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Haar
Snj = scheni
Ähnlich wie bei anderen Völkern galt bei den alten Ägyptern das Haar als Träger magischer wie auch körperlicher Kräfte. Von alters her trugen die Knaben eine lange gelockte Haarsträhne auf der rechten Seite und auch die Hieroglyphe für das Wort „Kind“ ist ein zopfähnliches Gebilde. Ein besonderes Kennzeichen bei bildlichen Darstellungen des Horusknaben oder des königlichen Prinzen ist die o.g. Haarsträhne. In Kapitel 115 des Totenbuches heißt es: „denn ich kenne fürwahr das Geheimnis der Locke, welche die Stirn des göttlichen Kindes ziert“ und soll wohl auf die ewige Jugend hindeuten.

Das Haar galt auch als Statussymbol und demnach spielte es natürlich eine große Rolle ob man viel oder wenig davon besaß. Die Ägypter pflegten ihr Haar somit sehr sorgfältig und versuchten ein Ergrauen oder gar Haarausfall mit verschiedenen Heilmitteln oder Zaubersprüchen zu vermeiden. Für gewöhnlich wurde das Haar gewaschen und parfümiert und in wohlhabenderen Kreisen wurden auch Friseure beschäftigt. Der Sarkophag der Königin Kawit aus Deir el-Bahari, den man heute im Ägyptischen Museum von Kairo besichtigen kann, zeigt eine solche Friseuse bei der Arbeit.

War man nicht so reichlich mit Haarpracht gesegnet so waren Haarteile in Form von falschen Zöpfen oder Locken sehr beliebt. Gebräuchlicher waren jedoch ganze Perücken, die allerdings nicht nur von Leuten mit Glatze getragen wurden, sondern - je nach Mode – mehr oder weniger üppig, zur Kleidung der Oberschicht gehörten. Viele der altägyptischen Perücken waren äußerst kunstvoll gestaltet und sorgfältig in Zöpfen und Strähnen gearbeitet. Frauen trugen oft sehr lange und schwere Perücken, die ihre sexuelle Anziehungskraft erhöhen sollten. Die der Männer waren zwar meist kürzer, aber umso kunstvoller. Getragen wurden diese bei öffentlichen Anlässen und Banketten. In der Regel bestanden Perücken aus echtem Menschenhaar, doch man verwendete zur Aufpolsterung gelegentlich Pflanzenfasern.

Priester rasierten etwa seit dem Neuen Reich ihre Köpfe glatt, um während der Tempeldienste ihre Reinheit zu bekräftigen (laut Herodot) und zum Zeichen der Unterwürfigkeit der Gottheit gegenüber. In Trauerzeiten streute man sich häufig Asche oder lockere Erde über das Haupt und schnitt sich zuweilen sogar ganze Locken ab. Dies erklärt auch, weshalb das Determinativ von „Trauer“ aus drei Haarlocken besteht.

Welche Bedeutung die Alten Ägyptern ihrem Haar zumaßen, zeigen auch die berühmten Szenen des sog. „Erschlagen des Feindes“. Dort wird der ägyptische Herrscher gezeigt, wie er seinen besiegten Gegner am Haarschopf packt. Das Ergreifen des Haares symbolisiert damit die Unterwerfung des ganzen Menschen.

Es soll sogar sog. „Haaropfer“ gegeben haben, von denen Herodot und Diodor berichten. Dabei schnitt man Kindern angeblich das Haar entweder ganz oder teilweise ab und wog es gegen Gold oder Silber ab. Den dadurch entstehenden Betrag soll man dann für die Fütterung heiliger Tiere verwendet haben. In dieser Form ist das Haaropfer freilich für die alte Zeit nicht nachweisbar, aber immerhin gibt es Hinweise, die auf eine Verwendung des Haares zu Opfer- und auch Zauberzwecken hindeuten. So fand man beispielsweise in der Arbeiterstadt von Tell-el Amarna viele Lehmkugeln, die Haarsträhnen enthielten und teilweise außen gesiegelt waren. Ähnliches fand man auch in Kahun in einem Grab der 20. Dynastie.

Ähnliche Kugeln fand man auch in Gräbern des Alten Reichs und sie waren ebenfalls, aber mit dem Wort „Vertrag“, gesiegelt. Offenbar dienten sie als Unterpfand eines Vertrages, wie vermutet wird zwischen Grabinhaber und Totenpriestern.

erstellt von:
Datum
Mut
03.11.2004
Quelle:
Guy Rachet – Lexikon des alten Ägypten
Ian Shaw & Paul Nicholson – Reclams Lexikon des alten Ägypten
Hans Bonnet – Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte
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