Ramses II.,
Sohn des Licht

 

Ramses II. oder auch Ramses der Große herrschte sechsundsechzig Jahre über die beiden Länder und bestimmte dessen Geschicke. (1290 v. Ch. - 1224 v. Ch.). Er wurde als "ruhmreiche Sonne Ägyptens", als "Goldgebirge", als "vollkommenes Abbild des Re" und auch als "Sonne aller Länder" bezeichnet. Ramses erreichte ein für die damalige Zeit erstaunlich hohes Alter - er wurde beinahe neunzig Jahre alt.

 

Seine Kindheit

Die Eltern von Ramses waren zum einen Pharao Sethos I. und die Dame und dann Große Königliche Gemahlin Tuja, die wie eine Göttin verehrt wurde. Da Sethos das Ansehen der zwei Länder innen sowie außen wiederhergestellt hatte, ließ er seinen Sohn in dieses Ideal mit hineinwachsen. Der Junge besaß einen unbeugsamen Willen und ein gebieterisches Auftreten. Sein Lehrer war ein junger Mann mit glänzenden Fähigkeiten, ein gewisser Tia, der Sohn des Amunwahsu. Dieser hatte es zum "Schreiber am Speisetisch des Herrn beider Länder" gebracht und war damit für die Vorratshaltung im Palast zuständig.
Ramses mit seinem Vater vor dem Verzeichnis seiner königlichen Ahnen, der Königsliste in Abydos

Mit der Eheschließung zwischen ihm und einer Tochter Sethos I. wurde er der Schwager des zukünftigen Königs. Ramses kannte schon als Kind die Städte in den Provinzen von Kanaan, Charu und Djahi, die Provinz Upe (Südsyrien) und die Festungen, die im Land Amurru zurückerobert werden mussten, da in seinem Beisein Beamte, Offiziere der Reiterei und der Wesir über Vorbereitungen  zu gewissen Feldzügen in den nahen Osten sprachen. Sein Vater erkannte schon in Ramses' jungen Jahren, wie es um seinen Sohn stand und ergriff so die entsprechenden Maßnahmen.

Ramses wusste auch darüber Bescheid, das die erbittersten Feinde der Ägypter die Hethiter waren und fieberte bestimmt schon dem Augenblick entgegen, in dem er mit seinem Vater einen Feldzug gegen sie führen würde. Schon mit gerade mal 10 Jahren führte der Knabe einen Trupp Soldaten an und wahrscheinlich wurde er, als er 12 Jahre alt war, von seinem Vater mit zu einem Feldzug gegen Libyen genommen. Er wurde zu einem Hauptmann der Infanterie ernannt, da er sich als ausgezeichneter Wagenlenker erwies. Schließlich mit 13 Jahren durfte Ramses zusammen mit seinem Vater an einem Feldzug gegen die verhassten Hethiter teilnehmen, um die Provinz Amurru und die Stadt Kadesch wieder unter ägyptische Kontrolle zu bringen. Auf einer Weihinschrift  am Eingang des Tempels von Abydos wird uns Ramses als DAS! Wunderkind präsentiert. Ungefähr so, als das er schon kurz nach seiner Geburt auf den Thorn gesetzt wurde.
Der junge Ramses als gekrönter Mitregent seines Vaters

Tatsächlich wurde Ramses zwischen den Jahren 6 und 7 der Herrschaft Sethos' zum Mitregenten ernannt. Wahrscheinlich verkündete der Pharao, das er den jungen Prinzen an seine Seite setzen wollte, im großen Hof in Memphis vor den Großen des Königreiches und vor Vertretern des Volkes.


die Königinmutter Tuja, gefolgt von ihrem Schwiegersohn Tia und ihrer Tochter,
die ebenfalls Tia hieß

 

Der junge Pharao und seine Feinde

Am 27. Tag des dritten Monats Schemu verstarb Sethos I. und am nächsten Morgen wurde verkündet, der neue Pharao habe die Regierung angetreten. Nach den vorgeschriebenen 70 Tagen der Trauerzeit wurde Sethos mit großem Pomp im Tal der Könige beigesetzt - das war im zweiten Monat Achet, also ca. Mitte August im Jahr 1279 v. Ch. Als dann das Opet-Fest gefeiert wurde, reiste Ramses über Karnak nach Abydos und verkündete, das der von seinem Vater begonnene Tempel fertigzustellen ist. Außerdem legte er den Grundstein zu seinem eigenen Tempel und ließ eine Gedenkschrift anfertigen, die seine tiefe Liebe zu seinem Vater ausdrückte. 

 

Als nächste verstärke er seine Streitmacht. Er fügte den drei schon bestehenden Divisionen des Amun, Re und des Ptah noch eine vierte hinzu - diese stand unter dem Schutz des Gottes Seth. Außerdem nahm er zahlreiche Ausländer in seine Dienste auf, das waren Scherden, Libyer, Nubier, Amoriter, eingebürgerte Kriegsgefangene und deren Söhne, die in Ägypten geboren waren. Eine Stele, die in Assuan gefunden wurde, verkündet, er habe die Nubier, die Libyer und sogar die Hethiter unterworfen. Die Stele stammt allerdings erst aus seinem zweiten Regierungsjahr. Was die Nubier betraf, so waren sie schon zum festen Bestandteil der ägyptischen Rhetorik geworden und Ramses herrschte über sie mit fester Hand und duldete keinen Wiederstand und keine Unruhen. Bei den Libyern sah die Lage schon ein wenig anders aus.


gefangener Nubier

Stets nahmen sie einen Regierungswechsel zum Anlass, Überfälle zu inszenieren um den neuen Pharao zu schwächen. Die Hethiter allerdings waren entschieden schwieriger zu "knacken". Beide, also Ramses und der hethische König Muwatalli, standen sich gegenüber und waren zu allem bereit. In seinem vierten Regierungsjahr unternahm Ramses einen Feldzug, um die Reaktion der Hethiter zu testen.  Im Sturm nahm er die syrischen und palästinischen Festungen ein, die bis zu diesem Zeitpunkt unter hethitischer Kontrolle standen. In der Zwischenzeit jedoch blieben die Hethiter nicht untätig. Sie hatten ein großes Bündnis, dem mehr als zwanzig Stämme angehörten, gebildet und somit standen ihre Aussichten auf einen großen Sieg eigentlich recht gut.


gefangener
Libyer

 

Die Schlacht von Kadesch

Im 5. Regierungsjahr von Ramses, genauer gesagt in dessen Frühling, zog Ramses mit seiner Armee in Richtung Asien. In Sile überquerten all seine mobilisierten Streitkräfte die ägyptische Grenze und marschierten durch Nordsyrien, wo sie einen Monat später die Höhenzüge oberhalb der Festung Kadesch erreichten. Zwar hatte er seine Stellung strategisch klug gewählt, doch im Zahlenverhältnis beider Armeen sah es für ihn schlechter aus. Doch scheinbar hatte sich das Glück des jungen Pharao zu seinen Gunsten gewendet, denn eines Tages wurden zwei Beduinen vor ihn geführt. Diese erklärten ihm, bis vor kurzem hätten sie noch den Hethitern gedient, doch jetzt seien sie treue Ergebene des Ägyptischen Reiches. Somit lieferten sie dem König "hilfreiche" Informationen, die besagten, das die Hethiter noch weit von Kadesch entfernt seien und die ägyptische Armee somit bedenkenlos vorrücken könne, um die Festung Kadesch mit Leichtigkeit einzunehmen. Doch das vorher scheinbare Glück war trügerisch, denn die beiden Beduinen erwiesen sich später als Spione und Ramses'

Überzeugung, die Hethiter würden zurückweichen, löste sich in Wohlgefallen auf. Denn in Wirklichkeit hielten sich die gegnerischen Streitkräfte östlich von Kadesch auf und waren der ägyptischen Armee sehr nahe. Und so zog Ramses, sich in völliger Sicherheit wähnend und voller Selbstvertrauen, an der Spitze seiner Division des Amun nach Kadesch. Die anderen drei Divisionen waren noch fern.
Kadesch heute

Von seiner Leibgarde, den Scherden, bewacht hielt sich der König im inneren seines rechteckigen Lagers auf, das von Schildträgern geschützt wurde. Auch im Lager wiegte man sich in Sicherheit und so ging jeder völlig sorglos seinen Beschäftigungen nach. Waffen wurden poliert, Streitwagen wurden ausgebessert und so weiter. Doch plötzlich war es mit der Ruhe vorbei - die Hethiter starteten einen Überraschungsangriff. Da der König aufgrund der Aussage der beiden Beduinen, davon ausging, die Hethiter seien noch in weiter Ferne, war seine Verblüffung über den gegnerischen Schlag natürlich grenzenlos. Panik im Lager kam auf und die Fußsoldaten der Division des Amun waren bald zersprengt. Was die Division des Re betraf, so war auch diese von den Hethitern zersprengt worden, was Ramses allerdings nicht wusste. Nach einem spärlich besetzten Kriegsrat, der eilig einberufen wurde, befahl Ramses, sofort seine Familie zu evakuieren und rief seine Leibwache und seinen Schildträger Menna zu sich. Dann ließ er seinen Wagen mit den beiden Pferden "Sieg-in-Theben" und "Mut-ist-zufrieden" anspannen, um sich in rasendem Tempo ins Kampfgetümmel zu stürzen.

 

links: vor dem Angriff der Hethiter;
rechts: Stellung der Divisionen während des Angriffes

Schlachtrufe ausstoßend und auf seinen Schildträger bauend schoss Ramses Pfeil für Pfeil ab und machte seinem Namen "Auserwählter des Re" alle Ehre. Auf Inschriften hieß es:

 

Er ist wie ein Orkan, der am Himmel erscheint, seine Gewalt
ist die Flamme im Stoppelfeld.

 

Den ägyptischen Überlieferungen und der berühmten Legende zu Folge, sah sich Ramses von 2.500 Streitwagen umzingelt und seine Männer voller Panik davonrennen. Kein Soldat und kein Truppenführer stand ihm in dieser katastrophalen Situation zur Seite. Anscheinend hatten ihn seine Soldaten im Stich gelassen. Da konnte nur noch sein göttlicher Vater Amun helfen. Und so sprach er voller Aufbegehrung und voller Empörung zu seinem Gott:

 

"Amun, mein Vater. Warum hat der Vater seinen Sohn verlassen? Habe ich gegen Deinen Geist gehandelt? Habe ich Deinen Befehlen nicht gehorcht? Ich rufe Dich an, mein Vater Amun, hier stehe ich, inmitten einer feindlichen Menge. Alle Fremdländer haben sich gegen mich verbündet, und ich bin allein, kein Mensch ist an meiner Seite. Meine zahlreichen Fußsoldaten sind geflohen, kein Mitglied meiner Streitwagentruppe ist mir nahe. Ich habe nach ihnen gerufen, niemand hat mich gehört. Aber ich habe begriffen, dass ein einziger Amun für mich mehr wert ist als tausend Soldaten!"

 

Und natürlich erhörte Amun das Gebet seines Sohnes auf Erden. Der Legende nach verlieh er dem Pharao die göttliche Macht und verwandelte ihn in einen unbezwingbaren Krieger, so das er dem Kriegsgott Month glich. Er hatte nun die "Kraft des Seth" und sprengte die Reihen der Feinde, tötete, streckte nieder und kämpfte sich den Weg frei.

Tatsächlich ging der Pharao sechsmal zum Angriff über und auf einmal schien sich das Blatt für Ramses zu wenden. Aus dem Osten war die prachtvolle Naruna-Truppe eingetroffen, und die Reihen des Gegners schienen sich wie von selbst zu lichten. Anscheinend hatte Ramses ihr Eintreffen vorher meisterhaft geplant.. Diese kampferprobten Soldaten walzten in geschlossenen Reihen, Schild an Schild, alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellte. Sie schlugen sich zu dem eingekesselten Ramses
Ramses und der einberufene Kriegsrat

durch und vertrieben schließlich auch die feindlichen Soldaten, die im ägyptischen Lager plünderten. Ramses verfolgte die hethitische Kavallerie in Richtung der Festung. Dann, im Nordosten von Kadesch, sammelte er die versprengten Soldaten der Division des Re wieder ein, zu der inzwischen auch die Division des Ptah gestoßen war. Nach einem abgehaltenen Kriegsrat gingen die beiden feindlichen Kavallerien in Stellung.

Der Pharao war wieder Herr der Lage und er trieb die Hethiter quer durch die Furt in die andere Richtung über den Orontes. Voller Panik stürzten die Feinde der Ägypter samt ihren Wagen und Pferden in den Orontes, in dem die meisten von ihnen ertranken.

 

"Die Hethiter stürzten in den Fluss wie Krokodile."

 

Durch diesen wütenden Angriff des Königs war die Schlacht entschieden. Vor allem hatte er durch das rechtzeitige Auftauchen der Naruna-Truppe profitiert. Ohne diesen Blitzeinsatz wäre Ramses unweigerlich verloren gewesen. Eine Frage, die sich allerdings stellt, ist: Warum blieb Muwatalli während der gesamten Kampfhandlungen dem Geschehen zusammen mit seinen Fußtruppen fern? Warum griff er nicht ein und warf seine gewaltige Infanterie im entscheidenden Moment nicht in die Schlacht? Fragen, die heute nicht geklärt sind. War er ein geschickter Diplomat? Hatte ihn der Tod seiner Brüder und vieler Angehöriger aus der Bahn geworfen? Oder litt er bereits an der Krankheit, die ihn später auch das Leben kosten sollte?


flüchtende Hethiter

Nachdem die Kampfhandlungen vorbei waren, zog die Division des Ptah aus, um Verwundete zu bergen, verletzte Pferde zu versorgen , ägyptische Gefallene abzutransportieren und die getöteten Feinde zu zählen . Das tat man, indem man jedem von ihnen eine Hand abschlug und diese dann vor dem Pharao zu einem Berg anhäufte. Da die höheren Offiziere und der Wesir kläglich versagt hatten, wurden sie auch in späteren Inschriften und Reliefs, die von der Schlacht berichten, nicht namentlich erwähnt, offenbar als Strafe für ihre Inkompetenz gedacht. Dagegen wurden seine Söhne Reherunemef, Ramesse, Chamwese, Meri-Amun, Sethos, Meren-Ptah, Amun-her-chepesch-ef und ein weiterer Sohn namentlich auf Wänden, Stelen, in Tempeln und ähnlichem erwähnt und mit Lob bedacht. Mit Lob wurden auch sein Schildträger Menna und seine beiden Pferde bedacht. Eine rüge Strafpredigt erhielten dagegen alle Soldaten, die Ramses enttäuscht hatten.

 

Der erste Friedensvertrag der Welt

Obwohl Ramses sich damit rühmte, die Hethiter besiegt zu haben, sah die Realität anders aus. Eigentlich ist der Kampf in einem Unentschieden geendet. Ramses verzichtete auf eine Belagerung, denn die Festung mit ihren zwanzigtausend Verteidigern hätte dem entschieden zu lange standgehalten. Angeblich soll sich der Pharao mit seinem Generalstab und seiner Leibwache beraten und ein Waffenstillstandsgebot angenommen haben. So konnte er sich ohne sein Gesicht zu verlieren aus einer schwierigen Lage befreien und er befahl den friedlichen Rückzug in Richtung Süden. Zu Beginn seines 6. Regierungsjahres wurden er und seine Armee ehrenvoll in der Hauptstadt empfangen. Die Kriegsbeute bestand fast nur aus Waffen von gefallenen Gegnern und aus Pferden.

 

Der Pharao hatte nun begriffen, wie instabil die Verhältnisse der Bündnisse mit den Stammesfürsten in den Ostländern waren. Und tatsächlich brachte der hethitische König Muwatalli sofort nach dem Abzug der ägyptischen Truppen die Provinz Amurru wieder unter seine Kontrolle und eroberte schließlich auch Damaskus und die dazugehörige Provinz zurück. Schon alleine deshalb befasste sich Ramses ernsthaft mit Verbesserungen bezüglich seiner militärischen Aufklärung und auch, 
Ring mit den Lieblingspferden des Pharao, der an sein Versprechen erinnert, der Fütterung der Tiere täglich beizuwohnen

weil ihm die angewandte Kriegslist der Hethiter schwer im Magen lag. Und es dauerte auch nicht lange und in Palästina brach erneut ein Aufstand aus. Also musste der Pharao erneut in den Kampf ziehen und eroberte palästinische Festungen, Städte des Libanon, Kanaan und sogar hethitische Ansiedlungen zurück. Schließlich im Jahre 1278 v. Ch. kamen der König der Hethiter und Ramses zu einem Entschluss. Warum nicht Frieden schließen. Das ständige Kräfte messen zehrte an beiden Parteien und keiner von beiden konnte einen wirklichen Nutzen daraus ziehen. Muwatalli war inzwischen verstorben und nun saß Hattusilli III. auf dem hethitischen Thron. Dies und die Tatsache, das die Hethiter langsam beunruhigt waren, trug sehr zum Gedeihen der Friedensverhandlungen bei. Denn die Hethiter fühlten sich von der wachsenden Macht der Assyrer bedroht, die ein sehr kriegslüsternes Volk zu sein schienen und so war ihr Interesse an einem so starkem Verbündeten, wie Ägypten, natürlich groß.

 

Der Friedensvertrag wurde in Pi-Ramesse, der neuen Hauptstadt Ägyptens, von beiden Parteien unterzeichnet, im 21. Regierungsjahr des Königs. Der Text wurde einmal in ägyptisch und einmal in hethitisch festgehalten - Abschriften wurden ausgetauscht. Außerdem wurden Ausschnitte aus demselbigen in die Wände von Karnak und des Ramesseums gemeißelt. Zwar musste sich Ramses damit abfinden, endgültig die Finger von Amurru und Kadesch zu lassen, aber in Zukunft würde es wieder möglich sein, die Handelsstraße entlang der Küste nach Ugarit ungehindert zu passieren. In Kanaan allerdings erhielt Ramses alle Rechte. Fast zwei Jahre reisten Gesandte aus beiden Ländern hin und her bis schließlich die Grundzüge eines solchen Vertrages vereinbart waren. Überraschenderweise besteht der Inhalt des Vertrages aus Lobreden auf die beiden Könige, auf ihre Ahnen und man erinnerte sich an die früheren
Auszüge aus dem Vertrag eingemeißelt in die Wände von Karnak

freundschaftlichen oder feindlichen Beziehungen. Im Kern aber handelt es sich um einen Friedensvertrag und einen Nichtangriffspakt. Vereinbarungen über die Auslieferung von Flüchtlingen wurden getroffen und man verpflichtete sich zur gegenseitigen Waffenhilfe bei einem möglichen Angriff durch einen dritten auf eines der beiden Vertragsländer. In kleinen Details unterscheiden sich die ägyptische und hethische Version, aber im großen und ganzen stimmen beide Verträge überein. In rund zwanzig Abschnitten werden die einzelnen Punkte behandelt. Hier ein paar Auszüge aus der ägyptischen Version:

 

Der Nichtangriffspakt
Riamasea-mai-Amana, der Großkönig von Ägypten, darf das Reich Chatti in alle Ewigkeit nicht angreifen, um Sachen zu rauben. Hattusilli, der Großkönig des Reiches Chatti darf in alle Ewigkeit das Land Ägypten nicht angreifen, um Sachen zu rauben...
Waffenhilfe
Wenn ein Feind ins Land Chatti kommt und Hattusilli, der Großkönig, König des Landes Chatti, mir einen Boten schickt, um mir zu sagen "Komme mir gegen ihn zu Hilfe", dann möge der Großkönig Ramses, König von Ägypten, seine Soldaten und seine Wagenlenker schicken, das sie den Feind töten und Rache für das Land Chatti nehmen.
Ausweisung einfacher Flüchtlinge
Wenn ein Mann oder zwei Männer, die unbekannt sind, fliehen und Zuflucht suchen im Reich Chatti, um einem anderen Herrn zu dienen, dann dürfen sie nicht im Reich Chatti bleiben, sondern man wird sie zu Ramses, geliebt von Amun, zurückbringen, dem Großkönig von Ägypten.
Der Schutz des Vertrages
Was die Worte betrifft, die auf dieser Tafel aus Silber aus dem Lande Chatti und dem Lande Ägypten eingeritzt sind, tausend Götter des Landes Chatti und tausend Götter des Landes Ägypten werden das Haus, das Land und die Diener desjenigen vernichten, der sie nicht einhält. Was denjenigen betrifft, der die Worte bewahrt, die auf dieser Silbertafel sind, ob Hethiter oder Ägypter, und der sie einhält, ihm werden tausend Götter des Landes Ägypten Wohlstand und Leben schenken und ebenso seinem Haus, seinem Land und seinen Dienern.

 

Der Vertrag wurde in beiden Ländern gleichwohl gefeiert und Boten überbrachten höfliche Glückwünsche und die ersten Geschenke. Die Gemahlin des Hattusilli, Puduchepa, Königin von Chatti, begann einen Briefwechsel mit Nefertari, der großen Königlichen Gemahlin des Pharao. Beide drückten in ihrem Briefen ihr Wohlgefallen über den brüderlichen Frieden aus, wie dieser Brief zeigt:

 

Und so spricht Naptera, die Große Königin von Ägypten: 
"Zu Puduchepa, der Großen Königin des Reiches Chatti, meiner Schwester, sage ich folgendes.
Mir geht es gut, meine Schwester, und meinem Land geht es gut. Möge es Dir, meiner Schwester, ebenfalls gut gehen.
Wisse, das es mich erfreut, das Du, meine Schwester, mir über das Verhältnis des guten Friedens und der Brüderlichkeit geschrieben hast, in welches der Großkönig, der König von Ägypten, und sein Bruder, der Großkönig, der König des Reiches Chatti, eingetreten sind.
Mögen der Sonnengott und der Wettergott Dir Freude schenken; möge der Wettergott den Frieden gedeihen lassen und den Großkönig, den König von Ägypten, für alle Zeit brüderlich verbinden mit seinem Bruder, dem Großkönig, dem König des Reiches Chatti.
Ich bin meiner Schwester, der Großen Königin, freundschaftlich und schwesterlich verbunden von heute bis in alle Ewigkeit."

 

 

Ramses und die Frauen

Schon zur Zeit als sein Vater Sethos I. noch lebte und Ramses noch Mitregent seines Vaters war, wurden die beiden zukünftigen Großen Königlichen Gemahlinnen von Sethos und Tuja ausgesucht. Beide Damen lebten bis dahin in einem "Harem" und bewegten sich dort im Kreise charmanter Hofdamen. Nefertari ist wohl bei weitem die berühmteste aller Königlichen Gemahlinnen, die Ramses später noch haben würde. Leider ist bis heute noch nichts aufgetaucht, was ihre Herkunft oder den Namen ihrer Eltern preisgibt. Die Zweite Dame, die Sethos und Tuja für ihren Sohnemann auswählten, hieß Isis-Nofret. Nefertari wurde wahrscheinlich oft von Krankheiten heimgesucht und starb schon in Ramses' 24. oder 25. Regierungsjahr. Isis-Nofret erlebte dagegen noch das 40. Jahr von Ramses' Herrschaft. Die beiden ältesten Töchter - Merit-Amun, Nefertaris Tochter und Bint-Anat,
Nefertari, Grabmalerei aus ihrem Grab im Tal der Königinnen

Tochter von Isis-Nofret - wurden nach uralter Tradition  inthronisiert und erhielten, wie ihre Mütter, den Titel Große Königsgemahlin. Dies bedeutete aber nicht, das Nefertari und Isis-Nofret "entthront" wurden. Daneben besaß Ramses natürlich eine große Anzahl Königlicher Nebenfrauen, darunter waren Ägypterinnen, aber auch fremdländische Frauen, die aus asiatischen Ländern nach Vertragsabschlüssen an den Hof des Pharaos gelangten. Diese schenkten ihm eine Vielzahl von Nachkommen.

 

Um den Friedensvertrag mit den Hethitern noch zu festigen, wurde in Ramses' 34. Regierungsjahr eine hethitische Prinzessin, die später den Namen Maat-Hor-Neferure erhielt, mit dem Pharao vermählt. Anlässlich dieses Ereignisses wurden Skarabäen hergestellt, auf denen ihr Name eingraviert wurde und Dichter widmeten ihr Lobpreisungen in Form von plastischen Bilderrätseln. Leider ist ihr hethitischer Name nicht bekannt. Maat-Hor-Neferure schenkte dem Pharao eine kleine Prinzessin, die den Namen Neferure erhielt. Hattusillis Kommentar zu dem freudigen Ereignis:

 

"Leider ist es kein Sohn geworden, dem ich
hätte meinen Thron übertragen können."

 

Eine weitere Hethiterprinzessin wurde im 40. Regierungsjahr des Pharaos mit ihm vermählt. Man weiß, das sie eine beträchtliche Mitgift aus ihrem Heimatland mit nach Ägypten brachte. Und wieder besangen die Dichter das Ereignis und in vielen Tempeln wurden Stelen aufgestellt die davon berichteten. Ob die hethische Prinzessin allerdings den Titel einer Großen Königsgemahlin erhielt, ist heute nicht geklärt.Weitere Königliche Gemahlinnen waren Nebet-Taui und Henut-Mire, beides Töchter des Pharaos.

buntbemalte Büste der Merit-Amun

 

Der Pharao und seine Kinderschar

Laut einer Darstellung in einem nubischen Tempel, müsste man glauben, Ramses war Vater von sage und schreibe 111 Jungen und 51 Töchtern. Einige seiner Söhne waren am ägyptischen Hof angesehene Persönlichkeiten, die hohe Ämter inne hatten. Als der bekannteste unter ihnen dürfte wohl Chamwaset gelten, dessen Mutter Isis-Nofret war. Er war Gelehrter und leidenschaftlicher Archäologe. Er restaurierte mehrere alte Bauten und war ziemlich angetan von der memphitischen Nekropole. Er wurde Oberpriester des Ptah in Memphis und als bedeutendster Ritualpriester des Landes war er auch mit der Organisation des Sed-Festes seines Vaters betraut. Sein dreizehnter Sohn Meren-Ptah folgte seinem Vater nach 66. Regierungsjahren auf den ägyptischen Thron. Meren-Ptah war nun selber schon um die 50 Jahre alt.

 

Und er baute, und baute, und baute .....

Ramses war wohl der größte Baumeister, den Ägypten je gesehen hat. Dabei bediente er sich dreier "Strategien" um der Welt die größte Anzahl an Monumenten zu hinterlassen. Als ersten Punkt kann man nennen, das er sich bereits bestehende Bauwerke aneignete und seinen Namen auf ihnen hinterließ, um sich als ihr Schöpfer auszugeben. Dann als zweites stellte er bereits begonnene Bauvorhaben seiner Vorgänger fertig und schließlich als drittes begann und vollendetete er seine eigenen Monumente. Am beeindruckensten sind wohl ohne Zweifel sein Tempel in Abu Simbel zu nennen und sein Grabtempel, das Ramesseum. Ramses liebte es anscheinend auch, sich selbst darstellen zu lassen. Die Zahl seiner großen und kleinen Statuen ist unheimlich groß.

 

oben: Hof und Hypostyl des Ramesseum
rechts: Säulen mit offenen und geschlossenen Papyruskapitellen im Ramesseum

 

Seine neue Hauptstadt Pi-Ramesse im Delta entstand anstelle der einstigen Hyksosstadt Auaris. Da die Fassaden der dortigen Häuser mit blaulasierten Ziegeln verziert waren, wurde sie auch die "Türkisstadt" genannt. Pi-Ramesse nahm ein Gesamtfläche von etwa 30 qkm ein und war strategisch gut gewählt worden. So war es zum Beispiel von Theben unmöglich, die Entwicklungen in Syrien, Palästina und Mesopotamien zu überwachen und entsprechend einzuschreiten. So bildete Pi-Ramesse einen Knotenpunkt im Handel wie auch militärisch zwischen Ägypten und der asiatischen Welt.

In der Stadt waren mehrere Garnisonen stationiert und sie verfügte auch über einige große Werften. Hier fanden häufig Truppenübungen und Militärparaden statt. Im Norden der Stadt befand sich der Tempel des Seth und der unfertige Tempel von Sethos I., Ramses Vater. Die neue Hauptstadt war völlig von Wasser umschlossen, im Westen begrenzt durch die "Wasser des Re" und im Osten durch die "Wasser von Auaris" - beides Ausläufer des Nils. Der östliche Nilarm durchfloss zudem den "See der Residenz", der an die Seeschlacht zwischen dem Befreier Ägyptens und den Hyksos erinnern sollte. Im Zentrum der Stadt ließ Ramses seinen Palast errichten. Außerdem entstanden im Norden der Tempel des Ptah, flankiert von einem Heiligtum, das der Göttin Sachmet geweiht war,
der Baumeister Mai

dann im Osten der Tempel des Amun und im Westen der größte Tempel, der dem Gott Re geweiht war. Im Süden schließlich lag das große Areal mit dem gewaltigen Palast des Herrschers. Das gesamte Bauprogramm wurde vom "Bauleiter seiner Majestät" einem gewissen Mai geleitet. In Pi-Ramesse wurden aber auch die prachtvollen Gärten des Ramses erweitert und eine Anlage errichtet, in der neue Obstgärten mit Äpfel- und Birnbäumen angelegt wurden.

Schematischer Stadtplan von Pi-Ramesse nach Kenneth A. Kitchen
die roten Kreise kennzeichnen die in der Stadt befindlichen Kasernen
das Gelände, in dem sich der Tempel des Seth befand,
gehörte zur einstigen Stadt Auaris

Kommen wir zurück zu seinen Bauwerken und Monumenten. Das schon oben erwähnte Ramesseum, sein Totentempel,  ließ der Pharao am linken Nilufer in der Nähe von Theben errichten, genau an der Grenze zwischen Fruchtland und Wüste. Das Herzstück der gesamten Anlage, die von einer Umfassungsmauer umgeben war, war ohne Zweifel der große Tempel. Diesen erreichte man durch zwei Pylonen und  zwei Höfe. Um den Tempel herum waren ein Kultpalast, zahlreiche Magazine, Werkstätten, Priesterwohnungen und Verwaltungsgebäude platziert. Die Säulenhalle des Ramesseum, das sog. Hypostyl bestand aus 48 Säulen von denen heute noch 29 aufrecht stehen. An den Wänden des Tempels sieht man Darstellungen natürlich von der Schlacht von Kadesch sowie religiöse Zeremonien wie zum Beispiel das Minfest. Auch in Karnak, der wohl größten Baustelle Ägyptens, hinterließ Ramses mehr als einmal seine Spuren.

Er schuf die große Hypostylhalle mit 134 stehenden Säulen und einer Grundfläche von 5500 qm. Dort wird je nach Jahreszeit die Welt der Götter Stück für Stück von der Sonne beleuchtet. Ramses verdanken wir auch den dort angelegten heiligen See. Dieser diente nicht als Vergnügungsbecken sondern symbolisierte den Urozean, aus dem alle Lebensformen stammen. In Luxor ließ der König unter anderem den großen Pylon vor dem Tempel Amun-Hotep III. errichten. Vor dem Pylon stehen zwei Obelisken und von ehemals sechs Kolossalstatuen von Ramses, heute nur noch drei. Einen der Obelisken kann man heute in Paris bewundern. Dorthin gelangte er, nachdem er im Jahr 1831 von Mehemet Ali an Frankreich verschenkt wurde. (siehe Bild)
Eingangspylon des Luxortempels

 

Aber das wohl faszinierendste und bekannteste Bauwerk von Ramses ist ohne Zweifel Abu Simbel, ganz im Süden des Landes. Wiederentdeckt wurden die beiden Felsentempel 1832 von dem Schweizer Forschungsreisenden Johann Ludwig Burckhardt. Der Wüstensand hatte mittlerweile alles bedeckt, nur ein Kopf eines der Kolossalstatuen war noch sichtbar. Durch den Schutz der Sandmassen waren die Tempel jahrtausendelang geschützt gewesen doch

 in den 60iger Jahren wurde die Anlage durch den Bau des Assuan-Staudamms bedroht. Deshalb wurde, von der UNESCO organisiert, der Tempel im Jahr 1969 in 1036 Blöcke zerlegt und etwa 200 m entfernt an einer höheren Stelle wieder zusammen-
gesetzt.

Der große Tempel in Abu Simbel trägt den Thronnamen "User-Maat-Re", was übersetzt soviel heißt wie "Mächtig ist die kosmische Harmonie des Re". Dieser Name ist auch in einer monumentalen Inschrift in einer schmalen Nische direkt über dem

Eingang festgehalten. Dort steht Re, als Mann mit einem Falkenkopf, der sich auf zwei Hieroglyphen stützt. Und zwar auf das Zeichen für das Wort Maat und auf das Zeichen für das Wort User. Im Jahre 1909 legte man nördlich der Esplanadeeinen Hof mit einem Sonnenheiligtum frei, in dessen Inneren man einen Skarabäus und einen Affen fand. In der Mitte stand ein Altar mit vier aufrecht stehenden Affen, die von zwei Obelisken eingerahmt waren. Auch der oberste Fries an der Fassade des großen Tempels ist mit 22 Pavianen geschmückt.
großer Tempel von Abu Simbel

 

In Abu Simbel ließ Ramses die bedeutendsten Ereignisse seiner Regierung in Stein meißeln. Die Wände sind mit Schlachtszenen aus der Schlacht bei Kadesch geschmückt, darüber sind religiöse Szenen abgebildet. Im Allerheiligsten des Tempels befinden sich in einer Nische an der Rückwand vier Sitzstatuen.
links nach rechts: Ptah, Amun-Re, Ramses, Re-Harachte, wie man hier sehen kann, bleibt Ptah im Dunkeln, nur seine Schulter wird ganz leicht vom Licht gestreift

Die des Ptah, Amun-Re, Re-Harachte und der vergöttlichte Ramses selbst. Das ganze ist so eingerichtet worden, das vom 10. Januar bis 30. März und vom 10. September bis 30. November das Sonnenlicht so durch die Raumabfolge in den Tempel dringen kann, das es die Statuen im Allerheiligsten beleuchtet. Einzig das Standbild des Ptah bleibt stets im Dunkeln.

Der kleine Tempel in Abu Simbel liegt 135 m nördlich des großen Tempels. Dessen Fassade zieren vier Statuen von Ramses und zwei der Königin Nefertari. Ihre Kinder stehen wie beim großen Tempel als kleine Figuren neben ihren Beinen. Mit diesem Tempel machte Ramses seiner Großen Königlichen Gemahlin ein Geschenk. Überall im Inneren des Tempels ist die Königin präsent - sie bringt Gottheiten Opfergaben dar und erlebt den Tod eines Feindes von Ramses mit.


der kleine Tempel in Abu Simbel, der der Göttin Hathor geweiht ist

 

Ramses errichtete noch zahlreiche weitere Tempel in Nubien, so in Bet el-Wali, in Gerf Hussein, in Wadi el-Sebua und in Derr.

 

Das Ende des großen Ramses

Am Ende seiner Regierungszeit, hatte sich die Welt ringsum Ägypten verändert und ihr standen einige grundlegende Veränderungen bevor. So wurde das Hethiterreich von Krisen geschüttelt und es wurde von den Assyrern, die immer stärker wurden, bedroht. In der Balkanregion setzten sich ganze Volksstämme in Bewegung und in einer indo-europäischen Völkerwanderung überrollten Menschenmassen Kleinasien, die Ägäischen Inseln, Griechenland und Libyen. Die Fremden kamen über Wasser und auch zu Lande. 

Ramses starb am 19. des ersten Achet-Monats - einen Tag nach dem traditionellen Neujahrstag. Ramses hatte insgesamt 14 Jubiläumsfeste gefeiert, die sog. Sed-Feste. Viele seiner Söhne und Töchter hatte er überlebt. Als Ramses 71 Jahre zählte, verstarb Merit-Amun, die Tochter Nefertaris, vier Jahre später der Prinz Ramesse und drei Jahre darauf der Erbprinz Amun-her-chepesch-ef, der der älteste Sohn der Nefertari war. Schließlich in seinem 55. Regierungsjahr verlor er seinen Lieblingssohn Chamwaset. Sein Nachfolger auf dem ägyptischen Thron wurde Meren-Ptah.