Verliebte Göttin
Autor: Abeth Bay
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TEIL 2

Mir wurde mulmig. Wurde das Fest etwa meinetwegen abgehalten? Mein Vater wird doch nicht in Erwägung ziehen mich anlässlich meines 15ten Geburtstag, der erst vor ein paar Wochen gefeiert worden war, zu verheiraten? „Kiya-Nut, meine Tochter, ich habe dich in den letzten Jahren zu einer wunderschönen Frau heranwachsen sehen und nun, da du 15 Jahre alt geworden bist, ist es für dich an der Zeit zu heiraten!“ Er machte eine kurze Pause, während sich mein Vater verlegen im Raum umsah, sah ER mich mit einem leichten Lächeln an. Ihm schien das zwar zu gefallen, aber er schien sich dennoch nicht allzu wohl zu fühlen. „Während der letzten paar Wochen vor, sowie auch nach deinem Geburtstag haben mehrere junge und durchaus gute Männer bei mir um deine Hand angehalten und um dich nicht zu beunruhigen verschwieg ich es dir, denn ich hoffte, dass Snorif dich heiraten würde.“ Als er den Namen aussprach blickt er zu meinem Gegenüber, jenem Mann der mein Herz so ins Rasen gebracht hatte und nun sollte ich ihn heiraten? „Bei diesem Fest wollte ich die bevorstehende Vermählung bekannt geben jedoch nicht ohne dich darüber zu informieren. Bis alle Gäste eingetroffen sind, lasse ich euch allein!“ Ohne meine oder seine Reaktion abzuwarten verlies er den Raum.
Es herrschte Stille ich hörte nur mein schweres Atmen und sein schweres Atmen und das Lachen im Hof. Ich sah ihn an. Was wollte ich eigentlich? Er war nett, höflich und sah ziemlich gut aus. Warum war ich so schockiert und entsetzt? Snorif schien auch nicht so recht zu wissen wie er sich nun verhalten sollte. Verlegen sah er sich um. Wie alt war er eigentlich? 20? 25? Oder älter? Während ich so darüber nachgrübelte fing ich aus irgendeinem Grund an zu weinen, ob nun aus Freude oder Trauer oder Verzweiflung, ich weiß es nicht. Schüchtern trat er auf mich zu und seinen starken Arme umarmten sanft meinen, seinem gegenüber, zierlich wirkenden Körper. „Ich wollte es dir eigentlich vor deinem Vater sagen, aber ich konnte es nicht! Es tut mir leid, dass er dich jetzt so damit überrumpelt hat, ich nahm an er würde es dir vorher schon sagen.“ Wir standen da, ich heulte und er versuchte sich irgendwie zu entschuldigen und mich zu trösten. „Es ist doch nicht deine Schuld – ich meine ich mochte dich schon, als ich dich zum erstem mal gesehen hatte und ich wusste nicht einmal wer du warst und Vater hat dich immer nur gelobt ohne deinen Namen zu erwähnen.“ Es war irgendwie ein verklemmtes Gespräch – wir wussten beide nicht was nun zu tun oder zu sagen war – woher auch? Und wieder fing ich an darüber nachzugrübeln, wie alt er wohl war und woher er meinen Vater kannte. Und als könnte er Gedanken lesen, erzählter er leise weiter. „Ich bin vor einem Jahr zu meinem 19 Geburtstag hierher gekommen. Vorher diente ich in Theben als Tempelpolizist und hier bin ich nicht nur für einen Tempel verantwortlich, sondern für alle drei Tempel. Dein Vater kontrolliert das natürlich alles und muss mit dem obersten Tempelpolizisten – in diesem Fall mir – zusammenarbeiten, da seine Polizisten zu den Tempeln keinen zutritt haben. Vor einigen Monaten bat er mich zu sich und wir unterhielten uns über unsere Aufgabe, seine und meine Familie. Dabei hat er immer von dir erzählt und wie glücklich er mit seiner Frau ist. Ich war noch nie verheiratet und meine Mutter ließ sich von meinem Vater scheiden – daraufhin habe ich ihn nie wieder gesehen.“ Ich hatte mich durch seine sanfte Stimme beruhigen lassen und sah ihn die ganze Zeit während er erzählte, wahrscheinlich ohne, dass er es merkte, an. Er erzählte mir wie oft mein Vater von mir erzählt hätte und wie oft er ihn gebeten hatte auf die Feste zu kommen, damit wir uns kennen lernen würden und das es ihm leid tat mich so verwirrt zu haben. Als er fertig war sahen wir uns wieder an und wieder hörte ich das Lachen im Hof, aber er und ich atmeten erleichterter und ruhiger. Und was nun? Das hatte mein Vater ja toll hinbekommen – hatte uns einfach hier stehen lassen. Würden wir zusammen rausgehen wären wir das Gesprächthema und die Mütter und Töchter würden mich ausfragen was wir gemacht hatten und er würde von den Männern ebenso in Beschlag genommen werden und wenn wir einzeln den Hof betrete, sieht es so aus als würden wir uns nicht verstehen. Und was mach ich? Ich habe eine Idee.
„Lass uns gehen!“ Schlug ich vor. Er blickte mich fragend an „Wohin denn?“ „Weg von hier – aufs Dach, zum Tempel oder in die Felder!“ Noch immer schien er nicht verstanden zu haben. Ich erklärte ihm also meine Gedanken und zog ihn dann aufs Dach, zu einer Leiter die auf die Strasse führte. Unten angekommen wechselten wir die Rollen und er zog mich in einen Stadtteil, der mir bis dahin noch nie so aufgefallen war. Es war ein Stadtteil nahe den Tempeln, wo viele Priester wohnten, ein paar kamen uns auch entgegen und sahen uns verdutzt nach – sie schienen ihn zu kennen, mich jedoch nicht. In einer engen Seitengasse führte er mich in ein kleines gemütliches Haus – es war nicht so groß wie das unsere aber trotzdem gemütlich. Im Vorraum lagen einige Teppiche aus Pflanzenfasern und im großen Hauptraum gab es zwei Altare. Der eine galt dem großen und mächtigen Gott Re und der andere der Göttin Nut, wie es auch bei meiner Familie der Fall war. In demselben Raum war auch eine Treppe nach unten, in den Keller und eine breitere nach oben, die wir hintereinander hinaufgingen. Wir betraten einen weiteren größeren Raum, in dem es nur noch einen Durchgang auf das Dach gab. Was würde denn jetzt noch kommen? Er verließ mich und eilte wieder nach unten. Kurze Zeit später kehrte er mit einer kleinen Amphore zurück. Mit einem weichen Tuch aus Leinen verband er mir die Augen und gab mir den Krug. „Probier das mal und versuche zu erraten was es ist.“ Ich setzte den Krug an und erkannte den Geschmack sofort, ich hatte ihn zwar erst einmal kosten dürfen, aber ich hatte es nie vergessen – es war Wein, süßer gutschmeckender Wein.
Wir setzten uns auf die Matten, unterhielten uns und rückten immereger aneinander. Als gerade Pause war, fing er an, mir zärtlich über das Gesicht zu streicheln, durch das Haar, über die Schulter, die Arme und die Brust und küsste mich. Seine Hände streiften über mein Kleid, bis sie langsam darunter gleiteten. Er zog mich aus, küsste meinen Hals, meinen Busen,bis hinunter zu meinem Schritt, doch dann stand er abrupt auf und entledigte sich seines Schurzes. Nun stand er splitter nackt vor mir. Ich spürte wie sehr ich ihn begehrte, wie sehr mein Körper nach ihm verlangte. Seine Hand streichelte sanft meinen Körper bevor er sich auf mich legte. Wirküssten uns lange und er drang in mich ein. Wir bewegten uns eine Weile rhythmisch, bis ich von einer Welle des Glücks erfasst wurde und auch ein Keuchen seinerseits vernahm. Wir küssten uns noch einmal zärtlich und schliefen Hand in Hand ein.

Am diesem morgen drehte sich in meinem Kopf alles und mir war warm. Draußen hörte ich den Betrieb der Strasse. Esel die schrien, Führer, die Esel anschrien und Kindehrlachen. Ich drehte mich um und wollte Snorif wecken – er war fort! Ich schreckte nach oben. Seine Sachen fehlten. Vor der Treppe nach unten lag ein zusammengeschnürtes Leinenpacket und ein Armreif. Das fängt ja gut an – wofür will er sich denn entschuldigen, wenn er mir am ersten morgen Geschenke macht? Ich zog mich also an – natürlich das Kleid, das er mir geschenkt hatte und ging die Stufen nach unten um die Küche zu suchen. Unten angekommen schlug mir ein Brotduft entgegen, ich folgte ihm in die Kochniesche, die sich halb unter der Treppe befand. Dort lag ein kleines Stück duftendes Brot, dass ich genussvoll aß. Danach räumte ich das Obergeschoss auf, legte Decken zusammen und schaffte den Weinkrug in den Keller. Nun wollte ich zu meinen Eltern, wobei mein Vater sicher schon arbeiten ist.
Als ich nach draußen auf die Straße trat, wurde ich von der Realität eingeholt. Überall waren beschäftigte Menschen und Händler, die die Gassen auf und ab liefen um ihre Waren zu verkaufen. Nach Hause gehen – das war leichter gesagt als getan, dann ich hatte keine Ahnung in welchen Stadtteil ich war und welche Wege nach hause führten. Plötzlich berührte mich eine schwitzende Hand am Bein und das dazugehörige Gesicht näherte sich dem meinen. Der Mann roch nicht nur nach Bier – er stank nach diesem Gesöff. Seine Zähne, zumindest die, die noch da waren, waren gelblich fast schwarz und rochen verfault und sein Schurz war vollkommen verdreckt und zerrissen. Während seine eine Hand mich an die Wand drückte fing die andere, an der sich nur noch 4 statt der 5 Finger befanden, an, die Stellen, die Snorif am Abend zuvor so zärtlich umschmeichelt hatte, grob zu berühren. Bevor ich überhaupt wusste wie mir geschah, sank der stinkende Mann in meinen Armen zusammen. Hinter ihm stand Snorif, der den Übeltäter mit seinem Amtsstab niedergeschlagen hatte. Ich fing an zu zittern und am ganzen Körper wurde mir warm und kalt. Nun fing ich an zu registrieren was eben beinahe geschehen wäre. Bevor ich gänzlich zusammen brach, brachte Snorif mich ins Haus. Wo ich für einen kurzen Augenblick das Bewusstsein verlor.
„Schwester, Schwester!“ Ich schien mich in einem abgeschlossenen Raum zu befinden und von außen drang eine bekannte Stimme an mein Ohr – sie schien aber seltsam weit weg zu sein. „Kiya-Nut – wach auf!“ Meine Lider schmerzten leicht als ich die Augen aufschlug und in Snorifs besorgtes Gesicht blickte. Ich richtete mich auf und sah zwei mächtige Polizisten hinter Snorif stehen und einen dritten hinter mir. „So, nun ist sie wach und wir können gehen – nicht war Snorif?“ Sagte der eine in einem gehässigen Ton und packte Snorif mit festem Griff an der Schulter. Diese Männer schienen keine Tempelpolizisten zu sein und es waren alles Ägypter. Der Polizist der sich hinter mir befand half mir beim Aufstehen, während die anderen zwei Snorif als ihren Gefangen abführten. „Aber, aber was machen Sie den da – Er hat mich doch vor diesem Lüstling beschützt!“ Lüstling? Was vielen mir denn da für Wörter ein? „Herrin, das mag ja sein aber mit Ihrer Rettung hat er den Mann umgebracht und das war nicht rechtmäßig. Das wäre Sache des Bürgermeisters gewesen, außerdem hat niemand gesehen, dass der Mann Sie unzüchtig berührt hat. Damit wäre Snorif der Täter und Mörder!“ Ohne jegliche Gefühlsregung führten die zwei Polizisten ihren Gefangen ab, während der dritte mich nach Hause brachte.

Ich war verzweifelt, was sollte mir denn noch alles passieren? Amun, du großer Gott was habe ich verbrochen und Maat, du mächtige Göttin – das ist doch keine Gerechtigkeit! Ich fluchte und heulte nur so vor mich hin! Meine Mutter versuchte mich zu trösten, mir wieder auf die Beine zu helfen, aber vergebens! Was sollte ich schon tun können, wenn ich, die so etwas behauptet zum Bürgermeister gehen würde müsste ich doch auch sagen das mein Vater mich mit dem Schuldigen vermählen wollte und jeder würde denken ich log um meinen Zukünftigen zu schützen, aber eigentlich hatten sie doch recht! Der Mann war vollkommen betrunken und Snorif müsste doch klar gewesen sein und hätte die Wucht seines Schlages abbremsen können! Amun hilf mir doch – was soll ich jetzt tun?
Ich beschloss halb vor Wut zu meinem Vater zu gehen und ihm von der Sache zu berichten. Gerade als ich aufbrechen wollte, stand er in der Tür und drängte mich zurück ins Haus. Wieder fing ich an zu weinen, voller Verzweiflung, weil ich nicht wusste wie ich Snorif helfen sollte. Ruhig und bedacht setzte sich mein Vater auf einen herumstehenden Schemel und nahm mich in seine Arme. „Meine Tochter, wenn du es so erzählen würdest wie es war, würde dir niemand Glauben schenken! Du kannst ihm nicht helfen! Du müsstest jemanden finden, der gesehen hat was passiert ist, sonst ist Snorif zum Tode verteilt.“ Ich blickte in strenge Augen die auch nicht fassen konnten was da eben passiert war, aber auch Augen, die die Hoffnung auf Rettung verloren hatten, denn sie wussten wie das Rechtssystem funktionierte. „Aber du kannst ihn doch nicht so einfach aufgeben – ohne zu wissen was da passiert ist! Er wollte mich doch nur beschützen!“ Seine großen Hände strichen mir über den Kopf „Liebes, niemand weiß was dort passiert ist außer du, Snorif und dem Toten. Und eventuell einem Blinden Jungen.“ Ich sah ihn fragend und enttäuscht an, weil er einen Blinden für eine Hilfe hielt und nicht den geringsten Versuch unternahm Snorif zu helfen. „Du bist eiskalt!“ Schrie ich ihn wütend an, stand auf, bereit zu gehen. „Kiya!“ (Kiya nannte er mich nur wenn er böse auf mich war, deshalb lies er auch den Namen der Göttin Nut aus meinem Namen weg) „Ich bin nicht eiskalt; ich bin nur nicht naiv! Finde jemanden der gesehen hat was dort passiert ist und ich werde Snorif helfen, sonst ist er verloren!“ Er ließ mich allein.
Erneut sank ich auf die Knie und fing an zu weinen. Im Hof hörte ich meine Mutter mit meinem Vater streiten, was das erste mal war – ich hatte nie zuvor erlebt wie sie sich stritten! Meine Mutter nahm mich in Schutz und wollte nicht, dass mein Vater mir alle Hoffnung nahm. Er dagegen fand es besser alles klarzustellen, damit ich mich nicht in irgendwelche Wunschträume verrennen würde. Inser der im Hof spielte, verstand das nicht so recht Aker-Tiyu dagegen umso besser. Ich lag auf dem Boden. Meine Beine waren erschöpft und ich hätte gern geschlafen, als mein großer Bruder schüchtern den Raum betrat und ohne ein Wort zu sagen mich in seine Arme schloss. Es waren nicht Snorifs Arme, aber sie schenkten mir Trost und Geborgenheit. „Schwester, lass uns den blinden Jungen suchen – ich weiß wer es ist. Ich weiß nur nicht wo er ist!“ „Du warst dort?“ „Nein, aber der Blinde hat es mir erzählt, dass er dort war und alles gesehen hat!“ Verdutzt sah ich meinen Bruder an – ich wusste nicht so recht was ich davon halten sollte, denn wenn ich nicht wusste, wer der Blinde war, weiß ich natürlich auch nicht wo er ist! „Ka.“ Hörte ich „Ka?“ Fragte ich nach. Im ersten Moment begriff ich nicht was mein Bruder mir sagen wollte, aber nach einem zweiten Moment begriff ich das er Ka, den Jungen aus der Nachbarschaft meinte.

„Wenn du ihn zu Hause suchen willst, ist es Zeitverschwendung – da war ich nämlich schon!“ „Na dann ist er bestimmt draußen bei den Felsen – dort geht er zumindest ziemlich oft hin!“ „Gut, dann gehen wir auch dorthin!“ Mit großen Schritten ging Aker-Tiyu durch die engen Straßen voran, während ich ihm dicht auf war. Nach einiger Zeit hatten wir das Stadttor erreicht und passierten es Richtung Nil. In der Ferne sahen wir bereits die ersten Steine und einen kleinen Jungen. Wir gingen schneller, doch als wir ankamen entpuppte sich der kleine Junge als Felsformation, doch die war mir noch nie zuvor aufgefallen.
Mein Bruder riss mich aus meinen Gedanken „Schwester!“ Er hielt ein Stück Beigefarbenes Leinen hoch „sieh mal! Das habe ich dort drüben gefunden.“ „Aber warum liegen hier mitten in der Wüste Leinen herum?“ „Ich habe keine Ahnung aber hier scheint Ka ja nicht zu sein, also können wir genauso gut wieder nach Hause gehen.“ Ich murmelte nur ein kurzes ja und lief ihm enttäuscht hinterher. Mitten in einer Gasse kam mir eine Idee. Erst wollte ich meinem Bruder davon erzählen, lies jedoch von dem Gedanken ab und entfernte mich unauffällig.
Mein Ziel war das Leinenhaus, wo ich einen Tag zuvor das selbe Stück Leinen gekauft hatte, was ich jetzt in der Hand hielt. Als ich ankam begann es bereits zu dämmern und die Göttin Nut würde bald Re verschlingen um ihm am Morgen darauf neu zu gebären. Ich war erschöpft und ziemlich kaputt von den ganzen Aufregungen des Tages. Als plötzlich Ka auf mich zukam und mich in eine Seitengasse stieß. Mir wurde unwohl, da die Erinnerungen des Vormittags in mir hoch kamen, panisch stieß ich Ka weg und lief davon. Doch er hatte mich rasch eingeholt und drängte mich erneut in eine Seitenstrasse, die nicht mehr als ein kleiner Raum zwischen zwei Häusern war.
Mit großen und furchterfüllten Augen muss ich ihn wohl angesehen haben, denn Ka lies von mir ab und ging entsetzt über sich selbst, einige Schritte nach hinten. „ Es tut mir leid aber ich war so wütend auf dich!“ Stammelte er vor sich hin „Ich dachte du empfindest etwas für mich und als du dann mit diesem aufgeblasenen Medja-Polizisten weggerannt bist.....“ „Ka – hast du gesehen was vor Snorifs Haus geschehen ist oder hast du nicht?“ er wurde immer leiser und ging immer weiter nach hinten. „Ja schon, ich hab es gesehen.“ „Dann musst du zu den Polizisten gehen und ihnen das sagen, sonst... sonst stirbt Snorif!“ „Ich kann das nicht, denn... “ nervös blickte er sich um, dann sah er mich an, dann die Wände und wieder mich „... denn ich bin dafür verantwortlich. Ich hatte dem Mann gesagt wo du bist und was er machen soll!“ Ich war total geschockt, schließlich ging ich aber auf Ka zu, baute mich vor ihm auf, gab ihm eine ordentlich Ohrfeige und zerrte ihn hinter mir her zu dem Polizeistützpunkt des Stadtviertels, wo sie Snorif festhielten. Dort angekommen stieß ich Ka, der während des gesamten Weges kein Wort gesagt hatte, in die Amtstube des obersten Medja-Polizisten und wartete hinter ihm bis er anfing zu reden.
„Das ist nicht euer ernst, Herrin! Erwartet ihr von mir, das ich das glaube?“ „Ja das erwarte ich, denn er hat gesagt das es so war, wie ich es erzählt habe und das er der Anstifter war!“ Ich war entschlossen und von Ka enttäuscht, das einzige was ich jetzt noch wollte ist, Snorif wieder bei mir zu haben. Wahrscheinlich so entsetzt über meine Entschlossenheit lies er Ka noch im selben Augenblick festsetzten. „Snorif, kann ich allerdings nicht freilassen, denn er hat den Mann trotzdem umgebracht.“ „Aber das ist doch nicht fair!“ „Tut mir leid, das ist nun mal so!“

Der Baum in der Mitte unseres Hofes lag im dunkeln und Nut hatte alles mit ihrem Körper bedeckt. Die Nacht war sehr klar und man sah jeden einzelnen Stern. Ich hatte mich in den Hof gelegt, nicht wie die anderen, die auf den Dächern ihrer Häuser schliefen. Plötzlich trat mein Vater an mich heran. Er hatte nur seinen Schurz lose umgebunden und eine Fackel in der Hand. „Kiya-Nut, du musst doch auch mal schlafen!“ „....Sie lassen Snorif nicht frei. Er sagt er ist trotzdem ein Mörder“ ich blickte meinen Vater an, der sich in der Zwischenzeit neben mich gesetzt hatte. „Es ist so unfair! Maat müsste sehr enttäuscht sein!“ „Aber worüber denn?“ Ich erzählte ihm alles, als ich fertig war, streichelte er mir über den Kopf und brachte mir eine Schlafmatte. „Schlaf ein bisschen, meine Göttin. Morgen früh ist ein neuer Tag!“ Ich verstand ihn nicht, vielleicht aber auch weil ich so erschöpft war. Kaum war er weg schlief ich ein. Später erfuhr ich, dass mein Vater den Fall dem Bürgermeister vorgetragen hatten und dieser wiederum den Polizeichef anwies, meinen Zukünftigen unverzüglich auf freien Fuss zu setzen.

Etwas kaltes,raues und nasses berührte meine Füße. Es war sehr warm um mich herum und ich spürte keinen Lufthauch. Re musste schon wieder erwacht sein. Ich blinzelte und fand mich im dem Schlafraum wieder, den ich mir mit meinen Brüdern teilte. Eine unserer Katzen hatte an meinen Füßen geknabbert, wahrscheinlich, weil sie sonst immer auf dieser Matte schlief, auf der ich nun noch lag. Ich richtete mich auf und nahm die Katze hoch. Sie miaute und sprang aus meinen Armen. Mein Kleid vom Vortag hatte ich noch an – es war das Kleid das Snorif mir geschenkt hatte. Langsam trat ich auf den sich aufwärmenden Hof, auf dem diesmal nicht einmal Inser spielte.
Dort stand nur eine große Person im Schatten und redete mit meinem Vater. Als mein Vater mich kommen sah, unterbrach er das Gespräch und auch sein Gesprächspartner drehte sich um. Es war Snorif – zwar etwas verstaubt und mit zerrissenem Schurz, aber wen interessiert ein verschlissener Schurz? Eilig rannte ich auf ihn zu. Während wir zwei uns umarmten als hätten wir uns Ewigkeiten nicht mehr gesehen, ließ uns mein Vater allein. Ich hielt Snorif so fest, als wollte ich hin nie wieder loslassen auch er verengte seine Umarmung. Einige Minuten standen wir so eng verschlungen da.
Ich hatte meinen Liebsten wieder!

Re hatte uns seinen schönsten Tag geschenkt. Mutter war so in eile das, sollte man sich ihr in den Weg stellen wollen, man damit rechnen musste umgerannt zu werden. Sie scheuchte unsere Dienerin hin und her und dazu die zwei Diener, die sie zusätzlich einstellen musste um alles zu bewältigen. Neugierig beäugten die Katzen das ganze treiben. Meine Mutter hatte mir ein wunderschönes Kleid geschenkt und hatte sich selbst auch ein neues gekauft. Snorif war nicht da. Er suchte wahrscheinlich noch den passenden Schurz. Mein Vater stand verwegen in der Ecke und wusste nicht so recht wie er helfen sollte. Im ganzen Hof duftete es nach einem Festschmaus, mit Fisch, Ente, Schwein, Brot und feinstem Wein. Während Aker-Tiyu die letzten Namens-Tonscheiben vollendete, legte ich die bereits fertigen auf ihrem Platz an der großen Festtafel. Als die ersten Gäste eintrafen, war Snorif noch immer nicht da und ich wurde langsam ungeduldig. Ich war ziemlich glücklich und meine Familie sichtlich auch, nur Mutter hatte im Augenblick mehr mit dem Brot zu tun, als sich für mich zu freuen.
Schließlich kam auch Snorif in einem strahlendweißen, knielangen Schurz. Dazu trug er einen blauen Gürtel und einen mit Jadeperlen bestückten Halskragen. Dazu einen Armreif. Einfach perfekt. Ich ging auf ihn zu und umarmte ihn. Vorsichtig drückte er mich an sich. Mein großer Bauch schien ihn dabei sichtlich zu behindern.

Mein erstes eigenes Heftchen! Ganz, ganz großen Dank an meine Mama, Micky R. (die meine Rechtschreibung korigiert und ein kleines Textstück für mich geschrieben hat) und Lisa R. (die auch die Rechtschreibung korigiert hat). Und einen inofizellen Dank an die Seite selket.de (auf der ich erfolgreich nach Bildern und Infos gesucht habe).

Anne Zöllner ^.^

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