Ramses III. und die
Invasion der Seevölker

Nun komme ich zum letzten der wirklich großen Pharaonen der ägyptischen Geschichte - zu Ramses III.. Während seiner Regierungszeit von 1.182 v. Chr. bis 1.151 v. Chr. gärte es im gesamten Mittelmeerraum - Ramses erlebte die Trojanischen Kriege, den Untergang Mykenes und eine riesige Flüchtlingswelle, die mit aller Macht versuchte, an den Ufern des Nil zu stranden. Doch fangen wir von vorne an.

Die ersten vier Regierungsjahre unter Ramses verliefen recht friedlich und ruhig. Sein Vater Seth-nacht brachte Stabilisierung in das ägyptische Reich und Ramses versuchte diese Politik fortzusetzen. Nubien war befriedet und längst zu einer untergeordneten Kolonie Ägyptens geworden. Die Libiyer, deren Land an die westlichen Grenzen Ägyptens stieß, waren jedoch wie eh und je sehr aufrührerisch und wagten so im fünften Reigerungsjahr den Versuch, Ägypten im westlichen Delta zu überfallen. Gegen das ägyptische Heer hatten sie, wie viele Male zuvor, keine Chance und sie wurden von den ägyptischen Soldaten aufgerieben, getötet oder in die Sklaverei verschleppt. Dieses Erfolgserlebnis der Ägypter schaffte so eine Zeit der Ruhe in den westlichen Grenzgebieten. Im achten Regierungsjahr des Pharao wurde es allerdings zunehmend kritischer. Im Mittelmeerraum kam es zu aufeinanderfolgenden Missernten, Nomadenvölker versuchten verzweifelt irgendwo Fuss zu fassen. Das alles führte dazu, das es im gesamten Mittleren Osten zu einem Aufruhr kam, der auch das ägyptische Reich massiv bedrohte. Der Papyrus Harris berichtet folgendes:

"Die Fremdländischen verschworen sich auf ihren Inseln,
die Völker wurden im Gefecht auf einen Schlag zerstreut und vertrieben,
und kein Land konnte ihrer Waffengewalt trotzen."

Dieser Text beschreibt geradezu eine Massenflucht verzweifelter und gut bewaffneter Menschen, denen es sogar gelang, das Hethiterreich hinwegzufegen, welches jahrhundertelang der Erzfeind Ägyptens war. Bei den Flüchtlingen handelte es sich um ein Bündnis verschiedener Stämme, die der Papyrus Harris wie folgt auflistet: Peleset (Philister), Tjeker (möglicher Weise verwandt mit den Teukroi aus Troas), Schekelesch (vielleicht Sikaner aus Sizilien), Weschesch (ungewisse Herkunft) und Denjen oder Dardanj (könnten mit den Danaern aus der Ilias von Homer identisch sein). All diese Stämme bildeten zusammen das Bündnis der "SEEVÖLKER".

Diese Seevölker brachen nach einer Rast in Syien auf, um Ägypten auf dem Landweg anzugreifen. Hier handelte es sich in keinster Weise um einen "normalen" Kriegszug, wie man ihn von vielen Beispielen aus der Vergangneheit kennt, die Seevölker suchten mit aller Macht und Gewalt nach neuem Lebensraum, welchen sie besiedeln wollten. Aus diesem Grund war eine ganze Nation auf den Beinen - mit Frauen und Kindern, die ihre Habseligkeiten auf Ochsenkarren türmten. Dieser Troß wurde von einer beachtlichen Flotte zur See begleitet. Ramses war klar, das hier nur ein rascher Gegenzug das Schlimmste verhindern konnte. Also wurde den Posten entlang der Grenze befohlen, mit allen Mitteln bis zum Eintreffen der ägyptischen Armee ihre Stellung zu halten. Dieser Schachzug zeigte Wirkung. Nach einem Gemetzel im Grenzland wurden die Invasoren zu Land vorerst zurückgeschlagen. Doch Gefahr lauerte weiterhin - vom Seeweg her. Die Seevölker gelangten bis zur Mündung eines östlichen Nilarms im Delta. Hierbei sei angemerkt, das die Ägypter nicht zu den großen Seefahrern zählten, sie hassten geradezu das "Große Grün", wie sie das Mittelmeer nannten. Jedoch die Ägypter hatten Glück. Sie konnten, dadurch, das sie sich im Nildelta befanden und nicht schon auf offener See, ihren Gegnern eine Landschlacht liefern. Ramses hatte am Ufer des Nils Bogenschützen postiert, die Salve um Salve abschossen und einen Feind nach dem anderen zu Boden streckten. Diese Schlacht wird in Wort und Bild auf den Wänden seines heute recht gut erhaltenem Totentempel in Medinet Habu geschildert. Die schriftlichen Zeugnisse befinden sich an der Außenwand des 2. Pylon auf der Nordseite des Tempels. Es handelt sich hierbei um die längste uns bekannte Inschrift in Hieroglyphen. Bildlich wurde die Schlacht auf der Nordseite des Tempels verewigt. Aber weder die Mauern von Medinet Habu noch der Papyrus Harris berichten etwas davon, ob Ramses den Krieg fortsetzte und die Seevölker komplett zurückgetrieben hat. Allerdings lässt die Logik keinen anderen Schluss zu, als das er genau dies tat.

Nach dieser erfolgreichen Verhinderung einer Invasion kehrte für 3 Jahre Ruhe in Ägypten ein - bis es erneut an der Westgrenze Ägyptens zu brodeln begann. Wieder versuchten die Libyer, diesmal mit Hilfe des Stammes der Maschwesch und fünf weiteren Stämmen, Ägypten anzugreifen. Im elften Jahr der Regierung von Ramses drohte von dieser Seite eine erneute Invasion. Als die Eindringlinge versuchten, das Delta einzunehmen, konnten die Festungen im Grenzland diesen Vorstoß allerdings abwehren. So gelang es dem Pharao abermals, sein Reich erfolgreich zu schützen und zu verteidigen. Berichten zufolge soll es über 2000 Tote auf der gegnerischen Seite gegeben haben. In seinem Totentempel in Medinet Habu werden noch weitere Feldzüge erwähnt. so wird Ramses bei einer Schlacht in Nubien gezeigt, die allerdings sonst nirgendwo Erwähnung findet. Andere Szenen handeln vom Einmarsch des Pharao in nördliche Territorien, wo er Gebiete der Amurrer, der Chatti und der Syrer eingenommen haben soll, wobei diese Gebiete allerdings längst nicht mehr als politische Einheiten existierten. so ist es eher unwahrscheinlich, das diese abgebildeten Feldzüge tatsächlich stattfinde. Wahrscheinlicher ist es, das hier einfach ältere Reiliefs kopiert wurden, damit Ramses vom Ruhm seiner Vorgänger zehren konnte.

Laut dem Papyrus Harris hat Ramses III. exakt 31 Jahre und 41 die Geschicke Ägyptens gelenkt. Seine Hauptgemahlin hieß vermutlich Isis. Sie könnte asiatischer Abstammung gewesen sein, denn ihre Mutter hieß Habadjilat - ein nicht gerade ägyptisch klingender Name. Das grab der Isis befindet sich im Tal der Königinnen und trägt heute die Nummer QV 51. Isis war die Mutter von Ramses VI. Ramses wurden seinen vielen Frauen mindestens 10 Söhne geschenkt, die größtenteils vor ihm starben, worauf ihre Gräber im Tal der Königinnen schließen lassen. In deren umgebung liegen ebenfalls mehrere namenlose Gräber, von denen einige aus der Zeit Ramses III. stammen und seinen Kindern gehören könnten. Eines der größten dieser Gräber wurde einer königin namens Tit gewidmet (QV 52). Trotz fehlendem Hinweis auf eine königliche Abstammung, deuten Untersuchungen darauf hin, das es sich hier um eine Tochter und spätere Gemahlin des Königs gehandelt hat, die ihren Gatten überlebe. Sie wird 43mal als "Herrin beider Länder", 22mal als "Große königliche Gemahlin, 20mal als "Königstochter", "Geliebte Leibtochter des Königs" und "Seine Geliebte Tochter" genannt. Weitere 4mal wird sie als "Schwester des Königs" und als wichtigsten Titel 8mal "Königinmutter" bezeichnet. Evtl. könnte Ramses IV. ihr Sohn gewesen sein.

Die berühmte Geschichte der Haremsverschwörung unter Ramses III. wird auf einem bemerkenswerten Papyrus aus dessen Regierungszeit geschildert, Hierbei wird genau über das Verfahren gegen eine Gruppe von Höfligen, die einen Anschlag auf den Pharao planten, auskunft gegeben. Hauptangeklagte war eine königliche Nebenfrau nemens Tiji/ Thi, die ihren sohn Pentewere als Nachfolger des Königs auf den Thron heben wollte. Diese verschwörung wurde zum glück für Ramses rechtzeitig aufgedeckt und die Verschwörer wurden verhaftet. Ramses persönlich leitete den Prozess, war aber wahrscheinlich irgendwann während der Zeit des Verfahrens schon verstorben. Zu gericht saßen 14 Beamte, darunter 7 Kammerdiener, 2 schatzmeister, 2 Standartenträger des Heeres, 2 Schreiber und 1 Herold. Dieser Untersuchungsmission wurde volle Freiheit zugesprochen, was die Ermittlungsmethoden betraf und dazu das höchst ungewöhnliche Recht, selbst das Urteil über die Angeklagten zu sprechen und zu vollziehen. Die Gruppe der Verschwörer gehörte zur unmittelbaren des Königs, es handelte sich vor allem um Angestellte des königlichen Harems. Es waren über 40 Hofbeamte in die prekäre Geschichte verwickelt. Im ersten Verfahren wurden insgesamt 28 dieser Personen zum Tode verurteilt. Im Zweiten Verfahren wurden 6 Angeklagte ebenfalls zum Tode verurteilt - sie mussten sich selbst unmittelbar vor dem Gericht das Leben nehmen. Im dritten Verfahren wurden ebenfalls 4 Beschuldigte zum Selbsmord verurteilt, aber diese "konnten" das in ihren Zellen tun. Im vierten und letzten Verfahren standen 3 der dem Prozess vorsitzende Richter und 2 Beamte vor Gericht. Ihnen wurde zur Last gelegt, sie hätten mehrere der weiblichen Angeklagten und einen General namens Pejes bei sich empfangen. Einer der Richter konnte seine Unschuld beweisen, die anderen wurden zum Abschneiden ihrer Nasen und Ohren verurteilt. Der verurteilte Kammerdiener beging Selbstmord, ehe das Urteil vollstreckt worden konnte.

Ramses wurde im Tal der Könige, im heutigen KV 11 beigesetzt. Sein Grab ist ungewöhnlicher Weise mit weltlichen Motiven dekoriert worden, von denen das Portrait der zwei blinden Harfner wohl das berühmteste darstellt. Deshalb ist heute in der Wissenschaft auch vom "Harfnergrab" die Rede, wenn man von der letzten Ruhestätte Ramses III. spricht.