und seine Abgesandten hatten wohl eher ihre eigenen Interessen im Sinn.
Als Nofretete nicht mehr war, hat er der Tradition entsprechend wohl einen Mitregenten ernannt, einen gewissen Semench-Ka-Re. Nach einer Theorie von Christiane Desroches-Noblecourt soll Echnaton versucht haben, sich mit Semench-Ka-Re zu vermählen und somit ein neues königliches Paar zu bilden. Auffällig ist auch, das ein Beiname von ihm identisch mit dem von Nofretete ist, was wieder viel Spielraum für Spekulationen lässt.

 

Das Ende seiner Herrschaft

Das seine Gemahlin nicht mehr bei ihm weilte, muss sehr schlimm für Echnaton gewesen sein, denn mit ihr hatte er alles ersonnen und aufgebaut, daher stellte dies sicherlich eine harte Prüfung für diesen Mann dar. Vielleicht unterlag er seinen Depressionen und er war nicht mehr Herr der Lage, da sein einst so großes Reich, bzw. das was Thutmosis III. hinterlassen hatte, allmählich immer kleiner wurde. Denn die Hethiter bedrohten Ägypten und hatten die ehemaligen Vasallen Ägyptens abspenstig gemacht. Den treuen Verbündeteten, das Land Mitanni, gab es nicht mehr, der Herrscher von Byblos hat wohl um Hilfe gebeten, doch Echnaton hat nicht eingegriffen. Die Unruhen in Palästina und Syrien nahmen zu. Der Pharao ließ noch immer seine Armee nicht einschreiten. Warum, wieso, weshalb??? Wieder einmal vermutet man, das die Berichte über die Situation ihn falsch oder gleich gar nicht erreichten. Und schließlich wurde Aton vom Volk für diese Schwächung Ägyptens verantwortlich gemacht. Denn der Gott verweichlichte sein Volk und verriet sein eigenes Land.

Über den Tod Echnatons weiß man nichts. Achet-Aton, der „Horizont des Aton“ lag wieder einsam und verlassen in der Stille der Wüste.