Pantheon | |
Die
Komplexität des ägyptischen Pantheons (= Gesamtheit der Götter)
mit all seinen mythologischen Überschneidungen, Verschmelzungen und
einer verwirrenden Vielfalt göttlicher Wesen und Symbole verlangt
eine eingehende Betrachtung. Die Wirkungsbereiche der Götter kennen
wir aus den Mythen, die gerade in der ägyptischen Kultur sehr vielschichtig
und für unser Verständnis auch "unlogisch" erscheinen,
da ein und dasselbe Phänomen (z.B. die Weltschöpfung) auf verschiedene
Weise erklärt werden kann oder die Götter in unterschiedlichen
Beziehungen zueinander auftreten können. Mehrere Götter können
die gleiche Funktion haben, wie z.B. die Sonnengötter Ra und Amun
(s.S. 16). Dazu präsentiert sich der Sonnengott je nach Tageszeit
in unterschiedlichen Erscheinungsformen. Am Morgen ist er Chepri in Skarabäusgestalt,
am Mittag Ra, menschengestaltig mit Falkenkopf (nicht zu verwechseln mit
dem Falkengott Horus!), und am Abend zeigt er sich als Atum in Gestalt
eines älteren Mannes als Zeichen der untergehenden (gealterten) Sonne.
Bestrebungen, die ägyptischen Götter zu "sortieren", greifen kaum. Auch der Versuch von V. Ions, die Götter nach ihrem Wirkungsbereich in einige große Kategorien einzuteilen, wie die Urgötter, die die Welt (d.h. in erster Linie Ägypten und seine Kultur) schufen, oder z.B. Götter, die eng mit dem Königtum in Verbindung stehen, Fruchtbarkeitsgötter, Totengötter und solche, die für das Schicksal der Menschen, Krankheit, Tod und Leben im Jenseits (wie Osiris oder Anubis, s.S. 22 u. S. 26) verantwortlich sind, bleibt unbefriedigend. Auch diese Zuweisungen bleiben ungenau, denn z.B. Osiris ist einerseits Herr der Unterwelt, andererseits aber auch Fruchtbarkeitsgott und nach der Lehre von Heliopolis mythologisch mit dem Königtum verbunden. Dies zeigt aber auch ein Charakteristikum der ägyptischen Götter; denn die an der Oberfläche erscheinende Unterteilung und Zuweisung in bestimmte Kategorien und Zuständigkeitsbereiche erweist sich bei näherer, intensiver Betrachtung fast immer als Trugbild, und es wird deutlich, daß viele Götter die wichtigsten Aspekte der Schöpfung auf sich vereinen, so wie Osiris zu den Urgöttern gehört, Fruchtbarkeitsgott und gleichzeitig Herrscher der Unterwelt ist. |
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erstellt von: Datum |
Sat
Bastet 31.10.2004 |
Quelle: Kemet/ Ausgabe 4/98 |
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